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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hinter ihm und in einen grauen Wollumhang gehüllt verschmolz. Sie erschauerte und krümmte die Zehen auf dem klammen Erdboden. Die Herbsttage waren immer noch warm und golden, doch die Nächte wurden zusehends kalt.
    Meffridus folgte der Krümmung der Mühlgasse den steilen Abstieg hinab, der zu dem Platz führte, an dem die drei Hauptgassen Wizinstens zusammenliefen. Er marschierte an der Klosterruine vorbei, ohne sich darum zu kümmern, dass in dem zerfallenden Bau ein Licht brannte und der leise Gesang der Nonnen herausdrang, die die Vigil begingen. Sie mussten gerade damit begonnen haben; Constantia hörte eine einzelne, klare Stimme »Herr, öffne meine Lippen!« singen, und den sich daran anschließenden Chor »Damit mein Mund dein Lob verkünde!«. Sie schnaubte unterdrückt – die Aufforderung hätte die alte Constantia unweigerlich daran erinnert, dass sie ihre Lippen einmal nicht geöffnet und damit das Unglück heraufbeschworen hatte; die neue Constantia dachte, dass es für sie wahrhaftig keinen Grund gab, des Herrn Lob zu verkünden.
    Meffridus stapfte auf den gedrungenen Bau des Virteburher Tors zu. Constantia sah das Licht von der Laterne des Torwächters in kleinen Rucken und Sprüngen zur Erde schweben – der Torwächter kletterte die Leiter herunter. Sie drückte sich in die Dunkelheit unter einem der vorspringenden Schilfdächer, die am Nordende der Fischergasse die niedrigen Hütten bedeckten. Sie fragte sich, was Meffridus hier wollte, dann nahm sie mit einem Schock wahr, dass der Torwächter ohne weitere Umstände die Mannpforte für Meffridus öffnete. Der Schock wurde noch größer, als das Licht dem Torwächter kurz ins Gesicht fiel und sie ihn als einen von Meffridus’ Totschlägern erkannte. Es war ein Beweis dafür, wie sehr Meffridus Chastelose die Stadt in der Hand hatte. Aber was hatte Meffridus um diese Stunde draußen verloren?
    Der Mann, der den Torwächter abgelöst hatte, händigte Meffridus eine zweite Laterne aus. Meffridus wanderte mit ihr in die Nacht hinaus. Sein Knecht löschte seine eigene Laterne, schloss die Mannpforte und wurde eins mit der Finsternis unterhalb des Torbaus. Nach kurzem Zögern huschte Constantia auf der torabgewandten Seite um das Haus herum, das sie als Deckung erwählt hatte, und schlich sich zur Palisade. Sie presste sich an die mächtigen Pfosten und spähte durch die Lücken zwischen ihnen nach draußen.
    Meffridus spazierte über den Steg, seine Laterne ein gemächlich schwingender Lichtpunkt, der sich im Wasser spiegelte. Nach dem Steg wandte er sich nach rechts und folgte dem Weg, der nach Norden um den Fischteich herum zum Kloster führte. Seine Gestalt war in der Dunkelheit kaum noch zu erkennen, doch die Laterne verriet, wo er sich befand. Das Licht und sein Spiegelbild schwebten ohne Eile dahin. Constantia fühlte sich an die Geschichten von den Irrlichtern erinnert, die Reisenden in sumpfigen Gegenden erschienen und vor ihnen herzogen, bis die Wanderer ihnen verzaubert folgten und im Moor versanken. An der Kreuzung, wo ein Pfad vom Hauptweg abzweigte und zum Galgenberg hinaufkletterte, zögerte das Licht kurz, dann wandte es sich entschlossen ab und strebte …
    … dem alten Wachturm auf dem Klostergelände zu!
    Der Turm war ein Bauwerk, das weder außerhalb noch innerhalb der Stadt stand. Es war ein Platz für sich allein, ein Ort zwischen allen anderen Orten und ein Relikt aus der Zeit, als es hier noch keine Stadt gegeben hatte, sondern lediglich eine befestigte Wegstation, um die sich die Bistümer Papinberc und Virteburh und gelegentlich der Burggraf in Nuorenberc stritten. Eine Zollwaage hatte sich hier befunden, eine Schmiede, eine Mühle und eine Herberge, und aufgrund der ständigen Streitereien hatte jede Partei, die einmal im Besitz der Zollstation gewesen war, sie gegen die Begehrlichkeiten der jeweiligen Opponenten befestigt. Tatsächlich war die Klosterruine früher eines der Gebäude der Station gewesen, so wie der allein stehende Wachturm – doch während das Kloster irgendwie und auf eine unsichere Weise Teil der Stadt geworden war, war der Turm außen vor geblieben; als versuchten die Bürger Wizinstens zu vergessen, wie mickrig ihre Heimat zu Anfang gewesen war. Die Palisade endete in dem verfilzten Dickicht, in dem er sich befand; auf seiner anderen Seite stieß die Stadtmauer auf die Klostermauer und umfasste das Klosterareal. Immer wieder hatten sich Stimmen erhoben, den Turm abzutragen, damit ihn bei einer

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