Die Pforten der Ewigkeit
die bei der Arbeit im Matsch angebracht gewesen wären, hatte er flache, spitze Schuhe an den Füßen, die mit einem dünnen Riemen über dem Rist schlossen und sich bis zum Abend zuverlässig in amorphe Schlammklumpen verwandelt hatten. Wilbrands Geduld beim Säubern und Einfetten des Schuhwerks, damit er es am nächsten Tag wieder tragen konnte, trieb einem Menschen wie Elsbeth Schauer über den Rücken. Statt die Gugel wie alle anderen zu tragen, hatte er sie zu einem verrückten Gebilde zusammengedreht, das aus einem Fenster gefallen und auf seinem Kopf gelandet zu sein schien. Das Ding rutschte, sobald er sich bückte, oder entrollte sich, doch auch hier bewies der Baumeister eine Geduld, die Elsbeth schon mehrfach dazu gezwungen hatte, sich zurückzuziehen, weil sie sonst zu schreien begonnen hätte.
Sie sah, dass Wilbrand ihr zuwinkte, und stapfte zu ihm hinüber.
»Die Drainage ist fertig«, sagte Wilbrand. »Sie hat sogar noch besser funktioniert, als ich dachte. Wenn die letzten Faschinen gelegt sind, können wir sie wieder zuschütten.«
In den letzten drei Wochen hatten Wilbrands Arbeiter den Boden des Hangs komplett abgetragen. Die Nonnen hatten währenddessen auf sein Geheiß hin Weiden- und Erlenzweige geschnitten und zu mannshohen, körperstarken Bündeln zusammengeschnürt. Die Arbeit war immer schwieriger geworden, weil sie dazu immer weiter den Fluss hinauf und hinunter hatten wandern müssen, um an das Holz zu kommen. Von den Wizinstenern hatte ihnen kaum jemand geholfen; ein paar Kinder hatten Ruten zusammengebunden und sie Wilbrand verkauft, der auf Elsbeths Geheiß gutmütig gezahlt hatte, doch als kurz darauf auch die Eltern mit wirren Bündeln voller unbrauchbarer Zweige ankamen und dafür Geld verlangten, hatte Wilbrand sich geweigert zu zahlen, und die Lieferungen waren wieder eingestellt worden. Ein Dickicht rund um eine abseitsstehende, verriegelte Hütte am Flussufer hatte sich eine Weile als Schatzkammer erwiesen, weil, was immer sich in der verschlossenen Hütte befand, derartig monströs nach Fäulnis stank, dass die Wizinstener dort keine Ruten für den Eigenbedarf zu holen schienen. Doch in der dritten Woche waren die Nonnen länger unterwegs gewesen, um das Holz einzusammeln, als sie brauchten, es nachher zu bündeln. Schließlich hatte ausgerechnet Adelheid die Lösung für das Problem gefunden.
»Die Tonrinnen im unteren Bereich des Hanges, da, wo er fast flach ist, arbeiten fantastisch«, sagte Wilbrand. »Die Reisigbündel leiten das Wasser nur da wirklich gut ab, wo ein gewisses Gefälle vorhanden ist.«
»Ja, es ist schon erstaunlich, wie wasserabweisend Dachziegel sein können«, erwiderte Elsbeth sarkastisch.
Wilbrand ging nicht darauf ein. Vermutlich war es ihm, der einen winzigen Raum über der Küche in Wizinstens einziger Herberge bezogen hatte, nicht klar, dass die Nonnen seit Adelheids gutem Einfall in ihrem Haus noch mehr als zuvor in Schlangenlinien gehen mussten, wenn es regnete, weil die Löcher im Dach sich längst vervielfacht hatten. Adelheid hatte vorgeschlagen, Teile des Dachs abzudecken, um aus den langen, halbtonnenförmigen Ziegeln Rinnen zu bauen. Wilbrand hatte die im flachen Hangabschnitt ausgelegten Reisigbündel daraufhin nach oben verlagern lassen, nach einigem Beobachten herausgefunden, wie er sie legen musste, damit das Wasser an einigen wenigen Sammelpunkten zusammengeführt wurde, und von diesen Stellen aus mit den Tonrinnen weitergearbeitet.
»Wir müssen die Rinnen natürlich auch noch mit den Faschinen einfassen und abdecken, damit sie nicht total verstopfen, aber dazu brauchen wir weitaus weniger Material, als wenn wir die Drainage komplett mit Faschinen ausgelegt hätten. Seht Ihr die Reihe von Pfosten am unteren Ende des Hangs? Die treiben wir durch die Lehmschicht, damit das Wasser ablaufen kann. Wir können es nicht einfach so ableiten, weil es dem Gefälle folgt und in den Fischteich fließt und dort die Fische erstickt, wenn es zu schlammig ist. Also muss so viel wie möglich davon zurück in den tiefen Boden sickern. Dieser Bereich wird allerdings immer feucht bleiben – vielleicht wäre der Gedanke nicht schlecht, hier einen eigenen Fischteich einzurichten, innerhalb der Klostermauern.«
Sie betrachteten eine Weile schweigend das Treiben auf dem Hang. Elsbeth fragte sich, wie sie damit umgehen sollte, dass sie, seit sie hier war, in zunehmendem Maß gegen die Ordensregeln verstieß. Gewiss, sie nahm quasi die Stelle der
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