Die Pforten der Ewigkeit
ihrer kleinlichen Gier und der Bereitwilligkeit, mit der sie sich in seine Fänge begaben? Ihr war kalt und heiß zugleich. Heiß, weil sie das Gefühl hatte, den Spieß herumdrehen und Meffridus mit seinen eigenen Waffen schlagen zu können, noch bevor er es mitbekam; und kalt, weil sie dazu noch mehr so werden musste wie er.
»Stimmt«, erwiderte der Zisterzienser nachdenklich. »Wenn drei Große sich streiten, bleibt für die Kleinen gar nichts übrig.«
»Wie kann man die Tatsache ausnützen, dass nun im Raum steht, Graf Konrad von Zolorin könne Nutzungsrechte für den Steinbruch vergeben?«, murmelte Constantia und kannte die Antwort auf diese Frage genau. Vor allem wusste sie, auf welche Lösung ein Mönch unweigerlich kommen würde.
»Wir könnten eine diesbezügliche Urkunde fälschen«, sagte der zweite Mönch, der bisher noch gar nicht gesprochen hatte.
»Ihr könntet eine diesbezügliche Urkunde finden «, verbesserte Constantia sanft.
Die Mönche sahen sich an, dann blickten sie zu Constantia. Diese senkte züchtig den Blick.
»Nun gut«, sagte der erste Mönch. »Wir werden sehen.« Seine Augen, die vorher dunkel gewesen waren vor Zorn, blitzten nun wieder. »Du, Weib, gehe in dich und bereue deine Sünden. Noch ist es nicht zu spät, den Pfad der Umkehr zu nehmen.«
»Betet für mich, Bruder«, sagte Constantia demütig.
Sie sah den beiden grauen Gestalten nach, wie sie eilig die Straße entlangstrebten. Sie wusste, dass sie tiefer im Wald ihre Pferde versteckt hatten. Sie hatte ihnen geraten, zu Fuß, wie es demütigen Zisterziensern gebührte, in Wizinsten aufzutreten, und sie waren ihrem Rat gefolgt. Schließlich drehte sie sich um und stapfte in die Stadt zurück. Der Triumph, mit ihnen gespielt zu haben wie die Katze mit der Maus, wurde bereits schal. Sie dachte an Meffridus. Wenn er dahinterkam, was sie trieb …
Aber von wem sollte er es erfahren? Von den Mönchen? Diese würden sich eher verbrennen lassen, als zuzugeben, mit einer Frau zusammengearbeitet zu haben, die in Sünde lebte. Die Verachtung, die der Zisterzienser für sie empfand, war nicht aufgesetzt. Der Mann war so scheinheilig wie eine Natter, aber der Ekel, den er vor ihr empfand, war echt. Sie war eine Hure, sie war die Mätresse eines Mannes, sie lief ohne Begleitung durch die Gassen und redete mit heiligen Männern, bevor sie angesprochen wurde! Constantia hatte, als sie zu den Mönchen Kontakt aufgenommen hatte, kurz erwogen, sie zu verführen – immerhin war sie, was sie war, und konnte ihre Seele nicht noch mehr verderben. Aber sie hatte nicht einmal den Ansatz dazu gemacht, nachdem sie die ersten Worte mit dem Zisterzienser gewechselt hatte. Es gab genügend Mönche, die sich an den Ratsuchenden, den Laiendienern der Klöster und den Chorknaben vergingen; ihr Gesprächspartner jedoch gehörte nicht dazu. Vermutlich war er stolz auf seine Tugend. Und wie es schien, waren seine Mitbrüder in Ebra aus dem gleichen Holz geschnitzt. Sie waren stolz, eingebildet und hochmütig, aber sie waren nicht korrupt.
Kurz dachte sie an Rudeger, der nun in dieser Welt seinen Frondienst leistete, eine Tagesreise entfernt und weiter weg als der Mond. Sie empfand weder Mitleid noch Bedauern für ihn; aber es gruselte sie, wenn sie daran dachte, dass er ihr durch ihre Machenschaften mit den Ebraern plötzlich wieder näher gerückt war.
12.
WIZINSTEN
Am Abend des zweiten Tages nach dem Unglück schleppte Rogers sich allein den Galgenberg hinauf.
Der Tod Godefroys fraß mehr an ihm als seine Verletzungen. Und er hatte auch noch einen Scherz gemacht, als sie ihn über den Rand des Steinbruchs gezogen hatten! Obwohl ihm der Kopf noch brummte und sein ganzer Leib sich schlimmer anfühlte als nach dem heftigsten Gefecht, hatte er es nicht mehr auf seinem Lager ausgehalten. Die beiden Schwestern, die ihn betreuten, machten ihre Sache gut – besonders die untersetzte, die einen mühevollen Eiertanz zwischen dem Klausurgelübde ihres Ordens und den Notwendigkeiten ihrer Arbeit als Heilerin vollführte; sie kam alle paar Stunden, blieb vor der Tür stehen und ließ sich Farbe und Schmerzempfindlichkeit von Rogers’ vielen Quetschungen und Prellungen beschreiben sowie die Dicke der Kruste auf seinen Platzwunden, damit sie nicht in die Verlegenheit kam, einem männlichen Körper zu nahe zu kommen, hatte aber andererseits kein Problem damit, Rogers’ Urin und Kot zu untersuchen, wenn er ihr nach draußen gereicht wurde, was
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