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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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schließen!«, rief sie.
    »Ja … nun …«, erklärte der Bürgermeister.
    »Ich glaube, mir fällt eine gute Lösung ein«, sagte der Mönch.
    Elsbeth spürte, wie ihr in all dem Zorn plötzlich kalt wurde. Mit derselben Gewissheit, als hätte er es ihr gesagt, erkannte sie, dass der Zisterzienser von Anfang an das Gespräch auf das hingetrieben hatte, was nun kommen würde – und dass es nichts gab, was sie dagegen tun konnte.
    »Wir übernehmen den Steinbruch«, bot der Zisterzienser an. Es klang so, als könne er sich selbst nicht erklären, wie ihm eine solch großzügige Idee gekommen war. »Damit müssen die Arbeiter keine Trennung von ihren Lieben verkraften, was in diesen unsicheren Zeiten gewiss von Vorteil ist; der Nutzen einer florierenden Baustelle fließt in die Stadt, und da wir die erfahreneren Handwerker haben, ist auch gewährleistet, dass sich keine weiteren Unglücke mehr ereignen.« Er lächelte wie ein Heiliger und faltete die Hände.
    »Ihr habt es mir versprochen !«, zischte Elsbeth. Everwin Boneß wand sich.
    Der Zisterzienser holte zum Todesstoß aus. »Wir werden den Stein aus eurem Steinbruch ausschließlich für die Kirche verwenden. Dafür steht uns das meiste Geld aus Stiftungen und Kollekten zur Verfügung, und daher können wir für den Stein großzügig bezahlen.« Er tat so, als überlege er. »Vielleicht lassen sich auch die Namen der Ratsherren der Stadt Wizinsten in die Blöcke meißeln, die in der Apsis verwendet werden – in nächster Nähe zum Altar. Was glaubst du, Schwester? Du hast doch nun auch Erfahrung mit Steinmetzen – wäre das möglich?«
    »Ich bin die diaconissa dieser Zelle«, sagte Elsbeth, weil ihre Wut sich irgendwie Bahn brechen musste.
    »Oh – ehrwürdige Mutter … verzeih … deine Jugend hat mich dazu verleitet, einen Fehler zu begehen.«
    Elsbeth sah zu Boden. Sie fühlte sich geschlagen und gedemütigt, und sie wagte nicht, den Zisterzienser nochmals zurechtzuweisen, weil sie fürchtete, er würde erneut parieren und sie dumm dastehen lassen. Ihr Gesicht brannte. Sie fühlte förmlich, wie die Ratsherren sich von ihr ab- und den Zisterziensern zuwandten. Mehr aus Ärger über den rückgratlosen Bürgermeister denn in der Hoffnung, noch etwas retten zu können, sagte sie: »Es ist die Entscheidung des Rates der Stadt – wenn der Steinbruch tatsächlich in ihre Jurisdiktion fällt.«
    An der darauffolgenden Stille erkannte sie, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. Überrascht sah sie auf. Der Zisterzienser hatte die Brauen zusammengezogen und musterte Everwin Boneß, der mit den Händen fuchtelte und mehr denn je außerstande war, einen vernünftigen Satz zu sagen. Schließlich flüchtete er sich in seine Standardaussage.
    »Äh …«, sagte er.
    »Sicher kann das kein Problem sein, wenn der Rat doch schon der ehrwürdigen Mutter und ihren Schwestern erlaubt hat, den Steinbruch auszubeuten.«
    »Tatsächlich«, sagte Everwin Boneß kläglich, »haben wir gedacht, es spiele keine Rolle. Aber wenn es jetzt Streit um den Steinbruch gibt …« Er wollte offensichtlich nicht zugeben, dass er und der Stadtrat lediglich der ominösen Macht gehorcht hatten, die Meffridus Chastelose über sie ausübte.
    »Es gibt keinen Streit«, erklärte der Mönch und sah Elsbeth mit gut gespielter Milde an. »Nicht wahr, ehrwürdige Mutter?«
    »Ich halte den Stadtrat an seinem Versprechen fest«, sagte Elsbeth. Die Augen des Zisterziensers zuckten kaum wahrnehmbar. Elsbeth sah erneut zu Boden. Sie wagte kaum zu hoffen, dass sich das Blatt plötzlich gewendet hatte. Sie hörte, wie der Mönch sagte: »Und in wessen Zuständigkeit fällt denn nun der Steinbruch? Wenn er dem Bistum von Papinberc gehört, versichere ich euch, dass unser Projekt das Wohlwollen des ehrwürdigen Vaters, Bischof Heinrich, in vollem Umfang genießt.«
    Everwin stotterte herum. Elsbeth sah, wie sich Lubert Gramlip auf seinen Stock stützte. Die Spitze des Stocks ruhte dicht neben dem Plan auf dem Boden. Sie schien auf eine Straße zu weisen, die dort eingezeichnet war – Kloster Ebra würde am Knotenpunkt dreier Straßen entstehen und darin hocken wie eine prachtvoll aufgeputzte Spinne. Die Straße wies einen Richtungspfeil auf und einen Namen, der daneben geschrieben war. Elsbeth hob fragend den Kopf. Lubert Gramlip sah sie ausdruckslos an.
    »Der Steinbruch gehört dem Burggrafen von Nuorenberc«, sagte sie fest.
    »… äh … ah?«, japste Everwin Boneß unglücklich.

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