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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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die Materie erschaffen hatte, das Verbrechen der Gefangensetzung einer neuen Seele kaschierte. Die Vollkommenen, gleich welchen Geschlechts, hatten gelernt, die Verzückung auf einer geistigen Ebene zu erleben, die sich dem Körper nicht mitteilte.
    Rogers hatte die Vorbereitungen getroffen, wie es der geheimen Ausbildung entsprach, der sich jeder Gläubige unterzog, wenn er sich auf den langen Weg zur Vollkommenheit begab, er hatte den Zustand abgepasst, in dem sein Körper sich über seinen Geist erheben wollte, er hatte die innersten Kanäle geöffnet und sich vorgestellt, wie die Energie sich statt im Schoß Elsbeths in seinem eigenen Körper verbreitete, wie er sie durch sein Rückenmark emporzog und von seinen Lenden in seinen Kopf umleitete, er hatte die erforderlichen Muskeln gespannt und in seinem Hirn die geheimen Worte gesprochen … und da war ihm plötzlich klar gewesen, dass der ganze Liebesakt nichts bedeutete, wenn er die absolute Hingabe, die Elsbeth ihm geschenkt hatte, nicht erwiderte; und Hingabe hieß eben, nichts zurückzuhalten, nichts zu unterdrücken. Schlagartig hatte er das Gefühl gehabt, dass etwas Fundamentales nicht stimmte, dass ein Fehler in einer Theorie sein musste, die das Verströmen des einen Partners in den anderen als Verbrechen empfand, wenn dieses Verströmen in Wahrheit doch der Gipfel von etwas so Reinem wie der Liebe zwischen zwei Menschen war. In dieser momentanen Erleuchtung war es ihm möglich gewesen, die Instinkte zu überwinden, die er eingeübt hatte, und er hatte eine Lust wie noch nie verspürt, als er merkte, dass Elsbeth in dem Moment über die Schwelle glitt, als er sich über sie ergoss.
    Und jetzt war der Augenblick der Erleuchtung wieder verloschen, er wusste nicht mehr, wie er jemals das Gefühl hatte haben können, der Zeugungsakt sei kein Akt gegen den Glauben, und er fühlte tiefe Wehmut, dass er sich zur Sünde hatte verleiten lassen, und eine noch tiefere darüber, dass er ausgerechnet mit der Frau versagt hatte, die er so sehr liebte, dass es ihm den Atem nahm.
    Er hatte sich auf den Rücken gewälzt, noch immer mit Elsbeth in den Armen, und nun lag sie auf ihm, Haut an Haut, heiß und schläfrig und glücklich in ihrer eigenen Sündhaftigkeit. Er wusste, dass er etwas unternehmen musste, weil seine Liebe ihm ständig befleckt erscheinen würde, wenn er noch lange genug Zeit fand, über sein Versagen nachzudenken.
    »Wir müssen uns waschen«, sagte er.
    »Ich will nicht«, murmelte sie. »Ich will dich auf mir spüren.«
    »In einer Stunde, wenn wir jemanden brauchen, der uns mit einem Brecheisen trennt, sagst du das nicht mehr, glaub mir.«
    Elsbeth kicherte und wand sich auf ihm. Die Erregung schoss in seine Lenden, und er hörte sie tief einatmen. Er rappelte sich auf, hob sie hoch und stapfte mit ihr durch die Kühle der Nacht hinunter zum See. Das Wasser war kalt, aber die Hitze war erneut in ihnen, dass sie es als Erfrischung empfanden und sich gegenseitig mit Wasser überschütteten und sich abrieben und sich berührten, sooft sie konnten. Danach rannten sie wieder zurück zu ihrem Lager und hüllten sich, immer noch nackt, gemeinsam in Rogers’ Mantel. Die Nacht war nun noch dunkler als zuvor, die Wolken hatten den Himmel völlig bedeckt, und es roch nach kommendem Regen. Rogers ahnte, dass danach die schönen Herbsttage vorbei sein würden – die goldenen Blätter an den Bäumen würden sich braun und schwarz färben und zu Boden fallen, die bewaldeten Kuppen würden ihr Aussehen ändern und statt der Zinnen und Wehrtürme aus flammenfarbenem Laub dünne Skelette tragen, die mit nackten Fingern in die niedrigen Wolken krallten. Er hatte die Gegend in der Zeit, seit sie hier waren, liebgewonnen, doch er ahnte auch, dass sie im Winter melancholisch und einsam aussehen würde und so, als würde die Sonne nie wiederkehren.
    »Wie lange wirst du bleiben?«, fragte Elsbeth plötzlich.
    »Bis der Frühling kommt.«
    »Rogers … was ist es, das dich nicht zur Ruhe kommen lässt? Niemand hier wird dich wegen deines Glaubens belästigen. Ich garantiere dir …«
    Rogers legte ihr einen Finger auf die Lippen. Er kämpfte mit sich, doch dann sagte er: »Ich habe dich in Staleberc gesehen.«
    »In … Staleberc?«
    »Wir waren dort, als du und Schwester Reinhild …«
    »Ihr wart dort!? Warum habt ihr euch nicht zu erkennen gegeben?« Er spürte ihre Musterung. »Nein, das ist die falsche Frage. Was habt ihr dort gemacht?«
    Rogers öffnete den

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