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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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doch der Sinn von Geschenken«, sagte sie und legte die Hände erneut an sein Gesicht. Sie war nicht überrascht, Tränen auf seinen Wangen zu spüren. Sie beugte sich nach vorn und küsste ihn auf den Mund. »Man gibt sie eben, damit man sie nicht zurückbekommt.«
    Sie löste den Nonnenschleier und nestelte dann ihr Gebende los. Die Nachtluft war kühl an ihrem verschwitzten Haar, aber die innere Hitze, die sich nicht verändert hatte, verhinderte, dass sie fröstelte. Die Dunkelheit war ihr Freund; am hellen Tag hätte die Scham, die sie plötzlich verspürte, ihre Hände gelähmt, doch nun schützte die Dunkelheit sie und verwandelte die Scham in Erregung. Was sie nun tat, hatte sie nicht mehr vor einem anderen Menschen getan, seit sie als junges Mädchen ins Kloster gegangen war. Sie zerrte sich ihre Kutte über den Kopf und warf sie beiseite, wo auch der Schleier und das Gebende lagen. Ihr Herzschlag war nun so heftig, dass sie ihn bis in ihre Fingerspitzen fühlte. Das Hemd war ihr bis zu den Oberschenkeln hochgerutscht und klamm vor Schweiß, die Kühle legte sich auf ihre nackten Beine, klebte das Hemd an ihren Körper, schmiegte sich kalt an ihre glühende Haut, zog ihre Brustwarzen noch mehr zusammen, und als eine Brise über ihre nackte Haut hauchte, war das Gefühl so überwältigend, dass sie stöhnte.
    »Nein«, hörte sie Rogers flüstern.
    »Willst du mich nicht?«, flüsterte sie zurück.
    »Mehr als alles andere … aber …«
    Sie beugte sich nach vorn und löste die Riemen, die ihre halbhohen Stiefel zusammenhielten. Es war keine Taktik, um das Ausziehen des Hemdes noch etwas hinauszuzögern; es war ganz einfach so, dass sie sich ihm ganz und gar hingeben wollte, und sie wollte nur sie selbst sein und nichts anderes, und jedes Fädchen Kleidung war ihr zu viel. Sie schlüpfte aus dem einen Stiefel, dann aus dem anderen. Sie stellte die Füße auf den Grasboden. Auch er war kalt und feucht, und es war köstlich, die Grashalme an den Fußsohlen zu spüren und die Unebenheit des Bodens und die kleinen Steinchen, die sich in ihre Haut pressten. Sie stellte sich vor, wie sie Rogers auf sich und in sich spürte und zugleich den rauen Stoff seines Mantels an ihrem nackten Rücken und das Gras an ihren Fußsohlen, und sie stöhnte erneut. Was war die größte Strafe für Adam und Eva gewesen – dass sie das Paradies verlassen mussten oder dass sie die Welt nicht mehr auf ihrer bloßen Haut spüren durften?
    »Welchen Namen hat der Mensch dir gegeben, den du am meisten geliebt hast?«, fragte sie.
    »Ich verstehe nicht …«
    »Mein Vater und meine Mutter haben mich Yrmengard genannt«, hauchte sie. »Elsbeth heiße ich, weil ich mir die heilige Elisabeth zur Patronin genommen habe, als ich ins Kloster eintrat. Aber Yrmengard … diesen Namen habe ich von meinen Eltern, und in meiner Erinnerung an zärtliche Momente und bedingungslose Liebe höre ich immer diesen Namen …«
    »Yrmengard«, sagte Rogers. Sie schloss die Augen, weil ein Gefühl durch ihren Körper rieselte, das sie gleichzeitig zum Lachen und zum Weinen bringen wollte. Als sie sie wieder öffnete, sah sie Rogers’ Gesicht ganz nahe und fühlte seinen Atem auf den Lippen. Er hielt ihre Hände fest, als sie das Hemd packen und über ihren Kopf ziehen wollte.
    »Yrmengard«, sagte er erneut. »Du bist meine Botin des Lichts und der Wahrheit.«
    Sie ahnte, dass es für ihn tiefere Bedeutung besaß als für sie, aber die Worte waren so schön, dass sie nicht anders konnte, als sie zu wiederholen: »Ich bin deine Botin des Lichts und der Wahrheit.«
    Sie hörte ihn seufzen. »Ich bin das Gefäß für das Licht und die Wahrheit«, wisperte er in ihr Ohr und küsste sie. Sie spürte, wie er das Hemd hochzog, spürte die Berührung des Stoffs, der über ihre Haut glitt, als streiche eine unendlich sanfte Hand darüber, ließ sich in den Kuss hineinfallen und schmeckte und fühlte und nahm ihn und gab ihn zurück, sog Rogers’ Atem ein und merkte, wie ihr schwindlig wurde … und schauderte, als er den Kuss beendete und ohne Hast das Hemd über ihren Kopf zog und fallen ließ.
    »Sieh mich«, stöhnte sie, ohne zu wissen, woher die Worte kamen. »Fühl mich. Nimm mich …«
    »… heile mich«, sagte er.
    Als er sie an sich presste, spürte sie, dass auch er nackt war, und einen Herzschlag ahnte sie, dass es länger gedauert haben musste als nur ein paar Wimpernschläge, bis das Gefühl des Lachens und Weinens vergangen war, nachdem er

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