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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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herumpaddelt und nach einem Seil ruft, um an Land gezogen zu werden.«
    »Ein passender Vergleich«, sagte Elsbeth sarkastisch.
    »Ich wollte, ich hätte dich einweihen können. Ich habe deinen Schmerz fühlen können.«
    »Er ist schon beinahe wieder weg.« Elsbeth rieb sich unwillkürlich die Brust. »Aber einen Moment dachte ich, ich sei völlig allein auf der Welt.«
    Rogers küsste die Stelle, die sie berührt hatte. »Wieder besser?«
    Sie nickte.
    »Tut es sonst noch irgendwo weh?«
    »Hier.«
    Sie fühlte seine Lippen.
    »Und hier.«
    »Und hier auch noch.«
    »Und da …«
    Sie seufzte und überließ sich ihm, und in der Liebe, die sie für ihn empfand, und in der Lust, die er ihr schenkte, löste sich ihr Bewusstsein auf und verschmolz mit dem seinen, und sie trieben in einer Welt aus Licht und Wärme und Zärtlichkeit und waren glücklich.

ACCOMMODATIO
PROPOSITORUM
    FRÜHLING 1252
     
    »Im Leben begegnet man sich immer zweimal.«
    Gabriel

1.
WIZINSTEN
     

     
    Kurz vor Ostern wurde Constantia klar, dass sie ihre Heimatstadt noch nie in der Stimmung erlebt hatte, in der sie sich derzeit befand – und dass es immer so gewesen wäre, wenn es den Schatten nicht gegeben hätte, den Meffridus Chastelose auf alles warf. Natürlich hätte es auch dann unfähige Angsthasen wie Everwin Boneß gegeben und Dummschwätzer wie Wolfram Holzschuher, aber sie wären in der Bewegung, die das Zusammenleben in einem Gemeinwesen verursachte, nicht weiter aufgefallen. Unter Meffridus’ heimlicher Herrschaft dagegen gab es keine Bewegung, sondern nur Erstarrung und Angst.
    Sie ahnte, dass die Entspannung auch daran lag, dass Meffridus in diesem Winter ständig unterwegs gewesen war. Nur sehr schlechtes Wetter hatte ihn zu Hause gehalten. Es war, als suche er etwas oder erwarte jemanden. Und bis vor kurzem hatte er selbstverständlich keine Anstalten gemacht, seine Gedanken mit ihr zu teilen. Bis vor kurzem … Constantia wusste nicht, ob sie froh darüber sein sollte, dass Meffridus sie ins Vertrauen zog. Es konnte auch eine andere Bedeutung haben. War er sich so sicher, dass sie sich nie wieder aus der Verstrickung mit ihm befreien konnte? Oder war seine Zuneigung zu ihr so weit abgekühlt, dass er es sich leisten konnte, ihr ein Geheimnis anzuvertrauen? Wenn sie es verriet und er kam dahinter, wäre das ihr Todesurteil. Hatte er das Gefühl, dass er ihren Verlust ertragen konnte? Sie hatte sich dabei ertappt, dass sie sich besonders bemühte, seine kleinen, harmlosen Wünsche im Bett zu erfüllen, und mehr als bisher so tat, als trügen seine Bemühungen sie in ungekannte Höhen der Lust, während ihr Körper tatsächlich immer tiefer vereiste. Angst, ja … der Schatten des Notars mochte sich ein wenig von Wizinsten gelüftet haben, dafür lag er umso heftiger auf ihr.
    Die Hauptverantwortung daran, dass in Wizinsten ein entspanntes Klima herrschte, trugen jedoch Elsbeth und ihr Klosterbau. Was sich für die Ebraer Zisterzienser und ganz besonders für ihre, Constantias, Pläne als Rückschlag erwiesen hatte, gereichte der Stadt zum Vorteil. Die Zusammenarbeit im Steinbruch brachte Arbeiter von Ebra nach Wizinsten und damit nicht nur erhöhte Geschäftstätigkeit, sondern auch den einen oder anderen Antrag auf Erteilung der Bürgerrechte, was, wenn es sich beim Antragsteller um einen Meister handelte, durchaus positiv gesehen wurde. Andererseits wiederum ergab sich die Möglichkeit für Wizinstener Tagelöhner, in Ebra anzuheuern und dem bisherigen Einerlei der Stadt zu entfliehen. Alle schienen zu profitieren, und selbst Everwin Boneß wurde hin und wieder mit einem Grinsen im Gesicht gesehen, bevorzugt dann, wenn er wusste, dass Meffridus gerade nicht in der Nähe war.
    Constantia stand neben Elsbeth und sah den Arbeiten im Steinbruch zu. In der breiten Rinne, die nach Wilbrands Anweisungen in den Damm gebrochen worden war, lief knöcheltief Wasser und lud Kinder zum Spielen ein. Das Wasser war noch immer winterkalt, aber die Kinder scherte es nicht. Sie standen darin und spritzten sich gegenseitig nass. Constantia warf der Nonne einen Seitenblick zu. Die junge Frau lächelte. Constantia wusste, dass Elsbeth weniger an die Kinder dachte als an Rogers. Sie selbst hatte auch kaum ein Auge für das Geplantsche. Elsbeth wäre erstaunt gewesen zu erfahren, dass auch Constantias Gedanken um Rogers kreisten. Dabei kamen jedoch keine Zärtlichkeiten vor. Constantia versuchte seit Wochen herauszufinden, was das Besondere

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