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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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der Mönch. »Aber wie!?«
    Elsbeth folgte der Unterhaltung vollkommen fassungslos. Um sie herum erklang das Wispern ihrer Nonnen. Sie sah die Stadträte sich ratlose Blicke zuwerfen. Wolfram Holzschuher holte Luft, zweifellos um einzuwenden, dass es hier lediglich ein Unglück gegeben hatte, aber plötzlich stand Walter an seiner Seite. Der Stadtrat knickte ein, als sei ihm etwas auf die Füße gefallen, und Walter, die Fürsorge in Person, nahm ihn um die Schultern und führte den Ächzenden beiseite. Sie sah Rogers bei einem der anderen Stadträte stehen. Es wirkte wie eine brüderliche Geste zwischen Arbeiter und Patrizier, dass Rogers ihm eine Hand an den Oberarm gelegt hatte, doch dann bemerkte Elsbeth die Röte im Gesicht des Mannes und dass Rogers’ Knöchel weiß waren, so fest drückte er zusammen. Was wurde hier gespielt? Aus dem Augenwinkel erblickte sie Constantia, wie immer abseitsstehend. Die Stirn der schönen jungen Frau war gerunzelt und ihre Augen zusammengekniffen. Elsbeth stellte sich vor, dass ihr eigener Gesichtsausdruck nicht sehr viel anders aussah.
    »Ganz einfach«, sagte Wilbrand. »Hiermit.« Er hielt einen Federkiel in die Höhe und wies auf die Urkunde mit dem Nutzungsrecht in der Faust des Zisterziensers.
    Der Zisterzienser schüttelte verwirrt den Kopf. »Hä?«, machte er, und in Elsbeths fassungslose Taubheit tröpfelte unvermittelt ein Schlückchen Schadenfreude wegen der Überraschung des Mönchs.
    »Es braucht dazu nur einen Nachtrag auf diesem Dokument, dass das Nutzungsrecht zu gleichen Teilen dem Kloster Ebra und dem Kloster Porta Coeli zufällt«, erklärte Wilbrand. »Porta Coeli, das ist das Kloster hier«, fügte er hilfreich hinzu. »Das Zisterzienserinnenkloster.«
    »Was …?«, begann der Zisterzienser.
    »Ist doch kein Problem«, beruhigte Wilbrand. »Dann können die Tinte des ursprünglichen Textes und die des Nachtrags gemeinsam trocken werden.«
    Die Augen des Zisterziensers traten hervor, und in seinen Mundwinkeln bildete sich Schaum. Er keuchte vor Wut. »Du bist … du bist …«
    »… derjenige, der weiß, wie man den Stein hier abbauen kann«, vollendete Wilbrand gemütlich und rollte die Augen ermunternd zu seinem Federkiel.
    Dann geschah etwas, das daran schuld war, dass Elsbeth sich auf das Gras setzte und den Kopf auf die Hände stützte und doch zu schluchzen begann, während die anderen Nonnen um sie herumflatterten und die Münder der Stadträte offen standen und die Arbeiter grinsten und sich anstießen und Wilbrand auf der einen Seite des Zisterziensers und Godefroy auf der anderen so betont unschuldige Gesichter machten, dass selbst die Engel im Himmel vor Neid erblasst wären: Der eine der Mönche kniete sich auf den Boden und fügte dem Dokument mit Wilbrands Federkiel und Wilbrands Tinte den Text hinzu, den der Baumeister ihm diktierte, und als er daraufblies und wartete, dass die Tinte trocknete und der Sprecher der Mönche abwechselnd rot und weiß anlief, war die Zukunft von Porta Coeli mit einem Male wieder gesichert. Sie sah auf und begegnete Godefroys Blick. Der kleine Franzose zog eine Augenbraue in die Höhe und zwinkerte ihr zu. Elsbeth ließ ihren Tränen freien Lauf.
    In dieser Nacht liebten Elsbeth und Rogers sich in Wilbrands Kammer unter dem Dach der Herberge. Der Baumeister und Godefroy lagen nebeneinander über einen der Tische in der Schankstube gebreitet, vollkommen betrunken, während Walter Wache hielt und dem Bierrest im Fass den Garaus machte und froh war über das Schnarchkonzert, das die anderen Betrunkenen im Schankraum (ein Teil der Arbeiter, ein Teil des Stadtrats und selbstverständlich der Wirt) veranstalteten, weil es verhinderte, dass er die Geräusche hörte, die von oben kamen. Die Franzosen mochten das undezenteste Volk auf der Erde sein, aber ein Engländer wusste, was sich gehörte, auch wenn ihm keiner dabei zusah.
    »Es war deine Idee, nicht wahr?«, flüsterte Elsbeth. »Du hast Wilbrand dazu gebracht.«
    »Mmm … nein«, sagte Rogers. »Ich habe ihn nur dazu gebracht, darüber nachzudenken, wie sich Loyalität und Dankbarkeit definieren. Der Rest war seine eigene Idee.«
    »Und welchen Plan hat er, um den Stein abzubauen?«
    »Keine Ahnung«, erklärte Rogers. »Und ich nehme an, er hat auch noch keinen. Aber so chaotisch der Mann ist, ein so großes Genie ist er, was das Bauen angeht. Ich würde mich nicht wundern, wenn morgen in dem Biersee, in den sich sein Gehirn verwandelt hat, eine Lösung

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