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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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halbes Dutzend weiterer Männer. Die Wächter bekreuzigten sich, als sie den Bischof von Palermo erkannten, und salutierten, als sie hinter ihm Manfredo, den Lieblingssohn des Kaisers, ausmachten. Graf Rudolf raste an ihnen vorbei in den Burghof auf das offene Fallgitter zu, brüllend wie ein Stier. Das Fallgitter ratterte plötzlich herab, und der Graf rannte in vollem Lauf dagegen. Das Schwert fiel aus seiner Hand. Die Ketten rasselten und schwangen, das Gitter erzitterte unter dem Aufprall des Mannes. Graf Rudolf packte zwei der Querstreben und versuchte, es mit eigenen Kräften in die Höhe zu heben, aber es ruckte nicht einmal. Er trat dagegen und fluchte aus vollem Hals, dass der Speichel aus seinem Mund flog.
    Der Wächter kam wieder aus dem Verschlag heraus und rief nach oben: »Jetzt ist es zu. In Ordnung?« Als er den Grafen sah, der von seinem Wutanfall geschüttelt am Fallgitter hing wie eine Fliege im Netz der Spinne, verstummte er.
    Graf Rudolf ließ unvermittelt das Gitter los und straffte den Rücken. Einen Augenblick länger stand er so da, von den Zuschauern abgewandt, dann bückte er sich, hob sein Schwert auf und steckte es in die Scheide zurück. Mit einer eckigen Bewegung drehte er sich um und stapfte zum Wohntrakt zurück. Sein Gesicht war bleich; seine Augen brannten.
    »Haben wir was falsch gemacht?«, fragte der eine der beiden Wächter beim Eingangsportal des Wohntrakts. »Hätten wir das andere Tor zu und das hier auf …?«
    Graf Rudolf fuhr herum und pflanzte seine Faust in das Gesicht des Wächters. Der Mann fiel um wie ein Stück Holz und rührte sich nicht mehr. Sein Kamerad stand stramm und räusperte sich. »Irgendwelche Befehle, Erlaucht?«
    Der Graf stampfte wortlos an ihm vorbei und verschwand im Inneren des Gebäudes. Der hilflose Blick des Wächters fiel auf das Gesicht des Bischofs von Palermo. Der alte Mann starrte durch ihn hindurch. Und mit einem plötzlich sinkenden Gefühl im Herzen sah der Wächter, dass Seine Ehrwürden Berardo de Castagna, der engste Freund und Beichtvater des Kaisers, weinte.
    »Seine Majestät … Ehrwürden, was ist mit Seiner Majestät dem Kaiser?«
    »Gott sei uns allen gnädig«, flüsterte der alte Erzbischof. »Der Kaiser ist tot.«

PRAEPARATIO
    FRÜHJAHR 1251
     
    »Ich bin der Bote des Lichts und der Wahrheit.«
    Hertwig von Staleberc

1.
NAMENLOSES KAFF IRGENDWO IN TERRA SANCTA
     

     
    Es war erstaunlich, dachte Rogers, wie tief ein Mann sinken konnte, dessen Glaube ihm eigentlich vorschrieb, den Weg zur Vollkommenheit zu finden.
    Sie waren zu dritt in ihrem Elend: Walter Longsword, Godefroy Arbalétrier und er, Rogers. Ihr Eigentümer, der persische Kaufmann, wusste nicht, welchen Fang er gemacht hatte – und Rogers’ Leidensgenossen auch nicht. Sie kannten ihn als Rogers de Limoux, was keinem etwas sagte, und glaubten seinen Worten, dass er wie sie ein armer Schlucker war, für den niemand je Lösegeld bezahlen würde. Tief gesunken? Ja, was das persönliche Schicksal betraf. So tief, seine Familie und seine Glaubensbrüder ins Verderben zu ziehen, indem er sie verriet? Niemals.
    Walter Longsword war Engländer. Das englische Kontingent, das König Louis von Frankreich in diesem schwachsinnigen Kreuzzug gefolgt war, war winzig gewesen: der Graf von Salisbury und diejenigen seiner Verbündeten, denen absolut keine Entschuldigung eingefallen war, warum sie ihren Herrn nicht nach Ägypten begleiten sollten. Walter war nach allem Dafürhalten der einzige Überlebende. Die anderen, unter ihnen sein Vater, der Graf selbst – Walter war ein Bastardsohn –, waren an jenem katastrophalen Tag in Al-Mansurah umgekommen. Nicht nur England hatte damals einen seiner tapfersten Streiter verloren. König Louis selbst trauerte vermutlich immer noch um seinen jüngeren Bruder Robert, Herzog von Artois – auch wenn der Idiot daran schuld war, dass sich der Kreuzzug in ein Desaster verwandelt hatte. Er hatte den Großteil des Heeres mit Hurra und Trompeten und fliegenden Bannern in die Falle geführt, die die Mameluken ihnen in der Stadt Al-Mansurah gestellt hatten. Nun, Robert d’Artois war nicht allein gewesen in seiner Fehleinschätzung der Lage. Die Tempelritter samt Großmeister hatten noch versucht, ihn auf dem Weg nach Al-Mansurah hinein zu überholen. Auch sie hatten bezahlt und mit ihnen das kleine Häuflein Johanniterritter, die wie immer für die Fehler der Templer büßten, weil sie zu loyal waren, um diese allein in ihr Verderben

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