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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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rennen zu lassen – auch wenn sie oft genau erkannten, dass die Angeber mit den weißen Waffenröcken und den roten Kreuzen darauf zu überheblich waren, um gute Taktiker zu sein. Jedenfalls hatte Arbalétrier sich dahingehend geäußert.
    Godefroy Arbalétrier war ebenfalls ein letzter Überlebender. Im Kontingent der Johanniter hatte er einen Zug Armbrustschützen als Sergeant befehligt. Er hatte Glück gehabt, dass er den schwarzen Johannitermantel nicht getragen hatte, als man ihn unter seinen getöteten Kameraden gefunden hatte, nur marginal verletzt durch einen Pfeil, den mehrere Lagen Leder und Steppwams gebremst hatten. Johanniter und Templer wurden, wenn man sie lebend fing, in der Regel gehäutet – immer noch lebend, versteht sich. Godefroy hatte sein Schicksal in die Hände seiner Kameraden gelegt und ihnen gestanden, wer er wirklich war. Es war Rogers gewesen, der die Idee gehabt hatte, er solle sich als Genueser ausgeben. Die Genueser waren verhasst, besonders weil sie König Louis Schiffe für die Überfahrt nach Ägypten gestellt hatten. Aber sie waren auch reich, und einen gefangenen Genueser ließ man so lange wie möglich am Leben, weil es immer noch sein konnte, dass jemand für ihn bezahlte.
    Rogers selbst war während der Kämpfe so nah wie möglich bei seinem Vater Ramons und dieser an der Seite von König Louis geblieben. Auf der Flucht zurück nach Al-Qahira, nachdem der König die erfolglose Belagerung Al-Mansurahs aufgegeben hatte, hatten die Mameluken den von Krankheit, Nahrungsmangel und Resignation gezeichneten Rest des Kreuzfahrerheers abgefangen. Am Ufer des Bargh-as-Sirah hatten sie sie gestellt, und Rogers war wie die meisten der anderen Ritter, wie der König selbst, in Gefangenschaft geraten.
    Nur, dass der König nach ein paar Tagen wieder freigelassen worden war, weil selbst die Mameluken wussten, dass das Lösegeld für seine Person bezahlt werden würde. Rogers hingegen war von seinen Bezwingern, einem halben Dutzend mamelukischer Fußsoldaten, an den persischen Händler verkauft worden, der dem Mamelukenheer gefolgt war. Was aus seinem Vater geworden war, wusste er nicht.
    Das war von neun Monaten gewesen. Da hatte der Perser, dessen finanzielle Mittel scheinbar unerschöpflich waren, insgesamt zehn Gefangene gehabt. Sieben davon hatte er gegen Lösegeldzahlung freigelassen, und die Freigelassenen hatten den Zurückbleibenden geschworen, dass sie sich für deren Freilassung einsetzen würden. Rogers hatte nie etwas darauf erwidert und auch keine Angaben zu seiner Familie gemacht. So waren er, Walter und Godefroy schließlich übrig geblieben – der Bodensatz.
    Nicht, dass der Perser nicht doch einen Weg gefunden hätte, mit ihnen Geld zu verdienen.
    Das Dorf lag an der Küste, in einem Landstrich, der so gottverlassen aussah wie alle anderen, durch die sie seither gekommen waren. Der Perser hatte sich mit seinem Treck aus Bewachern und seinen drei restlichen Gefangenen von Al-Mansurah aus nach Osten und dann nach Norden bewegt. Godefroy glaubte, dass sie nicht mehr weit von Jerusalem entfernt waren. Das Dorf sah aus, als hätte jemand mit einem unsicheren Sinn für Symmetrie Steine und Ziegel aufeinandergehäuft und dann in gewissen Abständen Gassenöffnungen hindurch- und Fenster- und Türspalten hineingehauen. Die einzeln stehenden Gebäude am Dorfrand wirkten wie vom Haufen herabgerollt. Im Zentrum des Konglomerats ragte ein gedrungener viereckiger Turm in die Höhe, der einmal zu einer Küstenfestung gehört haben musste, noch vor dem Tag, an dem David und Goliath in Streit geraten waren.
    »Ein Dreckskaff sieht aus wie das andere«, brummte Walter. »Scheißgegend.«
    »Ich dachte, du fühlst dich hier wie zu Hause«, sagte Rogers.
    »Pff!« Walter rückte demonstrativ ein Stück ab, um seine Verachtung zu zeigen. Rogers lächelte. Godefroy grinste.
    »Was ist, hat er was wiedererkannt? Glaubt er, wir sind bis nach England marschiert?«
    Walter rollte mit den Augen. »Leckt mich doch, Franzosengockel.«
    Ihr neunmonatiger Leidensweg hatte eine tiefempfundene Kameradschaft zwischen den drei Männern entstehen lassen. Wären die Begleitumstände nicht gewesen, hätte Rogers sich beinahe wohl gefühlt. In seiner Heimat hatte er eine Freundschaft wie diese nie erfahren. Als es seiner Familie noch gut gegangen war, waren ihm die meisten Männer mit ehrerbietiger Distanz begegnet. Danach war die Anspannung zu groß gewesen, als dass überhaupt noch Freundschaftsbande

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