Die Pforten der Ewigkeit
dass Constantia ganz allein im Kreuzgang stand. Freudig überrascht änderte Elsbeth ihre Richtung und gesellte sich zu ihr. Einmal hatte sie ihrer Zuneigung zu der blonden jungen Frau nachgegeben und sie bei einer Begrüßung umarmt, doch sie hatte den Eindruck gehabt, dass es Constantia peinlich gewesen war. Sie hatte die Umarmung völlig steif über sich ergehen lassen. Elsbeth vermutete, es lag daran, dass Constantia sich ihres schlechten Ansehens in der Stadt vollkommen bewusst war und nicht wollte, dass Elsbeth sich allzu offen auf ihre Seite stellte. Elsbeth bedauerte diese Haltung, sah aber keine Möglichkeit, mit Constantia darüber zu reden, ohne dass es noch peinlicher wurde. In ihrem Herzen war sie traurig, dass die meisten Menschen sich an Jesu Leben, der die Ausgestoßenen immer den Etablierten vorgezogen hatte, so wenig Beispiel nahmen. Sie stellte sich neben Constantia und nickte ihr lächelnd zu.
Constantia warf ihr einen Seitenblick zu und lächelte dann ebenfalls. »Wie geht es dir?«, fragte sie.
»Wenn Wilbrand aufgehört hat, Trübsal zu blasen, wieder gut«, erwiderte Elsbeth. »Und du?«
Constantia zuckte mit den Schultern. »Wie immer. Was tust du, wenn Wilbrand nicht aufhört, Trübsal zu blasen?«
»Das überlege ich mir, wenn meine Geduld mit ihm zu Ende ist«, sagte Elsbeth. »Was in spätestens zwei Tagen der Fall sein wird«, fügte sie düster hinzu.
»Machen die Brüder in Ebra keine Schwierigkeiten?«
»Nein, dem Himmel sei Dank. Weshalb fragst du? Hast du etwas gehört? Hat Meffridus etwas aufgeschnappt …?«
Constantia schüttelte den Kopf. »Nein. Nur so … die letzten Male sind sie ja immer dann aufgetaucht, wenn du es gar nicht brauchen konntest.«
»Das stimmt allerdings. Wenn sie uns jemand auf den Hals gehetzt hätte, hätte er keine besseren Zeitpunkte wählen können. Aber seit Rogers … seit wir uns über den Steinbruch geeinigt haben«, Elsbeth räusperte sich, »halten sie Ruhe. Letztlich haben wir ja alle das gleiche Ziel – dem Glauben ein neues Haus zu errichten.«
»Na gut«, sagte Constantia. »Ich freue mich für dich. Und was Wilbrand betrifft – Männer sind manchmal …«, sie suchte nach einem Wort.
»… wie Kinder?«, fragte Elsbeth.
»… Arschlöcher«, sagte Constantia.
Sie sahen sich beide überrascht an. Constantia wurde rot. Elsbeth öffnete den Mund, um zu hüsteln, und stellte fest, dass ein Kichern dabei herauskam. Constantia blinzelte, dann begann auch sie zu kichern.
»Oh«, machte sie. »Aber es stimmt!«
»Das glaube ich aufs Wort. Du meinst, du kennst sie, und dann stellst du fest, was wirklich in ihnen steckt.«
Constantia starrte sie an, dann verwandelte sich ihr Kichern in ein Lachen, das immer lauter wurde. Tränen traten ihr in die Augen. Elsbeth wurde von dem Gelächter angesteckt.
»Was?«, rief sie lachend. »Was?«
»Weißt du, was du da gerade gesagt hast?«, keuchte Constantia. » Was in ihnen steckt! War das Absicht?«
Elsbeth, die nach ein paar Augenblicken verstand, welch unglückliches Wortspiel ihr gelungen war, versuchte Betroffenheit zu empfinden, aber stattdessen bekam sie einen Lachanfall. Sie krümmte sich und stieß gegen Constantia, und dann hielten die beiden Frauen sich gegenseitig fest und weinten vor Lachen und den Versuchen, etwas zu sagen, was sie vor Atemlosigkeit nicht herausbrachten. Ein paar Arbeiter blickten in den Kreuzgang, schüttelten die Köpfe und gingen wieder, ebenfalls grinsend. In Wilbrands Hütte knarrte die Tür, als ob sie jemand von innen einen Spalt geöffnet hätte, um zu hören, was los war – ein Vorgang, der in den letzten Tagen nicht stattgefunden hatte. Das Lachen der beiden jungen Frauen schallte über die Baustelle und klang im Kreuzgang und endete erst, als das plötzlich einsetzende Mittagsgeläut von Sankt Mauritius wieder abgeebbt war.
Sie sahen sich an und wischten sich die Tränen aus den Augen. Constantia blinzelte. Zu ihrer Enttäuschung sah Elsbeth, wie die junge Frau geradezu sichtbar wieder ihre Maske überzog und auf Distanz ging. »Ich … wünsche dir einen guten Tag«, sagte sie zögernd und wandte sich ab.
»Der Herr sei mit dir«, antwortete Elsbeth.
Constantia deutete im Gehen auf die offene Rinne der Kanalableitung, die sich durch den Garten zog. »Hat Wilbrand einen Weg gefunden, den Wasserfluss zu blockieren?«, fragte sie.
Elsbeth folgte ihrem Fingerzeig. Das Wasser, das die Lebensader des neuen Klosters darstellte, war bis auf
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