Die Pforten der Ewigkeit
ein mickriges Rinnsal versiegt.
13.
WIZINSTEN
Sie folgten dem Kanal hinauf zum See. Constantia konnte an Elsbeths Gesicht ablesen, dass die Nonne hoffte, er möge nur irgendwo verstopft sein, und gleichzeitig ahnte, dass das Problem schwerwiegender sein würde. Der gemeinsame Lachanfall im Kreuzgang hallte immer noch in Constantias Gedanken nach. Für einen Moment hatte es sich … gut, ja gut angefühlt, Elsbeth so nahe zu sein, und das Gefühl war nicht so einfach aus ihrem Herzen zu tilgen. Sie hatte die Bemühungen der Schwester um ihre Freundschaft ein Stück weit an sich herangelassen, weil allzu große und vor allem unbegründete Schroffheit mit Sicherheit Argwohn erregt hätte. Dabei hatte sie festgestellt, dass es einfacher war, Schwester Elsbeth zu mögen, als den Gedanken aufrechtzuerhalten, dass sie nur ein Werkzeug war, das möglicherweise zerstört werden musste, um Meffridus zu schaden. Und wie viele Menschen gab es schon hier in Wizinsten, die Constantia offene Sympathie entgegenbrachten? Ihr Vater hatte sein Herz gegen sie verhärtet, ihre Mutter hatte Zuflucht im Gebet gesucht …
Meffridus, sagte ihre innere Stimme. Am Anfang wollte er deinen Körper, aber jetzt fühlt er für dich …
Sie würgte die Stimme ab. Was immer Meffridus fühlte, er würde teuer dafür bezahlen!
Constantia war in den Kreuzgang gegangen, weil dort die beste Chance bestand, Schwester Elsbeth zu treffen. Sie hatte das Warten nicht mehr ausgehalten. Wieso unternahm der verdammte Zisterzienser-Baumeister nichts? Sie hatte ihm das Mittel für den Untergang der Schwestern hier in Wizinsten doch in die Hand gegeben! Sie hatte geahnt, dass derartige Anschuldigungen vor allem für die Zisterzienser, die sich zugutehielten, mit der Korruption der anderen Orden nichts zu schaffen zu haben, zu schwerwiegend waren, als dass Bruder Hildebrand allein gegen Schwester Elsbeth und die anderen Nonnen zu Felde gezogen wäre. Sie hatte sogar darauf gebaut, dass er seinen Abt zu Rate zog, und dieser womöglich das Generalkapitel des Ordens. Stattdessen … Stille. Frieden. Ungehinderte Bautätigkeit, ungehinderte Freundlichkeit seitens Schwester Elsbeths … Constantia war überzeugt, dass Elsbeth ihr das Herz ausgeschüttet hätte, wenn sie mit ungerechtfertigten Anschuldigungen konfrontiert worden wäre, und zwar spätestens vorhin, bei ihrem vermeintlich unverhofften Zusammentreffen; Constantia hatte mit Bedacht diesen Zeitpunkt gewählt, weil Elsbeth innerlich aufgewühlt und beunruhigt sein würde wegen Wilbrands Tatenlosigkeit. Doch allem Anschein nach hockte Bruder Hildebrand auf der besten Waffe, die Constantia ihm in die Hand gespielt hatte, und setzte sie nicht ein! Sie hasste den Zisterzienser beinahe ebenso, wie sie Meffridus hasste.
Elsbeth war vor ihr auf dem Damm. Constantia sah, wie sie überrascht stehen blieb und dann die Fäuste ballte. Als sie selbst keuchend den Rand erklommen hatte, erkannte sie den Grund für die Blockade des Kanals – und wusste, dass das Wasser so schnell nicht wieder fließen würde. Zu ihrem eigenen Erstaunen fühlte sie zuerst Mitleid mit Elsbeth, bevor die Erkenntnis einsetzte, dass diesmal das Schicksal selbst dem Baufortschritt von Porta Coeli einen schweren Schlag versetzt hatte.
Der See war immer noch voller Treibgut von der Rodung des Steinbruchs gewesen. Der stete Abfluss durch den Kanal hatte die Stämme, Äste und das langsam verfaulende Gestrüpp von Anfang an immer wieder zum Kanaleingang gesaugt, doch Wilbrand hatte darauf geachtet, alle paar Tage Männer nach oben zu schicken, um die Blockaden zu beseitigen. Was zu bergen war, wurde geborgen, der Rest mit langen Stangen und Seilen beiseitegeschleppt. Ganz offensichtlich hatte Wilbrand das in der letzten Zeit vernachlässigt, und wie es immer war mit Arbeiten, die unbeliebt, schwer und wegen der kühlen Witterung zunehmend strapaziös wurden – in der Regel fiel man mindestens einmal dabei ins Wasser –, hatte sich niemand freiwillig darum beworben. Und nun verstopfte nicht nur das übliche Kleinzeug den Abfluss, sondern auch ein großer ineinander verfilzter Haufen, der bisher an der Wand des Steinbruchs festgehangen war und den der Sturm vor zwei Tagen losgerissen haben musste. Die Blockade war eine mindestens zwei Dutzend Mannslängen im Quadrat messende Angelegenheit, die keine Macht der Welt so schnell würde lösen können. Elsbeth betrachtete sie voller Entsetzen.
Constantia drehte sich um. Ein paar von
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