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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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instinktiv. Schließlich wandte sie sich ab.
    »Das ist … ein Vermögen«, stieß sie hervor.
    Meffridus zog eine Braue in die Höhe. »Man könnte damit mindestens einen Kreuzzug finanzieren«, sagte er, und es war die Wortwahl, die sie aufhorchen ließ und den Goldschimmer vor ihren Augen abschwächte.
    »Genau dafür war es gedacht, oder?«
    »Manchmal denke ich, du bist zu klug.«
    War es als Warnung gedacht? Jetzt, wo ihre Fassungslosigkeit wieder langsam abklang, stahl sich die Angst aufs Neue hervor. Wie wollte er verhindern, dass sie über diesen Hort plauderte? Doch nur, indem er sie umbrachte. War das der eigentliche Grund, weshalb er ihr den Schatz zeigte? Weil sie bereits todgeweiht war? Das Schapel bekam plötzlich ein Gewicht, als senke sich eine Schwertklinge auf ihr Haupt. Würde der herrliche Goldreif ihre Stirn immer noch schmücken, wenn Lambert irgendwo im Wald ein Grab aushob und Constantias Leichnam hineinlegte?
    Das Schweigen zwischen ihnen dauerte so lange, dass Constantia hörte, wie irgendwo in der Ferne Wasser in ein Becken tropfte – plick, plick, plick. Es schien von jenseits der Wand zu kommen.
    »Woher stammt das alles?«, fragte sie schließlich.
    »Wichtiger wäre die Frage: Wem gehört es?«
    »Dir?«
    Meffridus grinste kalt. »Ja.«
    Sie hob das Schapel von ihrem Haar.
    »Lass es dort«, sagte er. »Deine Schönheit bringt es zum Erstrahlen.«
    »Meffridus – hier liegt mehr Gold und Geschmeide, als ich mir je auf einem Haufen vorstellen konnte!«
    Jetzt lachte er. »Und was würdest du sagen, wenn ich behaupte, es ist nichts, verglichen mit dem da?«
    Er deutete auf ein massives metallenes Kästchen, das wie verloren zwischen den Truhen stand. Sie wartete, dass er etwas dazu sagte, aber er schwieg. Ihr war, als empfinge sie eine Warnung, nicht danach zu fragen. Das Kästchen war ungefähr von der Größe, die das Schmuckkästchen gehabt hatte, in dem sie die Skeletthand nach Ebra gebracht hatte. Was war hier drin? Unwillkürlich schob sich das Bild der kleinen weißen Knöchelchen vor ihre Augen. War es eine Reliquie? Was sonst konnte noch kostbarer sein als all das Geschmeide?
    »Warum zeigst du mir das alles?«, fragte sie, bevor sie die Frage zurückhalten konnte.
    Er schien darüber nachzudenken. Seine Blicke wanderten zu ihrem Unterleib, und mit einem Schock stellte sich das Gefühl des Abscheus wieder ein, dass sie etwas von ihm in sich trug. Auf einmal schien das Schapel zu schwer und so kalt, dass es brannte. Sie nahm es hastig ab.
    »Wir werden ein schöneres finden«, sagte Meffridus. Er beantwortete ihre Frage nicht, und sie stellte sie kein zweites Mal. Irgendwie war die Antwort klar; so klar, dass sie sie nicht hören wollte, weil es die einzige Möglichkeit war, die Realität weiter auf Abstand halten zu können.
    »Du wolltest vorhin wissen, woher dieses Vermögen stammt«, sagte Meffridus. »Schau.«
    Er nahm ihr das Schapel aus der Hand und deutete auf die Gravuren, die zwischen den Blüten rund um den Reif verliefen. Zuerst schienen sie nur ein sinnloses, verschnörkeltes Gekritzel zu sein, doch als Meffridus die Laterne aufnahm und ihr Licht auf das Schapel fiel, kristallisierten sich zwei atemberaubend und in ständiger Wiederholung ineinander verschlungene Figuren heraus: eine Taube und ein schlankes Tatzenkreuz, dessen Außenlinien der Kreuzarme stark gebogen waren. »Das sind Symbole der Albigenser«, erklärte Meffridus. »Du würdest sie auf den meisten Stücken hier finden.«
    »Das ist … ein Ketzerschatz?«
    »Wenn du es so nennen willst.«
    »Wie ist er hierhergekommen? Nein, wie bist du darangekommen?«
    »Er ist hier, und er ist mein. Genügt das nicht?«
    Constantia war der rasche Blick nicht entgangen, den Meffridus dem kleinen metallenen Kästchen zugeworfen hatte. Er reichte ihr das Schapel zurück, und sie nahm es und wog es in der Hand. »Was hast du vor?«
    Er lächelte erneut. »Heute stellst du mir so viele Fragen wie in all den letzten Monaten zusammen nicht.«
    Sie nahm ihren Mut zusammen. »Heute hast du mir mehr Rätsel aufgegeben als sonst.«
    Er beugte sich vor und küsste sie. Was sollte sie tun? Sie erwiderte den Kuss. Wollte er sie hier nehmen, auf dem Lager aus Ketzergold? Sie versuchte sich dazu zu zwingen, ihn zu berühren, doch da zog er sich von allein zurück.
    »Gehen wir«, sagte er. »Möchtest du es mitnehmen?«
    Sie betrachtete das Schapel. Sie schüttelte den Kopf. Er nahm es und legte es in die Truhe

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