Die Pforten der Ewigkeit
endgültig nicht mehr begehen.«
Elsbeth nickte. »Willkommen in Porta Coeli«, sagte sie. »Eine der Steinmetzhütten wird derzeit nicht gebraucht. Etliche andere schlafen schon dort; ihr könnt …«
»Wir schlafen im Wald«, sagte Drüsselstosz.
»Aber der Winter kommt!«
»Wir schlafen im Wald!«
Elsbeth zuckte unangenehm berührt die Schultern. Wilbrand stellte sich in Positur. All die anderen Arbeiter waren vor ihm niedergekniet und hatten die Hände in die seinen gelegt, wie ein Vasall, der seinem Herrn die Treue schwört. Doch Drüsselstosz und seine Kameraden ignorierten ihn. Sie stapften an ihm vorbei und musterten den Holzhaufen. Elsbeth hörte sie knappe Kommentare austauschen, wie sie an die Arbeit gehen würden. Wilbrand stand verlegen da, dann gesellte er sich zu ihnen.
»Ihr gefallt mir, Schwester«, sagte Meffridus. »Ihr schaut selbst einem geschenkten Gaul noch ins Maul.«
»Und untersuche seine Hufe, Meister Meffridus«, antwortete Elsbeth.
Meffridus lächelte. »Wenn Constantia und ich Euch zu einem Mahl einladen würden, würdet Ihr kommen?«
»Weshalb wollt ihr das tun?«
Meffridus zuckte mit den Schultern.
»Ich würde zusagen«, sagte Elsbeth, nachdem sie das Gefühl hatte, einen Moment länger gezögert zu haben, als anständig war.
»Ich lasse Euch benachrichtigen.«
»Wo hast du die Männer her, Meffridus? Kommen sie wirklich aus Ebra?«
Meffridus nickte.
»Was läuft zwischen dir und dem Einäugigen?«
»Nur das Maul und die Hufe, Schwester«, sagte Meffridus. »Einem geschenkten Gaul kann man nicht ins Herz blicken, oder?«
Als sie allein wieder den Galgenberg hinuntermarschierte, dachte Elsbeth darüber nach, was sie empfand. Sie war den Berg hochgeklettert im Bewusstsein, dass ihre Pläne vereitelt waren. Nun ging es weiter. Erneut hatte sich der Wind in der letzten Minute gedreht.
Sie fragte sich, warum sie diesmal weder Freude noch Erleichterung empfand. Stattdessen hatte sie das tiefe Gefühl, dass sie, wenn sie den Einäugigen und seine Freunde ihrer Wege geschickt hätte, eine nahende Katastrophe verhindern könnte.
16.
WIZINSTEN
Constantia starrte blicklos aus dem Fenster ihrer Schlafkammer auf die Mühlgasse.
Sie wurde Mutter.
Sie trug Meffridus’ Bastard im Leib.
Schwester Adelheid hatte ihr auf die Schulter geklopft, als sie sich übergeben und übergeben hatte, und ihr übers Haar gestreichelt und erklärt, dass es für werdende Mütter vollkommen normal war, Übelkeit zu empfinden. Die Närrin! Welchen Kraftaufwand es Constantia jedes Mal gekostet hatte, nach dem Beischlaf mit Meffridus nicht ins Bett zu kotzen, wenn sie nur daran dachte, dass sein Samen auf ihr oder in ihr war! Doch jetzt ließ sich nicht mehr verdrängen, dass viel mehr von Meffridus in ihr war.
Sein Kind entstand in ihr. Sein Kind.
Unwillkürlich horchte sie in sich hinein, ob sie es bereits spürte. Ihr Magen hob sich erneut. Sie fühlte sich nicht anders als sonst, und doch war es da, wuchs und wuchs, wucherte in ihrem Fleisch heran, heimlich und lautlos, ernährte sich so unmerklich von ihrem Blut, wie sein Erzeuger sich seit Jahren vom Blut der Stadt ernährte.
Seit sie aus der Obhut der Schwestern zurückgekehrt war, hatte sie sich fast ausschließlich in der Schlafkammer aufgehalten. Ella Kalps Revier war das Erdgeschoss mit der Stube, und Constantia hielt es keinen Augenblick länger als nötig aus, in ihrer und Ursis Gegenwart zu sein. Sie hätte nach draußen gehen können, doch …
… doch da war die Gefahr zu groß, dass ihr die Gespenster begegneten. Die drei, die sie sich einbildete, und das eine, das wirklich da war, mit seinem einen Auge und seinem entstellten Gesicht.
O Gott, warum hatte Meffridus zugelassen, dass Rudeger zurückgekommen war?
O Gott, wieso hatte sie zugelassen, dass Meffridus sie schwängerte?
Sie lehnte den Kopf an den Fensterrahmen und dachte an das Getue, das die Klosterschwestern mit ihr vollführt hatten, allen voran Schwester Elsbeth. Sie hatte auch noch Tränen in den Augen gehabt, als sie sie nach Hause gebracht hatte. Constantia hatte sich nur zurückhalten können, indem sie sich vorgestellt hatte, wie sie Elsbeth fragte, ob Klosterschwestern sich auch über die eigenen Kinder derartig freuten … die Kinder, die zum Verschmachten in unterirdischen Gängen abgelegt wurden und die die Gesichtszüge von Bischöfen, Äbten und ganz einfachen Mönchen aus dem Nachbarkloster trugen. Sie hasste sie, sie hasste das ganze
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