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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Tanzlieds hallten in ihrem Kopf: Ihr kämpft mit mir, so lang ihr lebt! Ich sieg in jedem Falle! So ihr von einem mich vertreibt, hol ich euch morgen ALLE!

9.
NAMENLOSES KAFF IN TERRA SANCTA
     

     
    Der Mann, der Rogers gerettet hatte, trat auf, als gehöre ihm nicht nur das Dorf, sondern das ganze Land. Ein halbes Dutzend schwerbewaffneter Krieger verlieh seinem Benehmen die nötige Autorität, aber Rogers ahnte, dass er sich, hätte er ganz allein hier gestanden, kaum anders betragen hätte. Rogers suchte unwillkürlich in der Menschenmenge nach dem Dorfhelden, der eigentlich hätte aufbegehren müssen, wenn er seinen eigenen Führungsanspruch nicht in Frage stellen lassen wollte. Doch der waffenstarrende Bursche mit dem kostbaren Gewand und der hatta auf dem Kopf war nirgendwo zu sehen. Ein zweiter Blick auf die Eskorte von Rogers’ rettendem Engel ließ erkennen, dass diese Taktik des Dorfhelden die klügere war. Auch die Leibwächter des persischen Händlers hatten die Bogen gesenkt und die Sehnen locker gelassen. Sein Erscheinen hatte den Bann gebrochen, der über den Dörflern gelegen hatte: Wimmernde Angehörige hatten sich um die Blessierten geschart, die Rogers’ Raserei zum Opfer gefallen waren.
    »Ihr wolltet den Christen kreuzigen?«, rief Rogers’ Retter. »Hat der Prophet dies nicht ausdrücklich verboten?«
    Die Dörfler scharrten mit den Füßen. Einer deutete auf Alice de Chacenays Käufer. »Er hat es gewollt …«
    »Ist er der Herr eures Dorfes?«
    »Nein …«
    »Ist er der Herr eurer Herzen?«
    »Nein …«
    »Weshalb seid ihr ihm dann gefolgt?«
    »Der Christenhund ist ein Sklave!«, rief jemand aus den hinteren Reihen.
    »Ihr stellt also den Status eines Christen über das Wort des Propheten!?«
    Diesmal blieben die Dörfler die Antwort schuldig. Alices Herr rappelte sich mühsam auf. Seine Nase hing in seinem Gesicht wie eine Melone.
    »Er hat mich angegriffen …«, schnorchelte er.
    »Ich werde dafür sorgen, dass er bestraft wird«, rief Rogers’ Retter. »Was hast du für ihn bezahlt?«
    »Äh … äh …?« Eine zögerliche Stimme aus der Menge. Rogers kannte sie: der persische Händler.
    »Was?«, schnappte der Neuankömmling.
    Rogers’ Besitzer trat vor, mehr von den ihn umgebenden Dörflern geschubst als aus eigenem Willen. »Äh … eigentlich gehört der Mann … äh … mir!«
    »Wie auch immer. Ich kaufe ihn und führe ihn seiner gerechten Strafe zu! Nenn mir den Preis.«
    »Hä?«
    »Den Preis!« Der Neuankömmling trat zu Rogers, packte ihn am Oberarm, zerrte ihn ein paar Schritte nach vorn, raunte aus dem Mundwinkel und in Occitan, Rogers’ Muttersprache: »Spiel das Spiel mit, wenn du leben willst!«, und rief dann wieder: »Nenn mir den Preis!«
    Die Blicke des Händlers huschten zwischen Rogers, seinem Retter und Alice de Chacenays Käufer hin und her. Er schien zu überlegen, welchen Preis er wem in den letzten paar Minuten genannt hatte und ob jemand Einspruch erheben würde, wenn er ihn nun erhöhte. Er fasste sich sichtlich ein Herz.
    »Fünfzig Denare!«, verkündete er. »Und damit schneide ich mir selbst ins Fleisch.«
    Rogers’ Retter machte eine gleichmütige Kopfbewegung zu einem Mann aus seiner Eskorte hin. Dieser zählte aus einer Börse an seinem Gürtel das Geld und überreichte es dem Händler. Der Perser blinzelte. Über sein Gesicht huschte ein Ausdruck von Dankbarkeit und gleich darauf Grimm, weil ihm bewusst wurde, dass er ebenso gut siebzig Denare hätte verlangen und bekommen können.
    »Vorhin war ich noch dreißig wert«, sagte Rogers in Occitan. »Du hast ein schlechtes Geschäft gemacht.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Rogers’ Retter.
    »Du hast nicht zufällig noch ein paar Denare übrig für einen Engländer, einen Johanniter, von dem alle glauben, er sei ein Genueser, und die Gräfin von Forez?«
    »Die Gräfin von Forez?«
    Rogers nickte. Sein Retter zuckte mit den Schultern. » Du bist mein Ziel, Rogers Trencavel«, sagte er leise.
    Rogers atmete ein. »Hat mein Vater überlebt? Hat er dich ausgesandt? Er hätte nichts dagegen, dass du auch meine Kameraden rettest …«
    Der Mann musterte Rogers von Kopf bis Fuß. »Das sind nicht deine Kameraden«, sagte er. »Sie glauben es nur, weil du ihnen verschwiegen hast, dass du der Lehre von Albi anhängst.«
    Er wandte sich ab, noch bevor Rogers etwas erwidern konnte. Zwei seiner Männer traten vor und befreiten Rogers von seinem Joch. Ein dritter kam mit einem der langen,

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