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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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ließ sich nicht abwimmeln. Du hast sie kennengelernt; man wird sie kaum fordernd oder dominierend nennen können. In vielerlei Hinsicht ist sie zurückhaltender und fügsamer, als es einer Frau ihrer Stellung angemessen wäre. Aber in diesem einen Punkt bestand sie auf ihrem Willen. Und so bat sie, gegen meinen ausdrücklichen Rat, doch mit vollem Wissen ihres Mannes, Crassus, ihr ein Kind zu machen.«
    »Wann war das?«
    »Während Crassus letztem Besuch im Frühling.«
    »Warum hat Lucius es erlaubt?«
    »Lassen nicht viele Ehemänner stillschweigend zu, daß ihnen Hörner aufgesetzt werden, weil lauter Protest ihre Demütigung und ihre Scham nur noch vergrößern würden? Außerdem hatte Lucius die aberwitzige Neigung, Entscheidungen zu treffen, die ihm schadeten. Und Gelina hat an seinen Familienstolz appelliert - Crassus würde ihnen zumindest einen Erben mit licinischem Blut garantieren.
    Doch sie wurde nicht schwanger. Das einzige Ergebnis war eine Kälte, die sich zwischen Lucius und Gelina auszubreiten begann. Sie hatte natürlich genau das Falsche getan. Hätte sie irgendeinen anderen Mann als Crassus gefragt, hätte Lucius sich vielleicht einen Fetzen seiner Würde bewahren können. Doch daß sein allmächtiger Vetter auch noch eingeladen wurde, das Bett seiner Frau zu teilen - daß man Crassus bat, dem Haus, das er ohnehin völlig beherrschte, ein Kind zu schenken -, diese Erniedrigung nagte an Lucius Seele.
    Du siehst also, daß es nicht nur Unterschlagungen und Betrug waren, die es zwischen den beiden Vettern schließlich zu Mord und Totschlag kommen ließ. Crassus kann sehr kaltherzig und brutal sein; und Lucius Scham stach diesen wie eine Dornenkrone. Wer weiß, welche Worte in jener Nacht in der Bibliothek geflüstert wurden? Und am Ende war einer von beiden tot.«
    Ich blickte gen Himmel. »Und jetzt werden alle Sklaven des Hauses sterben. Römische Gerechtigkeit.«
    »Nein!« Alexandros sprang auf. »Es muß doch irgend etwas geben, was wir tun können.«
    »Nichts«, flüsterte Olympias und griff nach seinem Arm. Doch er wich zurück, und sie faßte ins Leere.
    »Vielleicht...« Ich blinzelte ins Sonnenlicht, das jetzt über das Ziegeldach fiel. Die Zeit raste dahin. Die Spiele hatten vielleicht schon begonnen. »Wenn ich Crassus in Gelinas Beisein direkt mit den Vorwürfen konfrontieren könnte. Wenn Alexandros ihn sehen und mit Sicherheit identifizieren könnte -«
    »Nein!« Olympias baute sich zwischen uns auf. »Alexandros darf Cumae nicht verlassen.«
    »Wenn wir nur den Umhang hätten - den blutbefleckten Umhang, aus dem Crassus sein Siegel herausgerissen hat, bevor er sich seiner am Straßenrand entledigte! Wenn ihn mir die Angreifer gestern nacht nur nicht entwendet hätten. Die Angreifer... O Eco!«
    Und dann tauchte der Umhang auf, trieb aus dem dunklen Schatten des Hauses ins helle Sonnenlicht, in die Höhe gehalten von Eco selbst, der sich lächelnd den Schlaf aus den Augen blinzelte.
    VIERUNDZWANZIG
    »Aber ich dachte, das wüßtest du«, sagte Iaia immer wieder. »Ich dachte, Olympias hätte es dir erzählt.« Sie vergaß, daß Olympias, als Eco in der Nacht atemlos an ihre Tür geklopft hatte, sich schon davongeschlichen hatte, um mit Alexandros in der Meereshöhle zu schlafen, so daß sie nicht wissen konnte, daß Eco während all unserer Debatten und Schlußfolgerungen tief und fest im Haus geschlafen hatte, den schmutzigen, blutbefleckten Umhang umklammernd, den er vor den Angreifern gerettet hatte.
    »Ich komme mir vor wie eine Idiotin. Da sitze ich hier und versuche, dich mit meinen Deduktionen zu beeindrucken, während ich dir schon die ganze Zeit hätte sagen sollen, was du am drängendsten wissen wolltest - daß dein Sohn sicher und gesund unter meinem Dach lag!«
    »Das Wichtigste ist, daß er hier ist«, sagte ich schluckend, um die plötzliche Heiserkeit aus meiner Stimme zu vertreiben. Ich blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten, die Ecos schmutzverziertes Gesicht vor meinen Augen verschwimmen ließen. Ich drückte ihn fest an mich und machte dann einen Schritt zurück, weil eine unvermittelte Atemlosigkeit mich tief seufzen ließ.
    »Als er gestern Nacht zu mir kam, erkannte ich, daß er zwar verängstigt und erschöpft, aber nicht verletzt war«, sagte Iaia. »Er versuchte verzweifelt, mir etwas zu sagen - doch ich konnte ihn nicht verstehen. Ich habe ihm einen Beruhigungstrank zubereitet. Zuletzt gab er mir zu verstehen, ich solle ein Wachstäfelchen und einen

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