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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Griffel holen; doch als ich damit zurückkam, schlief er schon tief und fest. Ich mußte zwei Sklaven wecken, die ihn ins Bett getragen haben. Ich habe noch ein-oder zweimal nach ihm gesehen; er hat die ganze Nacht durchgeschlafen wie ein Stein.«
    Eco betastete behutsam den Verband um meinen Kopf.
    »Das? Ist gar nichts; eine kleine Beule, um mich daran zu erinnern, daß ich im Wald vorsichtiger sein sollte.«
    Das Lächeln auf seinen Lippen erstarb. Er wandte den Blick ab und sah tief beunruhigt aus. Ich konnte die Ursache seiner Beschämung nur vermuten: Er hatte mich nicht vor den Angreifern warnen, mich nicht retten können, und anstatt Hilfe zu schicken, war er unwillentlich fest eingeschlafen.
    »Ich bin auch eingeschlafen«, flüsterte ich ihm zu. Er schüttelte düster den Kopf, wütend nicht auf mich, sondern auf sich selbst. Er verzog das Gesicht und zeigte auf seinen Mund. Ich verstand ihn so deutlich, als hätte er laut gesprochen: Wenn ich nur sprechen könnte wie die anderen, hätte ich dir bei dem Felsvorsprung eine Warnung zurufen können. Ich hätte Iaia erzählen können, daß du verwundet alleine im Wald zurückgeblieben bist. Und ich könnte alles sagen, was ich in diesem Moment zu sagen habe!
    Ich legte meinen Arm um ihn, um ihn von den anderen abzuschirmen. Ich spürte, wie er an meinen Körper gedrängt zitterte. Ich blickte über seine Schulter und erkannte, daß Olympias und Alexandras warmherzig lächelten, weil sie nur unsere Wiedersehensfreude sahen. Ich ließ ihn los, und während Eco sich dem weiten Meer zuwandte, um seine Fassung. zurückzugewinnen, nahm ich den blutbefleckten Umhang aus seinen zitternden Hände; »Das Wichtigste ist, daß wir jetzt den Umhang haben!«
    »Das ändert gar nichts«, wandte Olympias ein. »Sag es ihm, Iaia.«
    Iaia musterte mich von der Seite und schürzte die Lippen. »Ich bin mir nicht sicher...«
    Alexandros trat vor. »Wenn es irgendeinen Weg gibt, Crassus von der Tötung der Sklaven abzuhalten -«
    »Vielleicht«, sagte ich und versuchte nachzudenken. »Vielleicht ...«
    »Ich wäre nie die ganze Zeit in der Höhle geblieben, wenn ich gewußt hätte, was los ist«, sagte Alexandros. »Du hättest mich nicht täuschen dürfen, Olympias, nicht einmal, um mich zu retten.«
    Olympias blickte zwischen unseren Gesichtern hin und her, zunächst verzweifelt, dann mit zunehmend wissender Miene. »Ich werde nicht alleine zurückbleiben«, erklärte sie leise, aber bestimmt. »Ich komme mit euch. Was immer geschieht, ich muß dort sein.«
    Alexandros wollte sie umarmen, doch nun war sie es, die zurückwich. »Wenn es also sein muß, sollten wir uns unverzüglich auf den Weg machen«, sagte sie. »Die Sonne steigt immer höher. Die Spiele werden in Kürze beginnen.«
    Der Sklave, der unsere Pferde holte, musterte mich seltsam, offenbar verwirrt wegen des Verbands um meinen Kopf. Als er Alexandros sah, stockte ihm der Atem, und er erbleichte. Iaia und Olympias hatten es geschafft, selbst ihre Haussklaven zu täuschen. Jetzt machte Iaia sich nicht mehr die Mühe, den Mann zur Verschwiegenheit zu verpflichten; in Kürze würde man am ganzen Golf wissen, daß der entflohene thrakische Sklave noch unter ihnen weilte.
    »Iaia, kommst du?« fragte Olympias.
    »Ich bin zu alt und zu langsam«, erwiderte Iaia. »Ich werde mich in meinem eigenen Tempo auf den Weg zur Villa machen und dort auf Neuigkeiten warten.« Sie trat neben mich und machte mir ein Zeichen, mich von meinem Pferd herabzubeugen, um mir leise etwas ins Ohr zuflüstern. »Bist du dir deiner Sache sicher, Gordianus? Crassus so herauszufordern... sich in die Höhle des Löwen zu begeben...«
    »Ich glaube, ich habe keine andere Wahl, Iaia. So haben mich die Götter gemacht.«
    Sie nickte. »Ja, die Götter verleihen uns Gaben, ob wir darum gebeten haben oder nicht, und dann lassen sie uns keine andere Wahl, als sie auch anzuwenden. Wir können den Göttern so manches vorwerfen.« Sie senkte ihre Stimme. »Doch ich finde, du solltest wissen, daß die Götter deinen Sohn nicht stumm erschaffen haben.«
    Ich runzelte die Stirn und sah sie verstört an.
    »Als ich in der Nacht ein paarmal nachgesehen habe, ob er auch fest schläft, habe ich ihn nach dir rufen hören.«
    »Was? Rufen? Mit Worten?«
    »So deutlich, wie ich jetzt zu dir spreche«, flüsterte sie. »Er sagte: >Vater, Vater.<«
    Ich richtete mich auf und sah sie verwirrt an. Sie hatte keinen Grund, mich oder sich selbst zu täuschen, doch wie konnte

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