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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Kopf, so daß ich schließlich nach dem Becher mit der Weidenrinde und dem Nepenthes griff und ihn leerte. »Nein. Das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
    »Trotzdem«, beharrte Alexandros, »hat Zeno gesagt, Crassus wäre mit unserem Herrn in der Bibliothek gewesen, und das Gesicht unseres Herrn wäre weiß gewesen wie die Toga eines Senators. Zeno begann, im Stall auf und ab zu laufen und sorgenvoll den Kopf zu schütteln. Ich sagte ihm, daß wir nichts tun könnten; wenn der Herr sich in eine Klemme gebracht hatte, wäre das sein Problem. Aber Zeno meinte, wir sollten an der Tür zur Bibliothek lauschen. Ich erklärte ihm, er wäre verrückt, und drehte mich um, um weiterzuschlafen. Doch er gab keine Ruhe, bis ich mich aus dem Stroh erhob und ihm auf den Hof folgte.
    Es war eine sternklare Nacht, aber sehr windig. Über unseren Köpfe rauschten die Bäume wie Geister, die ihre Köpfe schüttelten und flüsterten nein, nein. Ich hätte wissen müssen, daß etwas Schreckliches passieren würde. Zeno lief bis zur Tür vor und öffnete sie. Ich folgte ihm.« Alexandros runzelte die Stirn. »Es fallt mir schwer, mich an das zu erinnern, was dann geschah, weil alles so schnell ging. Wir waren in dem kurzen Flur, der ins Atrium führt. Plötzlich wich Zeno so ruckartig zurück, daß er gegen mich prallte und mich fast umgerissen hätte. Er atmete hektisch und fing an zu blubbern. Über seine Schulter hinweg sah ich einen Mann in Uniform, der auf den Knien hockte und eine Lampe hielt. Neben ihm lag die Leiche unseres Herrn, sein Kopf war eingeschlagen und blutig.«
    »Und dieser Mann war Crassus?« fragte ich ungläubig.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe sein Gesicht nur für den Bruchteil eines Augenblicks gesehen. Oder vielleicht habe ich es auch gar nicht gesehen; die Lampe warf seltsame Schatten, und er kniete fast völlig im Dunkeln, glaube ich. Selbst wenn ich ihn deutlich gesehen hätte, hätte ich ihn nicht erkannt. Ich habe dir doch erzählt, daß ich Crassus noch nie gesehen hatte. Ich erinnere mich nur noch an den Anblick unseres Herrn - sein lebloser Körper, sein zertrümmertes, blutendes Gesicht. Der Mann stellte die Lampe ab und sprang auf; ich sah sein Schwert im Schein der Lampe aufblitzen wie eine Flamme. Er sprach leise, nicht ängstlich, nicht wütend, sondern kalt, sehr kalt. Er beschuldigte uns des Mordes an unserem Herrn! >Dafür werdet ihr bezahlend sagte er. >Ich werde dafür sorgen, daß ihr beide an einen Baum genagelt werdet! <
    Zeno packte mich und zerrte mich aus der Tür quer über den Hof in den Stall. >Pferde!< rief er. >Wir müssen fliehen!< Ich tat, was er gesagt hatte. Wir bestiegen zwei Pferde und waren aus der Tür, bevor der Mann uns folgen konnte. Trotzdem ritt Zeno wie ein Verrückter. >Wohin können wir gehen <, fragte er immer wieder kopfschüttelnd und weinend, wie ein Sklave vor einer Auspeitschung. >Wohin können wir gehen? Unser armer Herr ist tot, und man wird uns die Schuld geben !< Ich dachte an Olympias und Iaias Haus in Cumae. Ich war ein paarmal dort gewesen, um Vorräte hin und her zu tragen. Ich glaubte, ich könnte den Weg im Dunkeln finden, aber es war nicht so leicht, wie ich gedacht hatte.«
    »Die Erfahrung habe ich auch gemacht«, sagte ich.
    »Wir ritten zu schnell, der Wind wurde immer heftiger, so daß wir uns selbst schreiend nicht verständigen konnten, und der Nebel senkte sich über uns. Zeno wurde von einer geradezu wahnsinnigen Panik ergriffen. Dann bogen wir falsch ab und landeten an der Klippe oberhalb des Averner Sees. Mein Pferd kannte mich und warnte mich rechtzeitig, trotzdem wäre ich fast hinuntergestürzt. Aber Zeno war mit Pferden fast überhaupt nicht vertraut. Als das Tier versuchte anzuhalten, muß er es getreten haben und wurde abgeworfen. Ich sah ihn verschwinden, sah ihn kopfüber in die Tiefe stürzen, als ob der Nebel ihn verschluckt hätte. Dann Stille. Und schließlich von ferne ein leises Platschen, als ob ein Mann in seichtes Wasser und Schlamm gefallen wäre.
    Dann schrie er. Seine Stimme stieg aus der Dunkelheit auf - ein langer schrecklicher Schrei. Dann wieder Stille.
    Ich versuchte, im Dunkeln zum Ufer hinabzuklettern, doch die Bäume, der Nebel und die Schatten machten mir Angst. Ich rief seinen Namen, doch er antwortete nicht, ich hörte nicht einmal ein Stöhnen. Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Was?«
    »Der Ausdruck auf deinem Gesicht, Gordianus - so merkwürdig, als wärest du selbst dort gewesen.«
    »Mir ist

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