Die Pforten Des Hades
Feuer saßen. Einer von ihnen erkannte mich und nickte mir zu. Das Stalltor hinter ihnen war angelehnt, drinnen sah ich die Sklaven in Gruppen um kleine Lampen hocken. Über dem leisen Gemurmel der Gespräche hörte ich jemanden fauchen, »Verschwinde, du Landplage!« und ich wußte, daß Meto unter ihnen sein mußte.
Ich wandte mich wieder der Villa zu und atmete tief ein. Es war völlig windstill; die hohen Bäume um das Haus standen aufrecht und stumm. Heute Nacht schien die ganze Welt seltsam wach und vom Mond verzaubert.
Ich überquerte den Hof und hörte das leise Knirschen der Kiesel unter meinen Füßen. Auf der Schwelle zum Haus zögerte ich; statt die Villa zu betreten, drückte ich mich unter dem Portikus herum, bis ich an eines der Fenster der Bibliothek kam. Die Vorhänge waren nur halb zugezogen, und der Raum war hell erleuchtet. Drinnen saß Marcus Crassus in seinen Chlamys gehüllt und brütete, einen Becher Wein in der Hand, über einem Stapel entrollter Schriftstücke. Ich sah nicht, daß er aufblickte, doch nach einer Weile sagte er: »Du mußt nicht mehr da draußen rumschleichen, Gordianus; du hast zu Ende spioniert. Komm rein. Und bitte nicht durchs Fenster - dies ist ein römisches Haus, keine Bruchbude.«
Ich ging zur Eingangstür zurück und durchquerte die Halle. Aus der Dunkelheit blickten die Wachsmasken von Lucius Licinius Vorfahren auf mich herab, finster, aber zufrieden. Ich kam ins Atrium, wo der Weihrauchduft den in der Luft hängenden Verwesungsgeruch endlich vertrieben hatte. Mondlicht fiel durch das offene Dach wie eine Säule aus flüssigem Opal. Ich hielt meine Lampe hoch und betrachtete die Inschrift auf dem Boden. SPARTA. Im flackernden Licht der Lampe und dem blassen Mondschein glänzten die grob in den Stein gekratzten Buchstaben golden und silbern, so als ob nicht bloß ein sterblicher Mörder, sondern ein vorüberziehender Gott sie mit der Fingerspitze gezeichnet hätte.
Vor der Bibliothek war keine Wache postiert, und die Tür stand offen. Crassus drehte sich nicht um, noch blickte er auf, als ich eintrat, sondern wies nur stumm auf den Stuhl zu seiner Linken. Nach einer Weile schob er die Schriftrollen beiseite, rieb sich über die Nase und holte einen zweiten silbernen Becher hervor, den er aus einer Tonflasche bis zum Rand füllte.
»Ich bin nicht durstig, Marcus Crassus, vielen Dank.«
»Trink«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. Gehorsam führte ich den Becher an die Lippen. Der Wein war dunkel und vollmundig und verbreitete eine wohlige Wärme in meiner Brust.
»Falerner«, sagte Crassus. »Aus dem letzten Jahr der Diktatur Sullas. Ein ausgezeichneter Jahrgang, Lucius Lieblingswein. Es war nur noch eine Flasche im Keller übrig. Jetzt ist keine mehr da.« Er goß sich seinen eigenen Becher noch einmal voll und schenkte die letzten Tropfen in meinen Kelch.
Ich nippte daran, das Bouquet einatmend. Der Wein war ebenso verzaubernd wie das Mondlicht. »Kein Mensch schläft heute nacht in diesem Haus«, sagte ich leise. »Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben.«
»Die Zeit bleibt nie stehen«, sagte Crassus bitter.
»Du bist nicht zufrieden mit mir, Marcus Crassus, obwohl ich nur getan habe, wofür ich engagiert wurde. Alles andere wäre eine Mißachtung des großzügigen Honorars gewesen, das du mir versprochen hast.«
Er sah mich von der Seite an. Seine Miene war undurchdringlich. »Keine Sorge«, sagte er schließlich, »du wirst dein Geld bekommen. Ich bin schließlich nicht der reichste Mann Roms geworden, indem ich kleine Mietlinge um ihren Lohn betrogen habe.«
Ich nickte und nahm einen Schluck von meinem Falerner.
»Weißt du«, sagte Crassus, »als du heute in der Arena mit rollenden Augen deine leidenschaftliche Rede vorgetragen hast, habe ich einen Moment lang gedacht, daß du mich des Mordes an Lucius beschuldigen wolltest.«
»Sag bloß«, erwiderte ich.
»Ja. Wenn du dir eine derartige Frechheit herausgenommen hättest, hätte ich wahrscheinlich einer der Wachen befohlen, gleich an Ort und Stelle einen Speer in dein Herz zu treiben. Niemand hätte diese Tat hinterfragt. Ich hätte mich auf Notwehr berufen; du trugst ein Messer bei dir, sahst aus wie ein Verrückter und hast wirres Zeug geredet wie Cicero an einem schlechten Tag.«
»Du hättest dergleichen nie getan, Marcus Crassus. Hättest du mich direkt nach meinen öffentlichen Anschuldigungen töten lassen, hättest du damit bei allen Anwesenden nur ein Korn des
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