Die Pforten Des Hades
haßerfüllter Gesichter, die auf sie herunterstarrten. Man sagt, am Boden einer Arena liegend, könne ein Mensch die Götter nicht erkennen; wenn er aufblickt, sieht er nur leeren blauen Himmel.
Unter den Sklaven entdeckte ich jetzt auch Apollonius, der seinen rechten Arm um den alten Mann gelegt hatte, den er schon im Anbau getröstet hatte. Ich suchte nach Meto, konnte ihn aber nirgends sehen; mein Herzschlag setzte aus, und ich glaubte einen Moment lang, daß er irgendwie entkommen sein mußte. Doch dann tauchte er neben Apollonius auf, lief auf ihn zu und umklammerte sein Bein.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Crassus trocken.
»Nein, Marcus Crassus!« rief ich und zeigte in die Arena. »Was hat das zu bedeuten?«
Er starrte mich wütend und mit schweren Lidern an wie eine Echse, doch seine Stimme klang fest. »Du siehst ziemlich mitgenommen aus, Gordianus. Sieht er nicht schrecklich aus, Gelina? Als ob ihn der Schlund des Hades halb verdaut wieder ausgespuckt hätte. Wie ich sehe, hast du dir die Stirn verletzt - vermutlich beim Rennen gegen eine Wand. Ist das Erbrochenes auf deiner Tunika?«
Ich hätte vielleicht geantwortet, doch mein Herz raste, und das Pochen in meinem Kopf war wie Donner.
Crassus preßte seine gespreizten Finger gegeneinander. »Du fragst mich, was das zu bedeuten hat? Ich nehme an, du meinst, was hier vor sich geht? Nun, da du offenbar verspätet eingetroffen bist, werde ich es dir erklären. Die Gladiatorenkämpfe sind schon vorbei. Einige Gladiatoren haben überlebt, andere sind zu Tode gekommen; der Schatten von Lucius ist sehr zufrieden, genau wie die Menge. Inzwischen hat man die Sklaven in den Ring geführt - bewaffnet, wie du sehen kannst, genau wie die Lumpenarmee, die sie darstellen. Ich werde jetzt gleich auf das kleine Podium dort hinter dir steigen, damit die Menge mich hören und sehen kann, und ein überaus prachtvolles und erhabenes Schauspiel ankündigen, die öffentliche Vollstreckung römischen Rechts und eine lebendige Parabel des göttlichen Willens.
Die Sklaven meines Gutes hier in Baiae sind von den aufwieglerischen Blasphemien Spartacus und seinesgleichen infiziert worden. Sie waren Komplizen bei der Ermordung ihres Herrn; dafür sprechen zumindest sämtliche Beweise, und auch du warst nicht in der Lage, das Gegenteil zu beweisen. Diese Sklaven sind nutzlos geworden, sie können nur noch anderen als Beispiel dienen. In dem Schauspiel, das ich vorbereitet habe, werden sie das repräsentieren - ja, sie werden es verkörpern -, was die Menge am meisten fürchtet und verachtet: Spartacus und seine Rebellen. Deshalb habe ich sie auch bewaffnen lassen, verstehst du?«
»Warum gibst du ihnen keine echten Waffen?« erwiderte ich. »Waffen wie die Schwerter und Speere, die ich im Wasser vor dem Bootshaus gefunden habe?«
Crassus schürzte die Lippen und fuhr dann fort, ohne mich zu beachten. »Einige meiner Soldaten werden die Macht und Ehre Roms repräsentieren - stets wachsam und immer zu neuen Eroberungen bereit unter der Führung ihres Feldherren Marcus Licinius Crassus. Meine Soldaten machen sich schon bereit, und sobald ich das Schauspiel eröffnet habe, werden sie mit Trompetenschall und Trommelwirbel durch das gegenüberliegende Tor einziehen.«
»Was für eine Farce!« zischte ich. »Sinnlos und unmenschlich grausam! Ein blutiges Gemetzel!«
»Natürlich ein Gemetzel!« Crassus Stimme wurde scharf wie ein Feuerstein, schneidend von kalter Wut. »Was sollte auch sonst geschehen, wenn meine Soldaten auf eine Bande aufständischer Sklaven treffen? Dies ist nur ein Vorgeschmack aufkommende ruhmreichen Schlachten, wenn Rom mir den Oberbefehl über seine Legionen gegeben hat und ich gegen die rebellischen Sklaven in den Kampf ziehen werde.«
»Es ist peinlich«, murmelte Mummius angewidert. Sein Gesicht war aschfahl. »Eine Schande! Römische Soldaten gegen alte Männer, Frauen und Kinder mit Spielzeugwaffen aufmarschieren zu lassen! Darin liegt keine Ehre! Diese Männer sind nicht stolz, glaube mir, und ich bin es auch nicht -«
»Ja, ja, Mummius, ich kenne deine Gefühle.« Crassus Stimme brannte jetzt wie Säure. »Du läßt dich von fleischlicher Lust und dekadenter griechischer Sentimentalität blenden. Du weißt nichts von der wahren Schönheit, der wahren Poesie - der rauhen, kargen, unversöhnlichen Poesie Roms. Und von Politik verstehst du sogar noch weniger. Glaubst du etwa, es würde keine Ehre darin liegen, Lucius Licinius Tod zu rächen, den
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