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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Sache in die Hand und bestand darauf, daß Eco in ihr Zimmer gebracht wurde, wo sie lange nachdachte. Schließlich sandte sie Olympias zu ihrem Haus in Cumae, um Salben und Kräuter zu holen. Bald war die Luft in dem Zimmer vom Qualm der Roste und Dampf aus kleinen Kesseln erfüllt. Iaia weckte Eco aus seinem unruhigen Schlaf, um ihm seltsame Mixturen einzuflößen und ihn hinter den Ohren und um die Lippen mit einer übelriechenden Lösung einzureiben. Mir verschrieb sie eine starke Dosis Nepenthes (»Es wird dich zumindest für ein paar Stunden weit von diesem Ort wegführen, und das ist genau das, was du brauchst«), doch ich weigerte mich, es zu trinken.
    Es wurde Abend, ohne daß die üblichen Rituale den Lauf des Tages regulierten. Ein Abendessen wurde nicht serviert; die Leute schlichen sich in die Küche, um von den Resten des Leichenschmauses zu naschen, oder knabberten an Köstlichkeiten, die sie sich von den Spielen mitgebracht hatten. Ohne Sklaven, die die Betten machen und die Lampen anzündeten, die die Stunden mit dem nie endenden Kreislauf ihrer alltäglichen Verrichtungen markierten, schien die Zeit stillzustehen; trotzdem wurde es irgendwann dunkel.
    In jener Nacht muß Morpheus die Villa in Baiae übergangen haben. Sein Zauber bedeckte die ganze Welt, doch die Bewohner dieses einen Hauses hatte er übersehen; in jener Nacht fand dort niemand Schlaf, sondern nur die Dunkelheit und Stille einer langen Nacht. Zusammen mit laia und Gelina hielt ich Wache in Ecos Zimmer und lauschte erstaunt dem ersten stoßweise gemurmelten Schwall von Namen und unzusammenhängenden Phrasen. Was er sagte, ergab keinen Sinn, die Laute waren oft rauh und vernuschelt, doch er hatte unbestreitbar begonnen zu sprechen. Ich fragte laia, ob sie ihn verzaubert hätte, doch sie behauptete, nichts damit zu tun zu haben.
    Ich saß im trüben Licht von Iaias Zimmer und grübelte den Ereignissen nach, in meinem Kopf wirbelten die Erinnerungen an all die grausamen und wunderbaren Geschehnisse durcheinander, die an diesem einen Tag passiert waren.
    Schließlich warf ich mir einen Umhang über die Schultern, zündete eine kleine Lampe an und wanderte durch das stille Haus. Die leeren Flure waren dunkel, nur hier und da von weißem Mondlicht beschienen, das durch die Fenster fiel.
    Nachdem sie ihre Besorgungen für laia erledigt hatte, hatte Olympias sich auf ihr Zimmer zurückgezogen, allerdings nicht, um zu schlafen. Durch die Tür hörte ich Murmeln und Seufzer und das leise, aber herzhafte Lachen eines jungen Mannes, der nach langen Tagen und Nächten des Exils in einer Höhle die weichen Kissen und die Berührungen eines warmen, vertrauten Körpers genoß. Ich lächelte und wünschte, ich hätte einen Vorwand, in ihre Paarung hineinzuplatzen.
    Nachdem das Pochen in meinem Kopf endlich abgeklungen war, hätte ich den Anblick diesmal wahrhaft zu würdigen gewußt. Ich setzte meine Wanderung fort, bis ich in den Bädern landete und neben dem großen Becken stehenblieb. Die Wasser der Mineralquelle schäumten und gurgelten; der aufsteigende Dampf tanzte im Schein meiner kleinen Lampe, bevor er sich auflöste. Ich blickte zur Terrasse und sah zwei nackte Gestalten aneinander gelehnt an der Brüstung stehen und auf den Mond schauen, der sich im schimmernden Wasser der Bucht widerspiegelte. Wasserflecken markierten den Weg, den sie von den Bädern zur Balustrade zurückgelegt hatten, und Dampf stieg von ihren erhitzten Körpern auf. Das Mondlicht tauchte Mummius breite behaarte Schultern und sein nacktes Hinterteil in einen verschwommenen Glanz; Apollonius hingegen schien es in ein Geschöpf aus Quecksilber und poliertem Marmor zu verwandeln.
    Ich schirmte meine Lampe mit den Händen ab. Leise und unentdeckt fand ich einen Weg von der Terrasse zu dem Pfad, der weiter zum Pier hinunterführte. Stattdessen wandte ich mich in Richtung des Anbaus und stieg den Hügel hinauf, bis ich das langgezogene flache Gebäude erreichte, in dem die Sklaven gefangengehalten worden waren. Die Tür stand offen, dahinter herrschte völlige Finsternis. Ich blieb eine Weile stehen, trat dann ein und verließ, von dem Gestank angewidert, das Gebäude rasch wieder. Der Ort war angefüllt mit den Ausdünstungen menschlichen Leids, doch heute Nacht war er leer und still.
    Aus den nahen Stallungen hörte ich leise Stimmen und Lachen. Ich folgte dem Pfad um das Gebäude auf den offenen Hof. Vor dem Stall waren drei Wachen postiert, die in Umhänge gehüllt um ein

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