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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Gegend in Angst und Schrecken. Die beiden Sklaven, die ihre Mitverschwörer klugerweise verraten hatten, wurden mit fünfundzwanzigtausend Bronzetalern belohnt und in die Freiheit entlassen.«
    »Ah!« sagte Gelina, die mit aufgerissenen Augen zugehört hatte, und nickte zustimmend. »Ich mag Geschichten mit einem glücklichen Ende.«
    »Das einzige, was noch langweiliger ist als Politik, ist Geschichte«, sagte Metrobius gähnend. »Mir scheint, daß Dionysius der Welt in Zeiten schwerer Krisen, wie wir sie im Augenblick durchleben, einen weit größeren Dienst erweisen würde, wenn er anstandige Komödien schreiben würde, anstatt die tote Vergangenheit wiederzukäuen.«
    »Worüber, um alles in der Welt, hat sich ein Mann wie Sulla bloß mit jemandem wie dir unterhalten?« murmelte Mummius.
    Metrobius bedachte ihn mit einem bösen Blick. »Dasselbe könnte ich mich auch über dich und deinen -«
    »Bitte keine Unhöflichkeiten nach dem Essen«, tadelte Gelina. »Es beeinträchtigt die Verdauung. Sprich weiter, Dionysius. Wie bist du nur auf diese faszinierende Begebenheit gestoßen?«
    »Ich habe der Minerva und dem Schatten des Herodotus schon oft für die Bibliothek gedankt, die dein verstorbener Gatte so gewissenhaft zusammengetragen hat«, sagte Dionysius feinfühlig. »Für einen Mann wie mich ist der Aufenthalt in einem Haus voller Wissen beinahe genauso inspirierend wie der Aufenthalt in einem Haus voller Schönheit. Glücklicherweise mußte ich mich in dieser Villa nie für eines von beiden entscheiden.«
    Gelina strahlte, und das hübsche Kompliment wurde mit allgemeinem zustimmendem Gemurmel bedacht.
    »Aber um mit der Geschichte fortzufahren: Der unterbundene Aufstand von Setia war meines Wissens die erste allgemeine Revolte oder versuchte Flucht einer großen, organisierten Gruppe von Sklaven. Im Laufe der Jahre gab es noch einige ähnliche Vorkommnisse, in Italien und im Ausland, aber sie sind nur höchst dürftig dokumentiert und bedeutungslos im Vergleich zu den beiden großen sizilianischen Sklavenkriegen, deren erster vor etwa sechzig Jahren ausbrach - im Jahr meiner Geburt, um genau zu sein. Als Kind habe ich oft davon erzählen hören.
    Offenbar hatten die Großgrundbesitzer Siziliens jener Zeit zunächst große Reichtümer angehäuft und dann riesige Massen von Sklaven auf der Insel versammelt. Der Reichtum machte die Sizilianer arrogant; der Strom von Sklaven aus den eroberten Gebieten in Afrika und im Orient führte dazu, daß sie ihre Sklaven achtlos behandelten, weil sich ein durch Überarbeitung oder Unterernährung verkrüppelter Sklave leicht ersetzen ließ. Einige Landbesitzer schickten Sklaven als Hirten los, ohne ihnen vernünftige Kleidung oder sogar Nahrung zu stellen. Als sich die Sklaven deswegen beklagten, erklärten ihre Herren, sie sollten Kleidung und Nahrung von den Reisenden rauben! Trotz seines Reichtums degenerierte Sizilien zu einem gesetzlosen und verzweifelten Ort.
    Es gab einen Landbesitzer namens Antigenes, der für seine übermäßige Grausamkeit bekannt war. Er war der erste auf der Insel, der seinen Sklaven zur Identifikation ein Brandmal verpaßte, eine Praxis, die sich bald auf der ganzen Insel verbreitete. Sklaven, die, um Kleidung und Nahrung bettelnd, zu ihm kamen, wurden geschlagen, angekettet und an den Pranger gestellt, bevor man sie wieder an ihre Arbeit schickte, genauso nackt und hungrig wie zuvor.
    Dieser Antigenes hatte einen Lieblingssklaven, den er mit Vergnügen entweder verhätschelte oder demütigte, einen Syrer namens Eunus, der sich selbst für einen Zauberer und Wunderheiler hielt. Dieser Eunus berichtete von Träumen, in denen die Götter zu ihm gesprochen hatten. Die Leute liebten solche Geschichten, selbst wenn sie von einem Sklaven stammen. Bald begann Eunus die Götter auch am hellichten Tag zu sehen und zum Erstaunen der Betrachter mit ihnen in fremden Zungen zu sprechen, oder er tat zumindest so als ob. Außerdem konnte er Feuer spucken.«
    »Feuer?« Gelina war fassungslos.
    »Ein alter Theatertrick«, erklärte Metrobius. »Man bohrt zwei Löcher in eine Walnuß oder etwas Ähnliches, füllt sie mit Brennstoff, zündet sie an, steckt sie in den Mund und spuckt dann Flammen und Funken. Jeder Gaukler in der Subura kann das.«
    »Tja, aber es war Eunus, der den Trick aus Syrien mitbrachte«, sagte Dionysius. »Sein Herr Antigenes ließ ihn vor Gästen auftreten, wobei Eunus jedesmal in seine Trance verfiel, Feuer spuckte und anschließend

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