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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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und her. Die Stille wurde unterbrochen vom leisen Schlurfen eines Sklaven, der sich mit einem leeren Tablett Richtung Küche zurückzog. Ich sah mich im Zimmer um und betrachtete die Gesichter der Sklaven, die steif auf ihren Posten hinter den Gästen standen. Keiner von ihnen erwiderte meinen Blick, sie sahen sich auch nicht gegenseitig an, sondern starrten nur stur zu Boden.
    »Siehst du«, sagte Metrobius, dessen Stimme nach der Stille unnatürlich laut klang, »da hast du doch alle Zutaten einer göttlichen Komödie zur Hand, Dionysius! Nenn sie >Eunus von Sizilien< und laß sie mich inszenieren!«
    »Also wirklich, Metrobius!« empörte sich Gelina.
    »Das ist mein Ernst. Man muß die Geschichte nur mit den klassischen Rollen besetzen. Laß mich überlegen: ein tolpatschiger sizilianischer Landbesitzer und sein Sohn, der sich natürlich unsterblich in die Nachbarstochter verliebt; dann braucht man noch einen guten Sklaven, sagen wir den Tutor des Jungen, der in Versuchung gerät, sich dem Sklavenaufstand anzuschließen, sich aber dann doch für die Tugend entscheidet und seinen jungen Herrn vor dem Mob rettet. Dieser Eunus ist auf der Bühne für ein paar grotesk-komische Einlagen gut, er kann Feuer spucken, Unsinn brabbeln. General Rupilius muß man als grandiosen Angeber einführen; er verwechselt den guten Sklaven, den Tutor, mit Eunus und will ihn kreuzigen, aber im letzten Moment rettet der junge Herr seinem Lehrer das Leben und vergilt jenem damit, daß dieser zuvor ihn gerettet hat. Derweil wird - auf der Bühne nicht siehtbar - die Revolte niedergeschlagen, und das Ganze endet mit einem fröhlichen Lied! Wirklich, selbst der große Plautus persönlich hat nie eine bessere Handlung erdacht.«
    »Vermutlich meinst du das sogar halb ernst«, sagte Iaia verschmitzt.
    »Ich finde, es klingt ein wenig geschmacklos«, wandte Orata ein, »vor allem in Anbetracht der aktuellen Lage.«
    »Oje, da könntest du recht haben«, gab Metrobius zu. »Vielleicht liegt mein Abschied von der Bühne schon zu lange zurück. Also dann, Dionysius, fahre fort. Ich hoffe nur, daß dein nächster Bericht über die Grausamkeiten der Geschichte genauso unterhaltsam wird wie der vorherige.«
    Der Philosoph räusperte sich. »Ich fürchte, ich muß dich enttäuschen, Metrobius. Seit Eunus hat es auf Sizilien noch eine Reihe von Sklavenrevolten gegeben; irgend etwas an dieser Insel scheint die Degeneration der Reichen und das Rebellische unter den Sklaven zu ermutigen. Der letzte und größte dieser Aufstände spielte sich vor fünfunddreißigjahren in und um Syracus ab, in den Tagen, als Marius Konsul war. Von der Größenordnung her war er so bedeutend wie der erste Aufstand unter Eunus, aber die Geschichte ist leider nicht annähernd so bunt und schillernd.«
    »Keine feuerspuckenden Zauberer?« fragte Metrobius.
    »Nur Tausende von gemeingefährlichen Sklaven, die marodierend und vergewaltigend durch die Lande zogen, falsche Könige krönten und sich von der Macht Roms lossagten, bis schließlich ein General kam, die Anführer kreuzigen und den Rest in Ketten legen ließ, auf daß wieder Ruhe und Ordnung herrschte.«
    »So wird es immer gehen«, sagte Faustus Fabius düster, »solange Sklaven so töricht sind, sich der natürlichen Ordnung zu widersetzen.« Seine Nachbarn zu beiden Seiten, Orata und Mummius, nickten weise.
    »Schluß mit dem Trübsinn«, erklärte Gelina auf einmal unvermittelt. »Wir sollten das Thema wechseln. Ich denke, es wird Zeit für ein wenig Unterhaltung. Metrobius, wie wär's mit einer Rezitation?« Der Schauspieler schüttelte sein schlohweißes Haupt, und Gelina bedrängte ihn nicht weiter. »Dann vielleicht ein Lied. Ja, ein Lied wird die allgemeine Laune heben. Meto... Meto! Meto, hol den Jungen, der so göttlich singt, du weißt schon, wen ich meine. Ja, den gutaussehenden Griechen mit dem süßen Lächeln und den schwarzen Locken.«
    Ich bemerkte, wie für einen Moment ein seltsamer Ausdruck über Mummius Gesicht huschte. Während wir auf den Sklaven warteten, trank Gelina noch einen Becher Wein und bestand darauf, daß wir ihrem Beispiel folgten. Nur Dionysius lehnte ab; stattdessen brachte ihm ein Sklave ein schaumiges grünes Gebräu in einem silbernen Becher.
    »Was in Hercules Namen ist das?« fragte ich.
    Olympias lachte. »Dionysius trinkt es zweimal am Tag, vor dem Mittagessen und nach dem Abendessen, und hat schon versucht, uns auch davon zu überzeugen. Eine gräßlich aussehende Mixtur,

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