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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Vorabend studiert hatte.
    »In diesem Fall hätte das Blut durchaus über den Tisch und die Wand spritzen können - wo man es leicht hätte abwaschen können. Und jetzt kann ich dort kein Blut mehr entdecken.
    Wenn es nicht noch höher gespritzt...« Ich kniete mich auf den Tisch, und auch Eco richtete sich auf, um gemeinsam mit mir das Gemälde Gelinas zu betrachten. »Enkaustik auf Leinwand in einem Rahmen aus schwarzem Holz mit Perlmutt-Intarsien - leicht abzuwischen - und in die Wand eingelassen. Wenn Blut auf das Bild gespritzt wäre, hätte der Mörder es wohl kaum gewagt, das Wachs zu heftig abzuschrubben, aus Angst, das Gemälde zu beschädigen, wenn er das Blut unter all den Pigmenten überhaupt entdeckt hätte. Erstaunlich, aus wie vielen Farben ein Bild besteht, wenn man es von nahem betrachtet, nicht wahr? Auf diese Entfernung ist Iaias Signatur auf jeden Fall groß genug, ganz in Rot, wenn auch eher Zinnober als Blut. Die Falten von Gelinas Stola sind rot und schwarz gepunktet; zweifelsohne hat sie den Teppich passend zu ihrem Gewand auf dem Bild ausgewählt. Hier rot, da schwarz, und -Eco, siehst du es?«
    Eco nickte eifrig. Auf einem Stück grünen Hintergrund, wo kein Maler sie achtlos verkleckst hätte, konnte man einen Spritzer aus dunklen Tropfen erkennen, schwarz-rot wie die Farbe getrockneten Blutes. Eco sah noch genauer hin und begann dann, mich auf weitere Tropfen aufmerksam zu machen - auf dem Hintergrund, auf der Stola, überall im unteren Teil des Gemäldes, sogar eine Schmierspur über dem ersten Buchstaben von Iaias Signatur. Je länger wir,das Bild betrachteten, desto mehr Blut sahen wir. Im zunehmenden Licht des Morgens schienen die Tropfen vor unseren Augen zu erblühen, als ob das Gemälde selbst blutige Tränen weinen würde. Eco verzog das Gesicht, und ich nickte zustimmend: Wie grausam mußte der Mörder auf Lucius Licinius Kopf eingeschlagen haben, um so viel Blut zu verspritzen? Angewidert wich ich vor dem Bildnis zurück.
    »Welche Ironie«, flüsterte ich, »daß Lucius mit seinem eigenen Blut das Porträt der Frau verunzieren sollte, die er aus Liebe geheiratet hat, um schließlich als Leiche ausgestreckt vor ihrem Bildnis zu enden. Vielleicht ein eifersüchtiger Liebhaber, Eco? Hat ihn jemand mit Absicht vor diesem Gemälde ermordet? Es muß ein ziemlich beeindruckendes Tableau abgegeben haben, der tote Ehemann, leblos zusammengesunken vor dem erhabenen Bildnis seiner Frau. Doch wenn jemand es so gewollt hat, warum ist die Leiche dann doch noch bewegt worden und warum hat man das Schreckgespenst des Spartacus beschworen?«
    Gefolgt von Eco stieg ich wieder vom Tisch. »Auf dem Tisch müssen auch Blutspuren gewesen sein, die man allerdings leicht wieder entfernen konnte. Was bedeutet, daß keine Dokumente auf dem Tisch gelegen haben dürften wie jetzt, sonst wären auch sie mit Blut befleckt und unmöglich zu säubern gewesen; von lackiertem Holz läßt sich Blut vielleicht abwaschen, aber bestimmt nicht von Pergament oder Papyrus. Obwohl ich mich frage... warte, hilf mir den Tisch von der Wand abzurücken.«
    Das war leichter gesagt als getan. Der Tisch war schwer, möglicherweise zu schwer für einen einzelnen Mann. Selbst zu zweit stellten wir uns reichlich unbeholfen an; wir stießen einen Stuhl um, bauschten den Teppich und verursachten ein lautes Quietschen, als eines der Tischbeine über die Fliesen schrammte. Wir wurden mit Blut belohnt; sowohl an der Wand als auch an der Rückseite des Tisches, wo kein Lappen der Welt es hätte wegwischen können, fanden sich Rückstände einer klebrigen, rotbraunen Masse. Lucius Blut war über den Tisch geflossen und hatte sich in dem Spalt zwischen Tisch und Wand gesammelt und auf beiden seine Spuren hinterlassen.
    »Ein weiterer Beweis, daß Lucius hier ermordet wurde, falls wir noch einen gebraucht hätten«, sagte ich. »Doch was sagt uns das? Es ergibt keinen Sinn, daß die vermißten Sklaven das Blut hätten aufwischen sollen, vor allem, wenn sie sich ihrer Tat noch gebrüstet haben sollen; trotzdem werden wir stärkere Beweise als diese finden müssen, um Crassus von seinem Plan abzubringen. Los, Eco, hilf mir, den Tisch wieder an seinen Platz zu rücken. Ich höre Schritte im Flur.«
    Als ich gerade den Stuhl aufhob, während Eco den Teppich glattzog, spähte ein fragendes Gesicht um die Ecke.
    »Meto! Genau der Mensch, den ich jetzt sehen wollte. Komm herein und schließ die Tür hinter dir.«
    Er tat, wie ihm geheißen, doch

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