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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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nicht ohne zu zögern. »Bist du sicher, daß wir uns in diesem Raum aufhalten sollten?« flüsterte er.
    »Meto, deine Herrin hat doch ausdrücklich gesagt, daß ich Zugang zu jedem Teil des Hauses habe, oder nicht?«
    »Ich glaube schon. Doch diesen Raum durfte nie jemand ohne Erlaubnis des Herrn betreten.«
    »Niemand? Nicht mal die Putzmägde?«
    »Nur wenn der Herr sie persönlich hereingebeten hat, und selbst dann hat er normalerweise darauf bestanden, daß entweder er selbst oder Zeno anwesend war.«
    »Aber hier gibt es doch nichts, was ein Sklave stehlen könnte - keine kleinen Münzen, keine Juwelen oder Schmuck.«
    »Trotzdem - ich habe mich einmal hier hereingeschlichen, weil ich mir das Pferd genauer ansehen wollte -«
    »Das Pferd? Ach, die Statue des Zentauren.«
    »Ja, und der Herr persönlich hat mich erwischt. Er war sehr wütend, dabei war er normalerweise kein jähzorniger Mensch. Doch dieses eine Mal wurde sein Gesicht ganz rot, und er schrie mich an, daß ich dachte, ich müsse an dem Pochen in meiner Brust sterben.« Bei der Erinnerung an den Zwischenfall riß Meto die Augen weit auf. Er blähte die Wangen und schüttelte den Kopf wie jemand, der aus einem schrecklichen Alptraum erwacht ist. »Er rief Alexandras herein und befahl ihm, mich direkt hier an Ort und Stelle zu schlagen. Normalerweise wäre das Clitos Aufgabe gewesen, der ebenfalls in den Ställen arbeitet und gern Menschen schlägt. Doch ich hatte Glück, weil Clito an jenem Tag in Puteoli gearbeitet hat. Ich mußte mich bis zum Boden bücken, während Alex mir zehn Schläge mit einem Stock gab. Er hat das nur getan, weil der Herr es ihm befohlen hat. Er hätte mich auch viel härter schlagen können, da bin ich mir sicher, aber ich mußte trotzdem weinen.«
    »Ich verstehe. Magst du Alexandras?«
    Die Augen des Jungen strahlten. »Natürlich. Jeder mag Alex.«
    »Und was ist mit Zeno, mochtest du ihn auch?«
    Er zuckte die Schultern. »Niemand mochte Zeno. Aber nicht, weil er ein brutaler Schläger war wie Clito. Er ist hochnäsig und spricht fremde Sprachen und hält sich für etwas Besseres als die anderen Sklaven. Außerdem furzt er viel.«
    »Das klingt in der Tat durch und durch unsympathisch. Sag mir, war in der Nacht, als dein Herr getötet wurde, noch irgendjemand wach und auf den Beinen? Du vielleicht oder ein anderer Sklave?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Bist du sicher? Niemand hat etwas gehört oder gesehen?«
    »Natürlich haben alle darüber gesprochen. Aber keiner weiß, was geschehen ist. Die Herrin hat uns am nächsten Tag gesagt, wenn jemand etwas wüßte, solle er direkt zu Marcus Crassus, Mummius oder Fabius gehen. Wenn irgendjemand gesehen oder gehört hätte, was geschehen ist, hätten sie es ihnen bestimmt erzählt.«
    »Und unter den Sklaven gab es keine Gerüchte oder irgendwelches Getuschel?«
    »Nichts. Und wenn jemand etwas gesagt hätte, sogar im geheimen, wäre ich derjenige, der es am wahrscheinlichsten mitbekommen hätte. Nicht, daß ich lauschen würde -«
    »Ich verstehe. Deine Pflichten führen dich durchs ganze Haus, von Zimmer zu Zimmer, von Morgengrauen bis Abenddämmerung, während die Köche, Stallknechte und Putzmägde den ganzen Tag an einem Ort verweilen und miteinander klatschen. Sachen zu hören oder zu sehen, ist nichts, wofür man sich schämen müßte, Meto. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt damit. Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wußte ich gleich, daß du Auge und Ohr dieses Hauses bist.«
    Er sah mich verwundert an und lächelte dann vorsichtig, als ob nie zuvor jemand seinen wahren Wert erkannt hätte.
    »Sage mir, Meto, ist es möglich, daß Zeno in jener Nacht mit deinem Herrn in diesem Raum war?«
    »Das kann schon sein. Sie sind oft hierhergekommen und haben noch nach Einbruch der Dunkelheit zusammen gearbeitet, manchmal auch sehr spät, vor allem, wenn gerade ein Schiff gelandet war oder nach Puteoli aufbrechen sollte oder wenn unser Herr Crassus hierher unterwegs war.«
    »Und war Alexandras vielleicht ebenfalls hier?«
    »Schon möglich.«
    »Aber in jener Nacht hast du niemanden diesen Raum betreten oder verlassen sehen? Und du hast keine Geräusche aus den Ställen oder dem Atrium gehört?«
    »Ich schlafe mit einigen anderen in einem kleinen Raum im Ostflügel des Hauses«, sagte er langsam, »hinter den Ställen. Normalerweise bin ich der letzte, der ins Bett geht. Alex lacht immer und sagt, er hätte noch nie einen Jungen gesehen, der weniger Schlaf braucht

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