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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Raum um und schüttelte seine Hände aus, als wären sie tropfnaß.
    Iaia lachte. »Es ist fast fertig. Es sind kaum noch wirkliche Malarbeiten übrig. Wir sind jetzt dabei, die Wasserfarben mit Wachs zu versiegeln, deswegen helfen uns auch diese Sklaven. Für diese Aufgabe bedarf es keinerlei echter Kunstfertigkeit, man muß die Politur nur mit einem Pinsel auftragen, aber ich muß sie beaufsichtigen, um sicherzugehen, daß nichts beschädigt wird. Olympias, gib dem da oben auf dem obersten Gerüst einen kleinen Stubs. Er trägt das Wachs zu dick auf- so werden die Farben nie durchscheinen.«
    Olympias sah von oben auf uns herab und lächelte. Verstohlen zwickte ich Eco, der mit offenem Mund starrte, was nicht unbedingt eine Reaktion auf das Kunstwerk war.
    »Ach ja, in den guten alten Tagen hätte ich ein derartiges Projekt nie in Angriff nehmen können«, plapperte Iaia weiter. »Mein Mentor hätte es nicht erlaubt. Ich kann mir seine Reaktion lebhaft vorstellen. >Zu vulgär<, hätte er gesagt, >zu rein dekorativ. Historiengemälde oder Fabeln mit einer Moral sind eine Sache, aber Fische? Deine Stärke sind Porträts, Iaia, vor allem Frauenporträts; kein Mann kann eine Frau auch nur halb so gut porträtieren wie du. Doch ein Blick auf diese stierenden Fischköpfe, und keine römische Matrone wird dir je wieder erlauben, sie zu malen! Sie würde bei jedem Pinselstrich nach versteckter Ironie Ausschau halten!< Nun, das hätte mein alter Mentor gesagt. Aber wenn ich jetzt Fische malen will, dann male ich, beim Neptun, eben Fische. Ich finde sie wunderschön.«
    Sie schien von ihren eigenen Fähigkeiten äußerst angetan, eine Unbescheidenheit, die man einem Künstler im letzten Stadium eines fast vollendeten Werks vielleicht nachsehen kann. »Warum du für deine Porträts berühmt geworden bist, leuchtet mir unmittelbar ein«, sagte ich. »Ich habe dein Bild von Gelina in der Bibliothek gesehen.«
    Ihr Lächeln erstarb. »Ja, das Bild ist erst ein Jahr alt. Gelina wollte es als Geburtstagsgeschenk für Lucius. Wir haben Wochen daran gearbeitet, draußen auf ihrer privaten Terrasse im Nordflügel des Hauses, in ihrem Zimmer, das Lucius nie betreten hat. Es sollte eine Überraschung sein.«
    »Hat es ihm nicht gefallen?«
    »Offen gesagt, nein. Dabei habe ich es extra so gestaltet, daß es über seinen Tisch in der Bibliothek paßt. Nun, er hat ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß er es dort nicht haben wollte. Wenn du den Raum gesehen hast, kennst du ja seinen Geschmack - diese abscheulichen Hercules- und Chiron-Statuen. Das Bild über seinem Tisch war sogar noch schlimmer, ein gräßliches Machwerk, das vorgeblich den Angriff der Harpyien auf die Argonauten darstellen sollte, eine derartig geschmacklose Peinlichkeit, daß ich mir nicht vorstellen kann, wie er es wagen konnte, Besucher in diesen Raum zu lassen. Ein wirklich schreckliches Gemälde von irgendeinem unbekannten Schmierfinken aus Neapolis, ein Gemenge aus nackten Brüsten, um sich schlagenden Krallen und hölzern wirkenden Kriegern mit erhobenen Schwertern. Es läßt sich mit Worten kaum ausdrücken, wie furchtbar es war. Habe ich nicht recht, Olympias?«
    Die junge Frau blickte von ihrer Arbeit herab und lachte. »Es war ein wirklich schlechtes Bild, Iaia.«
    »Am Ende hat Lucius nachgegeben und das Ding entfernen lassen, damit wir das Porträt von Gelina in die Wand einlassen konnten, aber er hat sich völlig undankbar gezeigt. Gelina hatte einen passenden Teppich bestellt, und er nörgelte ohne Ende über die Kosten. Sie war wegen dieser Episode mehr als einmal in Tränen aufgelöst. Natürlich war Leid und Streit über Geld in diesem Haus eine alte Geschichte. Was für ein Versager Lucius doch war! Was für ein Hochstapler! Welchen Sinn hat es, in einer solchen Villa zu leben, wenn man dafür jede Sesterze dreimal umdrehen muß, bevor man sie ausgibt?«
    Auf einmal war der Raum von einer merkwürdigen Spannung erfüllt. Olympias lächelte nicht mehr. Ein Sklave stieß ein Gefäß mit Politur um und fluchte. Selbst die Fische schienen unbehaglich zu zittern. Iaia senkte ihre Stimme. »Laß uns in den Bädern weiterreden. Die Räume sind alle leer, und um diese Tageszeit haben sie ein besonders schönes Licht. Laß den Jungen hier. Er kann Olympias bei der Arbeit zusehen.«
    Die Anlage der Frauenbäder entsprach dem Äquivalent der Männer, war jedoch um einiges kleiner. Auch der Blick über die offene Terrasse war mehr oder weniger der gleiche;

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