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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Lucius?«
    »Hast du nicht eben den von Iaia gestalteten Raum besichtigt?«
    »Ja.«
    »Dann mußt du doch sein Porträt gesehen haben.«
    »Ach?«
    »Die Qualle direkt über der Tür.«
    »Was? Oh, ich verstehe, du scherzt.«
    »Keineswegs. Sieh sie dir bei der nächsten Gelegenheit einmal ganz genau an. Der Körper ist der einer Qualle, doch das Gesicht ist ganz unverkennbar Lucius. Eine brillante Karrikatur und um so befriedigender, weil Lucius selbst den Witz nie mitbekommen hätte. Es erhebt das gesamte Wandgemälde zur hohen Kunst. Iaia galt einst als die beste Porträtmalerin Roms, und das aus gutem Grunde.«
    »Dann war Lucius eine Qualle?«
    Er schnaubte verächtlich. »Der nutzloseste Mensch, den ich je getroffen habe. Ein bloßer Fußabstreifer für Crassus, obwohl ein Fußabstreifer möglicherweise mehr Charakter gezeigt hätte. Ihm geht es tot bestimmt besser als lebendig.«
    »Und trotzdem hat Gelina ihn geliebt.«
    »Hat sie das? Ja, ich nehme an, das hat sie wirklich. >Liebe macht blind<, wie die Etrusker sagen.«
    »Dasselbe Sprichwort kam mir eben auch in den Sinn. Aber Gelina ist wahrscheinlich eine von Natur aus sehr emotionale Frau. Sie macht jedenfalls einen ganz verzweifelten Eindruck wegen des Schicksals, das ihren Sklaven droht.«
    Er zuckte die Schultern. »Wenn Crassus darauf besteht, sie zu töten, wäre das eine dumme Verschwendung, doch ich bin sicher, er wird ihr andere geben. Crassus besitzt mehr Sklaven, als Fische im Meer schwimmen.«
    »Wirklich beeindruckend, daß Gelina Crassus überzeugen konnte, mich mit einem Schiff abholen zu lassen.«
    »Gelina?« Metrobius lächelte eigenartig. »Ja, Gelina hat wohl als erste deinen Namen erwähnt, doch ich wage es zu bezweifeln, daß sie Crassus hätte überreden können, soviel Mühe und Kosten für ein paar Sklaven aufzuwenden.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich dachte, das wüßtest du. Es gibt noch jemanden, der diese Sklaven den Fängen des Todes entreißen will.«
    »Wen meinst du damit?«
    »Wer hat die lange Reise nach Rom gemacht, um dich abzuholen?«
    »Marcus Mummius? Ein Mann, der aus einer Laune heraus ein ganzes Schiff voller Sklaven an den Rand des Todes treibt? Warum sollte er einen Finger rühren, um Gelinas Sklaven zu retten, vor allem gegen Crassus ausdrücklichen Willen?«
    Metrobius musterte mich geringschätzig. »Ich dachte, daß du das bestimmt wüßtest. Als du eben davon sprachst, daß Mummius eine Schwäche hat...« Er runzelte die Stirn. »Du enttäuschst mich, Sucher. Vielleicht bist du am Ende tatsächlich so beschränkt, wie ich ursprünglich angenommen habe. Du hast doch gestern abend beim Essen neben mir gesessen. Dann hast du ebenso deutlich wie ich gesehen, daß Mummius bittere Tränen vergossen hat, als der Junge sang. Glaubst du vielleicht, er hätte aus billiger Rührung geweint? Ein Mann wie Mummius weint nur, weil ihm das Herz bricht.«
    »Du meinst -«
    »Als Crassus vor ein paar Tagen beschlossen hat, daß alle Sklaven sterben sollen, haben sie gestritten und gestritten. Mummius hat Crassus praktisch auf Knien angefleht, eine Ausnahme zu machen. Doch Crassus besteht darauf, daß alle bestraft werden einschließlich des wunderschönen Apollonius, egal wie harmlos und unschuldig der Junge auch sein mag und egal wie sehr Mummius ihn begehrt. Und so wird Marcus Mummius am Tag nach der Beerdigung zusehen müssen, wie seine eigenen Männer den Jungen in die Arena treiben und ihn zusammen mit den anderen Haussklaven töten. Ich frage mich, ob man sie nacheinander enthaupten wird? Sicherlich nicht, denn das würde ja den ganzen Nachmittag dauern, und selbst ein bläßliches Provinzpublikum wie das von Baiae würde nach einer Weile ungeduldig werden. Vielleicht lassen sie die Drecksarbeit von Gladiatoren erledigen, die die Sklaven mit Netzen einfangen und dann mit ihren Speeren auf sie losgehen ...«
    »Dann will Mummius alle Sklaven nur wegen Apollonius retten?«
    »Natürlich. Er ist durchaus bereit, sich wegen des Jungen zum Narren zu machen. Das Ganze hat im Frühling angefangen, bei seinem letzten Besuch hier mit Crassus. Mummius war sofort ganz hin und weg, wie ein Hirsch, der von einem Pfeil zwischen die Augen getroffen wurde. Im Sommer hat er dem Jungen tatsächlich einen Brief aus Rom geschrieben. Lucius hat ihn abgefangen und war ziemlich angewidert.«
    »Wegen seines pornographischen Inhalts?«
    »Pornographie von Mummius? Ich bitte dich, er hat garantiert weder die Fantasie noch die

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