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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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vermutlich der Typus, dem der Senat ständig mit der Verabschiedung irgendeines drakonischen Anti-Luxus-Gesetzes droht. Man könnte sagen, er gab sein Geld mit Vergnügen aus.«
    »Oder Crassus Geld?«
    Orata runzelte die Stirn. »Genau genommen, ja. Und doch...«
    Ich trat neben ihn und stützte mich auf die steinerne Brüstung. Nach der ersten Kühle des Abends hatte sich die Luft offenbar beruhigt und sogar wieder ein wenig erwärmt, wie es am Golf manchmal vorkommt. Ich betrachtete die Kette der Lichter entlang der Küste, winzig wie Sterne. Dunkle Küstenstriche wechselten sich mit Abschnitten gedämpften Feuers ab, wo die Städte in der kristallklaren Luft glitzerten wie Juwelen.
    »Du warst hier in der Nacht, als Lucius Licinius ermordet wurde, nicht wahr?« sagte ich leise. »Es muß ein ziemlicher Schock gewesen sein, am Morgen aufzuwachen und zu entdecken -«
    »Fürwahr ein Schock. Und als ich von dem Namen erfuhr, den man in den Stein geritzt hatte, sowie von der Tatsache, daß seine eigenen Sklaven für die Tat verantwortlich waren - stell dir das vor, sie hätten uns alle im Schlaf ermorden können! So etwas ist vor wenigen Wochen unten in Lucania passiert, als Spartacus sich seinen Weg nach Thurii freikämpfte. Eine wohlhabende Familie mit all ihren Hausgästen wurde in der Nacht massakriert. Die Frauen wurden vergewaltigt und die Kinder gezwungen, der Enthauptung ihrer Väter beizuwohnen. Es läßt einem das Blut in den Adern gefrieren.«
    Ich nickte. »Dein Besuch hier - war der rein privat?«
    Orata lächelte matt. »Ich tue selten etwas rein privat. Selbst das Essen dient einem lebenswichtigen Zweck, habe ich nicht recht? Ich bin das ganze Jahr über rund um den Golf in zahlreichen Häusern zu Gast, und ich genieße es sehr. Doch es bleibt auch stets genug Zeit fürs Geschäft. Völlig müßig zu leben und dem Vergnügen nur um seiner selbst willen zu frönen wäre dekadent. Ich muß stets auf irgendein Ziel hinarbeiten; ich bin zwar in Puteoli geboren, doch ich glaube, darin folge ich römischen Tugenden.«
    »Dann hattest du Geschäfte mit Lucius Licinius?«
    »Es gab gewisse Pläne.«
    »Seine Bäder hattest du bereits restauriert - eine wirklich beeindruckende Arbeit.« Er quittierte das Kompliment mit einem Lächeln. »Was gab es sonst noch zu tun? Einen Fischteich anzulegen?«
    »Für den Anfang.«
    »Ich hatte lediglich gescherzt.«
    »Hier in Baiae solltest du dich mit Scherzen über Fischteiche zurückhalten. Hier weinen bedeutende Männer Tränen echter Trauer, wenn ihre Meeräschen sterben, und Tränen wahrer Freude, wenn sie laichen.«
    »In Rom sagt man, die Baiaer hätten eine Fischzucht-Manie entwickelt.«
    »Sie haben sie zu einem Laster gemacht«, vertraute Orata mir lachend an, »so wie die Parther angeblich schlichte Pferderennen zu einem Laster gemacht haben. Doch für einen Mann, der die Geheimnisse der Zunft kennt, springt dabei ein ordentlicher Profit heraus.«
    »Ist es ein teurer Zeitvertreib?«
    »Er kann es sein.«
    »Und Lucius war bereit, einem solchen Luxus zu frönen? Das verstehe ich nicht. War er nun reich oder nicht? Wenn er so viel Geld hatte, warum besaß er dann kein eigenes Haus?«
    »Also...« Orata hielt inne und zog sein Gesicht in die Länge. »Du mußt verstehen, Gordianus, daß ich nach meinen Vorfahren und den Göttern nichts so sehr respektiere wie die Vertraulichkeit der privaten Vermögensverhältnisse eines anderen Menschen. Ich gehöre nicht zu denen, die über den Quell oder das Ausmaß des Reichtums eines anderen tratschen. Da Lucius jedoch tot ist...«
    »Ja?«
    »Möge mir sein Schatten vergeben, wenn ich dir sage, daß hinter Lucius Finanzen mehr steckte, als auf den ersten Blick ersichtlich war.«
    »Ich fürchte, ich kann dir nicht ganz folgen.«
    »Lucius hatte für diese Villa allerlei Renovierungsarbeiten und Anbauten geplant. Deswegen hatte er mich für ein paar Tage eingeladen, um Praktikabilität und Kosten einiger Projekte durchzusprechen, die er im Sinn hatte.«
    »Aber warum sollte er so viel Geld ausgeben, um ein Haus zu verschönern, in dem er nur Pächter war?«
    »Weil er vorhatte, Crassus das Haus abzukaufen, und zwar schon sehr bald.«
    »Wußte Crassus davon?«
    »Ich glaube nicht. Lucius hat mir erzählt, daß er Crassus im Laufe des nächsten Monats ein Angebot machen wollte, und er wirkte zuversichtlich, daß jener dieses Angebot annehmen würde. Hast du eine Ahnung, was eine Villa wie diese kostet, vor allem, wenn man die

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