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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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zurückgezogen - welche Art Unterhaltung sollten ungebildete Sklaven schließlich so sehr genießen, daß sie sie nach Einbruch der Dunkelheit noch wach hält? Ich stelle mir vor, wie er im Dunkeln wach liegt, ruhelos und kein bißchen schläfrig, vage beunruhigt durch eine Ahnung, was Fortuna und Marcus Crassus für ihn bereithalten. Liegt er in einem Zelt, das nach seinem eigenen üblen Gestank mieft? Oder auf hartem Stein unter sternklarem Himmel -nein, gewiß nicht, dann wäre er den Blicken der Götter, die ihn verachten, schutzlos ausgeliefert. Ich denke, ein solcher Mann muß in einer Höhle schlafen, vergraben im Schoß der feuchten Erde wie das wilde Tier, das er ist.«
    Mummius lachte kurz auf. »In Höhlen zu schlafen ist ganz und gar nicht schrecklich. Nicht, wenn ich den Geschichten Glauben schenken darf, die ich über die Jugendjahre eines bedeutenden Mannes gehört habe.« Er warf einen kalkulierenden Blick zu Crassus, der widerwillig lächelte.
    Dionysius schürzte die Lippen, um ob dieser Wendung des Gesprächs, die er offenbar im Sinn gehabt hatte und bei der ihm Mummius unwissentlich als Gehilfe gedient hatte, ein triumphierendes Lächeln zu verbergen. Er lehnte sich zurück und nickte. »O ja, wie konnte ich eine derart bezaubernde Geschichte nur vergessen? Es war in den schlimmen Zeiten vor Sulla, als Tyrannen wie Cinna und Marius, Feinde aller Licinier, Angst und Schrecken in der ganzen Republik verbreiteten. Sie trieben Crassus Vater in den Selbstmord und töteten seinen Bruder, während der junge Marcus - du kannst damals nicht älter als fünfundzwanzig gewesen sein - nach Spanien fliehen mußte, um sein Leben zu retten.«
    »Wirklich, Dionysius, ich glaube, jeder hier hat diese Geschichte schon etliche Male zu oft gehört.« Crassus versuchte, gelangweilt und mißbilligend zu klingen, doch das Lächeln in seinen Mundwinkeln verriet ihn. Ich hatte den Eindruck, daß es ihm genauso wenig wie mir entgangen war, daß Dionysius absichtsvoll auf dieses Thema zugesteuert war, um seinen bisher noch ungeäußerten Standpunkt darzulegen, doch die Erinnerung an diese Geschichte behagte Crassus offensichtlich zu sehr, um ihrer erneuten Erzählung widerstehen zu können.
    Dionysius drängte weiter. »Ich bin sicher, daß noch nicht jeder die Geschichte gehört hat - Gordianus zum Beispiel, und sein Sohn Eco. Die Geschichte mit der Höhle«, erklärte er und sah mich an.
    »Das klingt vage vertraut«, räumte ich ein. »Vielleicht ein paar Fetzen Klatsch, die ich auf dem Forum mitbekommen habe.«
    »Und Iaia und ihre junge Schülerin - sie können die Geschichte von Crassus und der Meerhöhle gewiß nicht kennen.« Dionysius wandte sich den beiden Frauen mit einem Blick zu, der seltsam an ein lüsternes Grinsen erinnerte. Ihre Reaktion war genauso seltsam. Olympias errötete noch mehr als zuvor, während Iaia blaß wurde und sich steif aufrichtete. »Die Geschichte ist mir durchaus bekannt«, protestierte sie.
    »Dann soll sie um Gordianus willen erzählt werden. Als der junge Crassus als Flüchtling vor den Verwüstungen Marius und Cinnas in Spanien eintraf, hätte er erwarten können, freundlich empfangen zu werden. Seine Familie hatte alte Verbindungen; sein Vater hatte als Prätor in Spanien gedient, und Marcus hatte als Junge dort einige Zeit verbracht. Statt dessen traf er die römischen Besatzer und ihre Untertanen in übertriebener Ehrfurcht vor Marius an; niemand wollte mit ihm sprechen, geschweige denn ihm helfen, und es bestand in der Tat durchaus die Gefahr, daß irgendjemand ihn verraten und seinen Kopf an die Partisanen des Marius ausliefern könnte.
    Also floh er aus der Stadt, aber nicht allein - du warst doch mit einigen Begleitern unterwegs, oder nicht?«
    »Mit drei Freunden und zehn Sklaven«, sagte Crassus.
    »Richtig, also er floh mit seinen drei Freunden und zehn Sklaven aus der Stadt und reiste an der Küste entlang, bis er den Besitz eines alten Bekannten seines Vaters erreichte. Der Name ist mir entfallen...«
    »Vibius Paciacus«, sagte Crassus mit einem wehmütigen Lächeln.
    »Ach ja, Vibius. Auf seinem Land befand sich zufällig eine Höhle, direkt am Meer, an die sich Crassus aus seiner Jugend erinnerte. Er beschloß, sich dort mit seinen Begleitern eine Weile zu verstecken, ohne Vibius davon in Kenntnis zu setzen, weil er den alten Freund nicht grundlos in Gefahr bringen wollte. Doch schließlich gingen ihnen die Vorräte aus, und Crassus schickte einen Sklaven zu Vibius,

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