Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Königreiche der Angeln und Sachsen und der Britannier und durch alle fünf Königreiche von Éireann bin ich geritten. Seekrank bin ich zur Genüge gewesen. Gibt es auch so etwas wie Reiterkrankheit? Wenn ja, dann hatte ich die auch schon.«
Gormán gluckste vergnügt und schlug sich auf den Schenkel. »Und bei allem Ungemach wirst du nicht vom Reiten lassen, ehe du nicht dein Ziel erreicht hast. Das beweist deine Ausdauer auf der Jagd nach der Wahrheit! Da könnte sich manch anderer eine Scheibe von abschneiden.«
Fidelma, die neben ihm ritt, legte tröstend eine Hand auf seinen Arm. »Wenn wir das Rätsel hier gelöst haben, bewegen wir uns ganz lange nicht mehr aus Cashel fort. Versprochen.«
»Wenn ich mich recht erinnere, begann unsere Reise mit dem Auffinden einer Leiche in unmittelbarer Nähe der Burg deines Bruders. Und wohin hat es uns getrieben?« Eadulf zeigte auf das weite Moor.
»Da hilft nur, so rasch wie möglich Durlus zu erreichen.«
»Trotzdem sollten wir im nächsten Wirtshaus einkehren, Lady«, schlug Enda vor. »Die Sonne steht schon hoch am Himmel, und wir haben noch nichts zu uns genommen.«
»Ich fürchte, mit Gasthäusern ist es in dieser Gegend schlecht bestellt«, meinte Fidelma, »doch grundsätzlich hast du recht. Vielleicht haben wir Glück und finden eins. Außerdem kann es nie schaden, ein wenig von dem aufzuschnappen, was sich die Leute so erzählen. Möglicherweise erfahren wir dabei sogar etwas mehr über Cronán.«
Die Strecke, die sie vor sich hatten, führte durch geradezu trostloses Gelände. Das Reden war ihnen vergangen. Es dauerte lange, bis sie leichte Veränderungen im Landschaftsbild gewahr wurden. Der Untergrund wurde fester, sie ritten über Bodenwellen, und auch Bäume tauchten vereinzelt auf. Die Umrisse der Berge wurden klarer – ein Beweis, dass sie vorwärtskamen. Sie überquerten mehrere Bäche, ehe sie endlich an einen breiteren Strom gelangten, der wiederum nicht allzu tief war, so dass sie das steinige Flussbett gut zu Pferd hinter sich bringen konnten. Nach ihrer Auffassung musste das der Schwarze Fluss gewesen sein. Auf der anderen Seite gab Gormán nach einer Weile ein zufriedenes Brummen von sich und zeigte nach vorn. Inmitten einer spärlichen Baumgruppe machten sie etliche Hütten aus und hörten auch den Hammerschlag auf einem Amboss. Und schon bald erkannten sie, dass Tiere und Menschen durcheinanderliefen.
»Eine kleine Ansiedlung«, stelle Gormán fest, wenngleich es dieser Bemerkung nicht bedurft hätte. »Hoffentlichhaben sie auch ein Wirtshaus; ich wäre ungern auf die Gastfreundlichkeit von armen Bauern angewiesen.«
Ein Ruf aus dem Wäldchen zeigte ihnen, dass man sie entdeckt hatte. Etliche Männer griffen nach ihren Gerätschaften – Sensen, Rechen, Hämmer, alles, was ihnen gerade in die Hand kam. Sie näherten sich der Ortschaft. Frauen riefen nach ihren Kindern, scharten sie um sich und zogen sich in den Schutz der Blockhütten zurück.
»Scheint ja ein ängstliches Völkchen zu sein«, murmelte Eadulf.
»Lasst die Hände von den Waffen«, gebot Fidelma, die sah, dass Gormán und Enda bereits zum Knauf ihrer Schwerter griffen. »Ich reite voran.«
Langsam ritten sie weiter. Kreisförmig wie eine Schutzmauer umschloss die Baumgruppe etwa ein Dutzend Hütten. Auch die waren im Rund angeordnet und ließen so in der Mitte einen freien Platz. Eine der Hütten war ganz offensichtlich die Schmiede; vom Feuer davor stieg eine sich kräuselnde Rauchwolke auf.
»Bleibt stehen, Fremdlinge!«, herrschte sie eine gebieterische Stimme an. Sie gehörte einem muskulösen, großen Mann, der, zum Ausholen bereit, einen Schmiedehammer vor der Brust hielt. Lederschürze und ärmellose Jacke wiesen ihn als einen Mann seiner Zunft aus. Kinn und Kopf waren kahlgeschoren. Fidelma brachte ihr Pferd zum Stehen, und ihre Gefährten taten es ihr gleich.
»Friede und Wohlergehen seien mit dir, Schmied«, sagte sie zum Gruß.
Argwöhnisch blitzten sie die Augen an. »Du kennst mich?«
Fidelma lachte amüsiert. »Da müsste einer schon blind sein, wenn er dich nicht als Schmied erkennen würde.Oder kleidest du dich öfter so und nimmst einen Schmiedehammer zur Hand, um vorüberziehende Reisende in die Irre zu leiten?«
Die neben ihm stehenden Männer grinsten. Der Schmied trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Vor seinen Mitstreitern als Trottel dazustehen war ihm sichtlich unangenehm.
»Was wollt ihr hier?«, fragte er barsch.
»Wir sind
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