Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
schaute ihn groß an. »Eine ganze Siedlung, und vollends zerstört? Und du meinst, das ist Cronán gewesen?«
»Jedenfalls seine Mannen. Die Siedlung hat man zerstört, etliche Menschen wurden abgeschlachtet und der Rest auf seine Festung geschleppt. Der Überlebende, von dem ich sprach, ist mein Vetter. Er und ein halbes Dutzend anderer Männer konnten fliehen und suchen jetzt Schutz auf der Festung des Stammeshäuptlings der Uí Duach, oder besser auf dem, was von der Festung geblieben ist, die nicht weit von hier liegt. Mein Vetter berichtete von einer Gruppe merkwürdiger Mönche, die in der Siedlung gewütet hätte. Deshalb wollte ich auch nicht gleich raus mit der Sprache. Der Anführer dieser frommen Brüder hätte erklärt, alle arbeitsfähigen Männer der Siedlung müssten sich einem großen Kreuzfahrerheer anschließen. Sie sollten sich binnen zwei Tagen mit dem, was sie an Waffen haben, bereithalten und einen Eid schwören, im Namen des wahren Glaubens zu kämpfen. Außerdem sollten die Frauen und Kinder all ihr Hab und Gut zusammenpacken und mitnehmen. Man gab ihnen zwei Tage Zeit; wenn sie sich widersetzten, würden sie es bitter zu spüren bekommen.«
»Und wie ging die Sache aus?«
Der Schmied winkte traurig ab. »Der Anführer der Siedlung lachte nur und erklärte frei heraus, nur Tuaim Snámha, der Stammesfürst der Osraige, hätte die Macht, die Clans zu Kriegszügen aufzurufen, und selbst dann nur in Zeiten höchster Not. Er hätte kein flammendes Kreuz gesehen,das die Clans der Osraige zusammenriefe; mit welchem Recht also dürfe ein Mönch sich das herausnehmen und mit Vergeltung drohen, wenn sie seinen Aufruf nicht befolgten?«
»Und was geschah dann?«
»Der Mönch, der wie die anderen die ganze Zeit die Kapuze aufhatte, drohte nur, er hätte gesagt, was zu sagen war. Wenn die Posaune siebenmal erschallt, würden sie vor Furcht erblassen. Sollten sie die falsche Wahl treffen, würde man an ihnen ein Exempel statuieren, das sich im ganzen Land Osraige herumsprechen würde. Das würde die Bruderschaft stärken und andere dazu bewegen, ihr bereitwillig Folge zu leisten.«
»Das heißt, es waren die frommen Brüder, die das Dorf in Schutt und Asche gelegt haben?« Eadulf war fassungslos.
»Sie ließen ihnen, wie angedroht, zwei Tage. Aber die Leute hielten sie für verrückt und nahmen die Drohung nicht ernst. Am dritten Tag sahen sie sich umstellt. Von fast sechzig Menschen wurden zehn ermordet und die anderen gefangen genommen. Das heißt, bis auf meinen Vetter und ein paar Freunde, denen die Flucht gelang. Sie waren gerade nicht im Ort, weil sie nach den Fallen im Wald schauten, und entkamen so den Brandstiftern und Mördern. Diese sechs jungen Männer haben nun Blutrache geschworen und wie Krieger zu den Waffen gegriffen. Es wird ihnen nichts bringen. Sechs gegen die vielen hundert, die Cronán befehligt.«
Betroffenes Schweigen war eingetreten, das schließlich Fidelma unterbrach. »Du sagtest, dass man von den Bewohnern verlangte, sich binnen zwei Tagen mit Waffen zu stellen, und dass die Frauen und Kinder ihr Hab und Gutmitbringen sollten. Wohin sollte das alles gebracht werden?« Sie ahnte die Antwort und behielt recht.
»In die Abtei Liath Mór.«
»Liath Mór«, wiederholte sie mit Nachdruck. »Ich habe mein Wort gegeben, dass mein Bruder die Geiseln von den Uí Duach dort befreien wird. Wie war doch gleich der Name von dem Ort, den sie ausgerottet haben?«
»Das war die Siedlung Eirc, südlich von hier im Land der Uí Duach gelegen.«
»Hat dein Vetter einen dieser Kapuzenträger, die mit der Drohnachricht kamen, erkennen können?«
»O ja. Ihren Anführer nämlich, Cronáns Neffen Anfudán.«
Fidelma überlegte einen Moment und fragte dann: »Wie genau hat dein Vetter die Worte von Cronáns Neffen wiedergegeben? Bist du sicher, sie lauteten, wie du sagtest, ›Wenn die Posaune siebenmal erschallt‹, oder sprach er vielleicht von der siebenten Posaune? Das zu wissen wäre wichtig.«
Coccán rieb sich nachdenklich die Stirn.
»Vielleicht war es so, wie du eben gesagt hast. Ich hab es ja nur von meinem Vetter übernommen. Kann sein, er hat da was durcheinandergebracht. Aber ganz sicher kam die Zahl sieben in dem Satz vor.«
»Es ist nicht das erste Mal, dass wir etwas von der siebenten Posaune hören«, sagte Eadulf nachdenklich mit einem Blick zu Fidelma.
»Auch Bruder Ailgesach hat in seinem Delirium davon gefaselt«, erinnerte sie Enda. »Fürchtet euch vor der
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