Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Fidelma.
Sie war überrascht, dass das Mädchen sie verständnislos ansah. »Ich kenne keinen mit dem Namen.«
»Das ist ein Gefangener, der gestern hierher geschafft wurde.«
Das Mädchen zögerte. »Geredet wird zwar darüber, dass sie gestern wieder einen Gefangenen gebracht haben, aber keiner weiß, wo er eingekerkert ist. Es gibt viele geheime Verließe in der Festung.«
Fidelma überlegte, wie viel sie von ihren Absichten preisgeben sollte. »Genau ihn suchen wir, nur deshalb sind wir hier. Warum gibt Cronán vor, wir befänden uns in einer Abtei und er wäre ein Abt?«
»Er ist bestrebt, sein Denken und Tun vor dem Fürsten der Osraige, vor Tuaim Snámha, zu verbergen. Was er wirklich im Schilde führt, weiß keiner von uns.« Das Mädchen wurde erregter. »Du musst entkommen, noch ehe es hell wird, ihr sitzt sonst für immer und ewig hier fest. Unter uns sind mehrere Geiseln, die von den Uí Duach stammen, die werden euch zeigen, wie man von hier fliehen kann, ohne gesehen zu werden.«
Ihr dringlicher Rat weckte Misstrauen in Fidelma. »Wenn ihr als Gefangene dazu in der Lage seid, warum flieht ihr dann nicht alle miteinander?«
»Wenn wir es täten, was dann?«, brach es verbittert aus Ségnat heraus. »Cronán hat angedroht, Freunde und Verwandte eines jeden zu töten, der den Versuch unternimmt zu fliehen. Die Angst, dass das passiert, hält uns hier und lässt uns beten, dass wir von außen errettet werden.«
Fidelma wollte das nicht glauben. »So etwas kann er nicht tun. Das ist unmöglich.«
Das Mädchen verzog das Gesicht. »Er kann es, und er hat es bereits getan. Vor ein paar Monaten ist einer von uns entkommen. Fünf seiner Freunde, darunter auch seine Vettern, hat Cronán in seiner Wut hingerichtet.«
Es verschlug Fidelma die Sprache. Erst nach einer Weile fragte sie. »Wurde der Entflohene wieder eingefangen?«
Ségnat schüttelte den Kopf.
»Wie hieß er?«
»Er war ein Krieger der Uí Duach, Tormeid hieß er. Ich bitte dich«, drängte sie, »die Zeit geht dahin. Sie könntenVerdacht schöpfen. Du musst fliehen. Wir können helfen.«
Fidelma schürzte die Lippen und atmete dann tief durch. »Zuerst müssen wir den Versuch unternehmen, den Gefangenen zu finden. Selbst wenn uns das glückt, sehe ich noch nicht, wie wir fliehen können. Nehmen wir an, es gelingt uns, diese Mauern hinter uns zu lassen, wie dann weiter? Mitten in der ausgedehnten Moorlandschaft ohne Pferde, wie weit würden wir da kommen?«
Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. »Eure Pferde nehmt ihr natürlich mit. Cronáns Leute sind ein faules Pack, das Versorgen der Pferde bleibt den Geiseln überlassen. Die Ställe sind aber nicht groß genug für alle Pferde, manche werden auf einer Koppel gehalten. Dorthin gibt es von den Stallungen einen Gang unterhalb der Mauern. Wir haben sichergestellt, dass eure Pferde dorthin gebracht wurden. Cronáns Leute verlassen sich darauf, dass wir uns auch um die Pferde im Freien kümmern und nicht fliehen, nach dem, was mit Tormeids Vettern und Freunden geschehen ist. Es ist unter uns abgemacht, dass eure Pferde zum richtigen Zeitpunkt gesattelt sind.«
»Aber was wird mit euch geschehen, wenn wir entkommen?«
»Cronán hält uns in Angst und Schrecken, indem er unsere Freunde und Verwandte mit dem Tode bedroht, die er ebenfalls gefangen hält. Ihr habt keine Freunde oder Verwandte hier, und wir werden leugnen, dass wir euch überhaupt gekannt haben.«
»Hat dieser Tormeid gewusst, dass seine Flucht den Tod der anderen bedeuten würde?«
»Damals war es noch nicht so schlimm. Cronáns Tochter ist mit ihm geflohen und ist, wie wir hörten, auf derFlucht ertrunken. Da erst ist Cronán in rasende Wut verfallen, hat diese entsetzliche Tat begangen und uns angedroht, so würde es allen Zurückbleibenden ergehen, falls es einer wagt zu fliehen.«
»Er könnte euch ebenso bestrafen, wenn wir entkommen«, gab Fidelma zu bedenken.
»Lady, wir wissen, du bist des Königs Schwester. Wenn du entkommst, kannst du deinem Bruder berichten, was an diesem Ort vorgeht. Du bist unsere einzige Hoffnung, du könntest all diese Geiseln retten.«
»Wie sollen wir mitten in der Nacht durch die Festungstore gelangen?«
»Viele von uns haben mitgeholfen, diese Festung zu bauen, und kennen die Schleichwege hier. Wir wurden gezwungen, sie für den Lord von Gleann an Ghuail zu bauen.«
»Und das ist Cronán?«
Ségnat nickte. »Cronán ist der Lord von Gleann an Ghuail.«
»Zu welchen Zweck
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