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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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was als Ehrfurcht eines Einzelnen vor dem Universum begann. Es passiert, wenn sich Menschen ausgeklügelte Wortfallen bauen, über die Logik stolpern und Hals über Kopf hineinfallen. Daher kommen Heilige Kriege, wo ein Nachbar dem anderen Grausamkeiten zufügen kann, nur weil dieser ansonsten vernünftige Mensch in eine Kirche mit einem runden Turm statt einem viereckigen geht. Es ist die Haltung, die Jonathan Swift in Gullivers Reisen karikierte, als er vom Streit zwischen den Breitendigen und den Spitzendigen berichtete, welches Ende eines Eies zu öffnen sei, wenn man es essen will. Es ist vielleicht der Grund, warum sich heute so viele Menschen unorthodoxen Kulten zuwenden und versuchen, dort eine Heimstatt für ihre Spiritualität zu finden. Doch Kulte unterliegen denselben Risiken wie die Inquisition. Die einzige sichere Heimstatt für die eigene Spiritualität ist man selbst.

EINUNDZWANZIG
    Der neue Wissenschaftler
    Es gab so etwas wie Psychigkeit, wenn Ponder das richtig sah. Er brauchte seinen ganzen Sachverstand als Leser unsichtbarer Schriften, um eine Vorstellung davon zu gewinnen – der B-Raum war sehr vage in Hinsicht auf die Zukunft dieser Welt.
    »Offenbar kann man damit Geschichten erfinden, die funktionieren«, berichtete er. »Es ist eine Methode, um Dinge zu entdecken und darüber nachzudenken. Psych igkeit, versteht ihr? ›Psych‹ bezieht sich auf den Geist, und ›igkeit‹ bedeutet, äh, igkeit . Auf der Rundwelt funktioniert das so wie die Magie bei uns zu Hause.«
    »Also ist es nützlicher Kram«, sagte Ridcully. »Beschäftigt sich jemand damit?«
    »HEX kann uns zu einem praktischen Beispiel davon bringen«, erwiderte Ponder.
    »Schon wieder eine Zeitreise?«, fragte der Dekan.
    Ein weißer Kreis erschien auf dem Boden …
    … und auf dem Sand, verschwand dann wieder.
    Die Zauberer sahen sich um.
    »Na schön«, sagte Ponder. »Trockenes Klima, Hinweise auf Landwirtschaft, Getreidefelder, Bewässerungsgräben, nackter Mann, der eine Kurbel dreht, Mann starrt uns an, Mann schreit und läuft weg …«
    Rincewind trat in den Graben und inspizierte die rohrartige Vorrichtung, die der Mann betätigt hatte. »Es ist nur eine Schraube, die Wasser hebt«, sagte er. »Solche Apparate habe ich oft gesehen. Man dreht die Kurbel, Wasser wird aus dem Graben geschraubt, fließt im Innern durchs Gewinde und oben aus der Öffnung. Im Innern des Rohrs gibt es so etwas wie kleine Eimer, die sich bewegen und das Wasser befördern. Eine solche Vorrichtung hat nichts Besonderes . Sie ist einfach nur ein … Apparat.«
    »Keine Psychigkeit?«, fragte Ridcully.
    »Was weiß ich?«, erwiderte Rincewind.
    »Psychigkeit ist ein schwieriges Konzept«, meinte Ponder. »Vielleicht läuft es auf Psychigkeit hinaus, wenn man an diesem Apparat herumbastelt, um ihn zu verbessern.«
    »Klingt nach Technik«, warf der Dozent für neue Runen ein. »Dabei versucht man, Dinge anders zu bauen, um zu sehen, ob sie dann besser funktionieren.«
    »Der Bibliothekar stellte uns ein Buch zur Verfügung, wenn auch widerstrebend.« Ponder zog es aus der Tasche.
    Der Titel lautete: Einfache Wissenschaft für Schulen, ersch. 1920 .
    »Sie haben Psychigkeit falsch geschrieben«, sagte Ridcully.
    »Und es ist nicht sehr hilfreich«, fügte Ponder hinzu. »Viele Dinge sehen nach Alchimie aus. Ihr wisst schon: Man mische etwas, um zu sehen, was passiert.«
    »Das ist alles?«, fragte der Erzkanzler und blätterte. »Moment, Moment. Eigentlich geht es bei der Alchimie vor allem um den Alchimisten. Seine Bücher teilen ihm mit, was er tun muss, damit die Dinge funktionieren: wann er welche Kleidung tragen soll und so weiter. Es ist eine sehr persönliche Angelegenheit.«
    »Und?«, fragte der Dozent für neue Runen.
    »Hört euch das an«, sagte Ridcully. »Keine Beschwörungen. Nicht ein Hinweis darauf, was man tragen oder wie die Mondphase sein sollte. Nichts Wichtiges. Hier steht: ›Man nehme ein Becherglas und gebe 20 Gramm‹ … was auch immer das sein mag … ›Kupfersulfat hinein …‹« Er unterbrach sich.
    »Nun?«, hakte der Dozent für neue Runen nach.
    »Wer nimmt das Becherglas? Und wer gibt das Zeug hinein? Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Vielleicht spielt es keine Rolle, wer das Becherglas nimmt und etwas hineingibt«, vermutete Ponder. Er hatte sich das Buch bereits angesehen, mit dem Ergebnis, dass seine anfängliche Unwissenheit bis zur Seite 10 auf das Mehrfache ihres ursprünglichen Ausmaßes angewachsen

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