Die Philosophen der Rundwelt
Lehrern beliebt machte. »Die Universitäten«, schrieb er, »lehren nicht alles. Also muss ein Arzt alte Weiber suchen, Zigeuner, Zauberer, fahrendes Volk, alte Räuber und derlei Gesetzlose und von ihnen lernen.« Auf der Scheibenwelt hätte er eine tolle Zeit haben können, doch er hätte eine Menge gelernt.
Nach zehn Jahren Wanderschaft kehrte er 1524 nach Hause zurück und wurde Dozent für Medizin an der Universität von Basel. 1527 verbrannte er öffentlich die klassischen Bücher früherer Ärzte, des Arabers Avicenna und des Griechen Galen. Paracelsus kümmerte sich einen Dreck um Autorität. In der Tat bedeutet sein angenommener Name »Para-Celsus« »Über-Celsus«, und Celsus war ein führender römischer Arzt des ersten Jahrhunderts.
Er war hochmütig und mystisch. Zugute kommt ihm, dass er auch sehr klug war. Er legte großen Wert darauf, die eigenen Kräfte der Natur für die Heilung zu nutzen. Zum Beispiel, Wunden nässen zu lassen, statt sie mit Moos oder getrocknetem Mist zu bedecken. Er entdeckte, dass Quecksilber eine wirksame Behandlung für Syphilis bot, und seine klinische Beschreibung jener Geschlechtskrankheit war die beste seiner Zeit.
Das Hauptziel der meisten Alchimisten war viel selbstsüchtiger. Sie hatten nur für eine Sache Augen: einfache Metalle wie Blei in Gold zu verwandeln. Wiederum beruhte ihr Glaube, dies sei möglich, auf einer Geschichte. Von ihren Experimenten her wussten sie, dass Salmiak und andere Substanzen die Farbe von Metallen verändern können, und so gewann die Geschichte »Metalle können umgewandelt werden« an Boden. Warum sollte es dann nicht möglich sein, mit Blei zu beginnen, die richtige Substanz hinzuzufügen und Gold zu erhalten? Die Geschichte wirkte verführerisch, es fehlte allein die richtige Substanz. Die nannten sie den Stein der Weisen.
Die Suche nach dem Stein der Weisen oder Gerüchte, er sei gefunden worden, brachten etliche Alchimisten in Schwierigkeiten. Edles Gold war das Vorrecht des Adels. Während die diversen Könige und Fürsten nichts dagegen gehabt hätten, eine unerschöpfliche Goldquelle in die Finger zu bekommen, wollten sie nicht, dass ihre Rivalen ihnen dabei zuvorkämen. Schon die Suche nach dem Stein der Weisen konnte als subversiv betrachtet werden, wie heutzutage die Suche nach einer billigen Quelle erneuerbarer Energie von den Öl- und Kernkraftunternehmen als subversiv betrachtet wird. 1595 wurde Dees Gefährte Edward Kelley von Rudolf II. eingekerkert und starb bei einem Fluchtversuch, und 1603 setzte Christian II. von Sachsen den schottischen Alchimisten Alexander Seton fest und ließ ihn foltern. Eine gefährliche Sache, so ein kluger Mann.
Die Geschichte vom Stein der Weisen erreichte nie ihren Höhepunkt. Die Alchimisten haben nie Blei in Gold verwandelt. Aber die Geschichte brauchte lange, um zu sterben. Sogar um 1700 noch glaubte Isaac Newton, es käme auf einen Versuch an, und die Idee, mit chemischen Mitteln Blei in Gold zu verwandeln, wurde erst im 19. Jahrhundert endgültig beigelegt. Kernreaktionen, wohlgemerkt, sind etwas anderes: Die Umwandlung ist möglich, nur katastrophal unwirtschaftlich. Und wenn man nicht sehr aufpasst, ist das Gold radioaktiv (obwohl das natürlich für eine rasche Geldzirkulation sorgen würde, und wir würden eine plötzliche Zunahme der Wohltätigkeit erleben).
Wie sind wir von der Alchimie zur Radioaktivität gekommen? Die zentrale Periode der westlichen Geschichte war die Renaissance, die ungefähr das 15. und 16. Jahrhundert umfasste, als aus der arabischen Welt importierte Ideen auf die griechische Philosophie und Mathematik sowie auf römische Handwerks- und Ingenieurskunst trafen, was zu einer plötzlichen Blüte der Kunst führte und zur Entstehung dessen, was wir jetzt Wissenschaft nennen. Während der Renaissance lernten wir, neue Geschichten über uns und die Welt zu erzählen. Und diese Geschichten änderten beides.
Um zu verstehen, wie dies geschah, müssen wir der wirklichen Mentalität der Renaissance auf die Spur kommen, nicht dem populären Bild von einem »Renaissancemenschen«. Damit meinen wir einen Menschen, der sich auf vielen Gebieten auskennt – wie auf der Rundwelt Leonardo da Vinci, der dem Leonard von Quirm der Scheibenwelt verdächtig ähnlich ist. Wir gebrauchen diesen Ausdruck, weil wir solche Leute dem gegenüberstellen, was wir heute einen gebildeten Menschen nennen.
Im mittelalterlichen Europa und eigentlich noch lange danach hielt die
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