Die Philosophen der Rundwelt
griechische Gesellschaft nicht gar so »wissenschaftlich« oder »intellektuell« war, wie man uns glauben gemacht hat, als auch, weil es andere kulturelle Strömungen gab, die zur Kultur seiner Zeit beitrugen. Unsere Vorstellungen vom Narrativium stammen vielleicht vom Eingehen dieser Ideen in spätere Philosophien wie die von Baruch Spinoza.
Geschichten förderten das Wachstum von Okkultismus und Mystizismus. Doch sie trugen auch dazu bei, die europäische Welt aus dem mittelalterlichen Aberglauben zu einer rationaleren Sicht des Universums zu führen.
Glaube an das Okkulte – Magie, Astrologie, Weissagung, Hexerei, Alchimie – ist in den meisten menschlichen Gesellschaften verbreitet. Die europäische Tradition des Okkultismus, zu der Dee gehörte, gründet sich auf eine alte Geheimphilosophie, die aus zwei Quellen entspringt, aus der antiken griechischen Alchimie und Magie und aus dem jüdischen Mystizismus. Zu den griechischen Quellen gehört die »Smaragdene Tafel«, eine Sammlung von Schriften, die dem Hermes Trismegistos (»dreifach Meister«) zugeschrieben wird und insbesondere von späteren arabischen Alchimisten verehrt wurde; die jüdische Quelle ist die Kabbala , eine geheime, mystische Interpretation eines heiligen Buches, der Thora.
Die Astrologie ist natürlich eine Art Weissagung auf der Basis der Sterne und der sichtbaren Planeten. Sie hat möglicherweise zur Entwicklung der Wissenschaft beigetragen, indem sie Leute versorgte, die den Himmel beobachten und verstehen wollten. Johannes Kepler, der entdeckte, dass die Planetenbahnen Ellipsen sind, verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Astrologe. Die Astrologie lebt in verwässerter Form in den Horoskop-Spalten von Boulevardzeitungen weiter. Ronald Reagan konsultierte während seiner Zeit als amerikanischer Präsident einen Astrologen. Das Zeug ist wirklich immer gegenwärtig.
Die Alchimie ist interessanter. Sie wird oft als frühe Vorläuferin der Chemie bezeichnet, obwohl die der Chemie zu Grunde liegenden Prinzipien größtenteils aus anderen Quellen stammen. Die Alchimisten spielten mit Apparaten herum, die zu nützlichen Geräten der Chemiker wie Retorten und Glaskolben führten, und sie entdeckten, dass interessante Dinge geschehen, wenn man bestimmte Substanzen erhitzt oder zusammenbringt. Die großen Entdeckungen der Alchimisten waren Salmiak (Ammoniumchlorid), den man mit Metallen reagieren lassen kann, und die Mineralsäuren – Salpeter-, Schwefel- und Salzsäure.
Das große Ziel der Alchimie wäre viel größer gewesen, wenn man es jemals erreicht hätte: das Lebenselixier, die Quelle der Unsterblichkeit. Die chinesischen Alchimisten beschrieben diese lange gesuchte Substanz als »flüssiges Gold«. Der Erzählfaden ist dabei klar: Gold ist das edle Metall, unverderblich, zeitlos. Also würde jemand, der irgendwie Gold in seinen Körper einfügen könnte, auch unverderblich und zeitlos werden. Das edle Wesen zeigt sich auf andere Weise: das Edelmetall ist den »edlen« Menschen vorbehalten: Kaisern, Königen, den Leuten an der Spitze des Haufens. Sie hatten davon eine Menge Gutes. Dem China-Forscher Joseph Needham zufolge sind mehrere chinesische Kaiser wahrscheinlich an Elixiervergiftung gestorben. Da Arsen und Quecksilber übliche Bestandteile vermeintlicher Elixiere waren, ist das nicht erstaunlich. Und es ist nur allzu plausibel, dass eine mystische Suche nach Unsterblichkeit das Leben verkürzt, statt es zu verlängern.
In Europa hatte die Alchimie etwa ab 1300 drei Hauptziele. Das Lebenselixier war immer noch eins, ein zweites waren Heilmittel für verschiedene Krankheiten. Die alchimistische Suche nach Arzneien führte schließlich zu Brauchbarem. Die Schlüsselfigur ist dabei Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus* [* Ist »Bombastus« nicht ein hübscher Name? Und so passend.] von Hohenheim, gnädiger Weise als »Paracelsus« bekannt, der von 1493 bis 1541 lebte.
Paracelsus war ein Schweizer Arzt, dessen Interesse für Alchimie ihn zur Erfindung der Chemotherapie führte. Er setzte große Erwartungen in das Okkulte. Als Student von vierzehn Jahren wanderte er auf der Suche nach großen Lehrern von einer europäischen Universität zur anderen, doch aus dem, was er etwas später über die Erfahrung schrieb, können wir schließen, dass er enttäuscht wurde. Er fragte sich, wie es »die hohen Kollegien fertig bringen, so viele hohe Esel zu erzeugen«, und war offensichtlich nicht die Art Student, die sich bei den
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