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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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reichte Rincewind ein Buch, in dem er gerade gelesen hatte, und deutete mit einem ledrigen Finger auf eine bestimmte Stelle.
    Rincewind las und starrte den Bibliothekar an.
    Es war erhebend. O ja, zweifellos. So etwas hatte Rincewind nie zuvor gelesen. Aber …
    Er hatte einen Tag in dieser Stadt verbracht. Man ließ Hunde gegeneinander kämpfen, und es gab Bärengruben. Aber das war noch nicht das Schlimmste. An den Toren hatte Rincewind aufgespießte Köpfe gesehen. Nun, auch in Ankh-Morpork war es ziemlich übel zugegangen, aber Ankh-Morpork hatte über Jahrtausende hinweg Erfahrungen darin gesammelt, eine große Stadt zu sein, was zu kultivierten Sünden führte. Dieser Ort hingegen war kaum mehr als ein Dunghaufen.
    Der Mann, von dem diese Worte stammten, erwachte jeden Morgen in einer Stadt, in der man Menschen bei lebendigem Leib verbrannte. Und er hatte trotzdem so etwas geschrieben …
    »… Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! wie edel durch Vernunft! wie unbegrenzt an Fähigkeiten! in Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig! …«*  [* Aus: »Hamlet, Prinz von Dänemark«, 2. Aufzug, 2. Szene. Deutsch von A. W. Schlegel. – Anm. d. Übers. ]
    Der Bibliothekar konnte sich vor Lachen kaum mehr halten.
    »Da gibt es nichts zu lachen, man kann durchaus einen solchen Standpunkt vertreten«, sagte Rincewind. Er blätterte weiter.
    »Wer hat dies geschrieben?«, fragte er.
    »Nach den vielen Strömen im B-Raum ist er einer der größten Dramatiker, die jemals lebten«, ließ sich HEX vom Regal her vernehmen.
    »Wie lautet sein Name?«
    »Es gibt Unterschiede in der Schreibweise«, sagte HEX. »Man hat sich auf ›William Shakespeare‹ geeinigt.«
    »Existiert er in dieser Welt?«
    »Ja. In einer der vielen alternativen Historien.«
    »Er ist also nicht wirklich hier , oder?«
    »Nein. Der führende Dramatiker in dieser Stadt heißt Arthur J. Nightingale.«
    »Ist er gut?«
    »Er ist der Beste, den sie hier haben. Objektiv betrachtet ist er schrecklich. Sein Werk ›König Rufus III.‹ gilt als das schlechteste Stück, das jemals geschrieben wurde.«
    »Oh.«
    »Rincewind!«, donnerte der Erzkanzler.
    Die Zauberer versammelten sich im Kreis. Sie hatten Hufeisen und andere Eisenstücke an ihren Stäben befestigt – die höhere Ordnung schickte sich an, der unteren in den Hintern zu treten. Rincewind steckte das Buch ein, nahm HEX und eilte zu den anderen.
    »Ich …«, begann er.
    »Du kommst mit, keine Widerrede«, schnappte Ridcully. »Und auch die Truhe.«
    »Aber …«
    »Wenn du dich weigerst, müssen wir über sieben Eimer Kohle reden«, drohte der Erzkanzler.
    Er wusste davon. Rincewind schluckte.
    »Lass HEX beim Bibliothekar zurück«, sagte Ponder. »Dann kann er Dr. Dee im Auge behalten.«
    »HEX soll hier bleiben?«, fragte Rincewind. Ihn beunruhigte die Vorstellung, die einzige Entität der Unsichtbaren Universität zurückzulassen, die alles zu verstehen schien.
    »In der Vergangenheit gibt es keine geeigneten Avatare«, entgegnete HEX.
    »Weder magische Spiegel noch Kristallkugeln, meint er«, sagte Ponder. »Nichts, von dem die Leute erwarten , dass es magisch ist. Am Ziel unserer Reise gibt es nicht einmal Leute. Leg HEX beiseite. Wir sind ohnehin gleich wieder hier. Alles klar, HEX?«
    Der Kreis glühte, und die Zauberer verschwanden.
    Dr. Dee wandte sich an den Bibliothekar.
    »Es funktioniert!«, entfuhr es ihm. »Das Große Siegel funktioniert! Jetzt kann ich …«
    Er verschwand. Und der Boden verschwand. Und das Haus verschwand. Und die Stadt verschwand. Und der Bibliothekar landete im Sumpf.

ACHT
    Planet der Affen
    »Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! wie edel durch Vernunft! wie unbegrenzt an Fähigkeiten! in Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig! im Handeln wie ähnlich einem Engel! im Begreifen wie ähnlich einem Gott!«
    Aber sehen Sie ihm lieber nicht ganz aus der Nähe beim Essen zu …
    William Shakespeare war eine weitere Schlüsselfigur beim Übergang vom mittelalterlichen Mystizismus zum Rationalismus nach der Renaissance. Wir hatten vor, ihn zu erwähnen, mussten aber abwarten, bis er in der Rundwelt auftauchte.
    Shakespeares Dramen sind ein Eckstein unserer gegenwärtigen westlichen Zivilisation.* [* Bei seinem Besuch in England 1930 wurde Mahatma Gandhi gefragt: »Was halten Sie von der modernen Zivilisation?« Er soll geantwortet haben: »Das wäre eine gute Idee.«] Sie führen uns von einer Konfrontation zwischen

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