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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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kurzes Fell, größtenteils nur einen Flaum. Sie gehen aufrecht auf zwei Beinen. Sie haben das ganze Jahr über eine Fettschicht. Sie paaren sich (oft) mit dem Gesicht zueinander. Sie können ihren Atem außerordentlich gut kontrollieren, gut genug, um sprechen zu können. Sie weinen und sie schwitzen. Sie vergöttern Wasser und können über lange Strecken schwimmen. Ein neugeborenes Baby, in einen Teich geworfen, kann sich selbst über Wasser halten: Die Fähigkeit zu schwimmen ist instinktiv. All diese Eigentümlichkeiten veranlassten Elaine Morgan 1982, das Buch Kinder des Ozeans zu schreiben. Dort schlug sie eine radikale Theorie vor: dass sich die Menschen nicht in den Savannen entwickelt hätten, von grimmigen Raubtieren umgeben, sondern am Strand. Das erklärt das Schwimmen, die aufrechte Haltung (mit dem Auftrieb im Meerwasser ist es leichter, eine zweibeinige Haltung zu entwickeln) und das Fehlen von Haaren (die beim Schwimmen Probleme bereiten, womit ein evolutionärer Grund für ihr Verschwinden gegeben wäre). Eigentlich kann man argumentieren, dass dies alle soeben aufgezählten Eigentümlichkeiten des Menschen erklärt. Die ursprünglichen wissenschaftlichen Anhaltspunkte für diese Theorie sind von Alister Hardy entwickelt worden.
    In ihrem Buch The Driving Force (»Die Triebkraft«) haben Michael Crawfort und David Marsh 1991 die Geschichte einen Schritt weiter geführt, indem sie noch eine Zutat hinzufügten. Buchstäblich. Das Wichtigste, was der Strand bietet, ist Meeresnahrung. Und das Wichtigste, was Meeresnahrung bietet, sind »essenzielle Fettsäuren«, die ein entscheidender Bestandteil des Gehirns sind. Tatsächlich bestehen daraus nahezu zwei Drittel des menschlichen Gehirns. Fettsäuren eignen sich gut zur Bildung von Membranen, und Gehirne benutzen für die Datenverarbeitung elektrische Signale in Membranen. Myelin, das in einer Membranscheide die Nervenzellen umgibt, beschleunigt die Signalübertragung im menschlichen Nervensystem etwa um das Fünffache. Es kostet eine Menge essenzielle Fettsäuren, um ein großes, schnelles Menschenhirn zu erhalten; also muss es fast ebenso viel gekostet haben, um das Gehirn unseres fernen äffischen Vorfahren zu erzeugen. Seltsamer Weise können jedoch unsere Körper diese speziellen Fettsäuren nicht selbst aus einfacheren Chemikalien aufbauen, so wie wir die meisten komplizierten Biochemikalien erzeugen, die wir brauchen. Wir müssen diese Fettsäuren fertig mit unserer Nahrung aufnehmen, deshalb wird das Wort »essenziell« zu ihrer Beschreibung verwendet. Seltsamer noch: In den Savannen gibt es wenig essenzielle Fettsäuren. Es gibt sie natürlich nur in Lebewesen, doch selbst da sind sie ziemlich selten. Die reichhaltigste Quelle für essenzielle Fettsäuren ist Meeresnahrung.
    Vielleicht erklärt diese Theorie ja auch, warum wir so viel Zeit am Strand verbringen möchten. Doch wie die Erklärung auch lauten mag, die Fähigkeit, große Gehirne zu erzeugen, war ein entscheidender Schritt in unserer Evolution weg von unserem behaarten, vierfüßigen hunderttausendfachen Großvater.
    Große Gehirne genügen jedoch nicht. Wirklich entscheidend ist, was man damit tut. Und was wir zu Stande brachten, ist, ein Gehirn gegen das andere auszuspielen, sodass sie im Laufe der Jahrtausende immer besser miteinander konkurrieren und kommunizieren konnten.
    Affenhirne im Wettbewerb mit Löwenhirnen – das führt zu einem Rüstungswettlauf, der beide verbessert, doch dieser Rüstungswettlauf ist ziemlich langsam, da beide Arten Hirne, soweit es den Wettbewerb betrifft, nur für sehr beschränkte Zwecke genutzt werden. Affenhirne im Wettbewerb mit anderen Affenhirnen – das trainiert das gesamte Hirn, sodass die Evolutionsrate wahrscheinlich viel höher sein wird.
    Für die Angehörigen einer jeden Art sind die Hauptkonkurrenten andere Wesen derselben Art. Das ist plausibel: Es sind diejenigen, die exakt dieselben Ressourcen haben möchten wie man selbst. In unserer Scheibenwelt-Metapher öffnet dieser Umstand die Tür für die Einmischung der Elfen. Die hässliche Seite der menschlichen Natur, die im Extremfall zum Bösen führt, ist unlösbar mit der netten Seite verknüpft. Eine sehr direkte Art, mit dem Nachbarn in Wettbewerb zu treten, ist, ihm kräftig auf den Kopf zu hauen.
    Es gibt jedoch raffiniertere Wege, einen evolutionären Vorteil zu erlangen, wie wir später sehen werden. Die Herangehensweise der Elfen ist grobschlächtig und bringt sich am Ende

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