Die Philosophen der Rundwelt
darüber wundern können, wenn der Dschinn, der das elektrische Licht und das Radio in Gang hält, in den Streik tritt und sich die Dampfkraft-Genien aus Solidarität anschließen, genießen wir diese animistische Phantasie als Treibstoff für Murphys Gesetz und für hübsche Animationen à la Disney. Wir halten nichts davon für eine wirkliche Kausalität.
Joseph Needham hat Licht in diese Art Verwirrung gebracht. In der Einführung zu seiner wahrlich gigantischen History of Science in China hat er den Grund dargelegt, warum China nie eine Wissenschaft in der Art des Westens hervorgebracht hat: China hat nie den Monotheismus angenommen. In polytheistischen Philosophien ergibt es nicht viel Sinn, nach dem Grund für etwas zu suchen, sagen wir, ein Gewitter: Man bekommt da am ehesten eine sehr spezifische Antwort, bei der es um mehrere Zwischenfälle im Liebesleben der Götter geht, und eine Erklärung für die Herkunft von Blitz und Donner, die ans Lächerliche grenzt.* [* Zumindest auf der Scheibenwelt kann man sehen , wie die Götter sich ungebührlich benehmen.]
Monotheisten jedoch – womit wir etwas wie den Platzhalter Abraham meinen, auf den wir uns schon bezogen haben – gehen davon aus, dass Gott ein stimmiges Ensemble von Ideen im Sinn hatte, als er das Universum einrichtete. Ein Ensemble von Ideen. Wenn man erwartet, dass der einzige Gott stimmig vorgeht, dann lohnt sich die Frage, wie sich diese Kausalitäten zueinander verhalten, beispielsweise: »Schwarze Wolken und Regen hängen mit Gewittern zusammen, wenn …« was auch immer der Fall ist. Der Monotheist kann das Wetter vorhersagen, wenn auch ziemlich schlecht. Der Polytheist aber braucht einen Theopsychologen und genaue Informationen darüber, was die Götter im Augenblick gerade vorhaben. Er muss wissen, ob ein Krach zwischen zwei Göttern zu einem Gewitter führen wird. Wissenschaftliche Kausalität ist also mit Gotteskausalität vereinbar, nicht aber mit Götterkausalität.
Monotheisten verfügen zudem über eine innewohnende Unduldsamkeit. Die Einstellung, dass es nur eine Wahrheit gibt, eine Straße zu dem einen Gott, stellt jede monotheistische Religion in den Gegensatz zu allen anderen. Es gibt keinen Spielraum, keine Möglichkeit, die offensichtlichen Irrtümer von Leuten zu dulden, die an einen anderen Gott glauben. Also hat der Monotheismus die Grundlagen für die Inquisition gelegt wie auch für das unduldsame Christentum über die Jahrhunderte hinweg – von den Kreuzzügen bis zu Missionaren in Afrika und Polynesien. »Ich habe die Story, und es ist die einzige« ist charakteristisch für viele Kulte, die allesamt intolerant sind.
Die Glaubenslehren und -gemeinschaften entwickeln sich natürlich weiter. Aber sie tun das wegen der Schlappen, die sie von der Wissenschaft, von der materiellen Entwicklung und von besserer Bildung einstecken mussten. Sie entwickeln sich weiter, weil kluge Menschen in ihnen die Gemeinsamkeit der Menschheit erkennen. Wo es zu wenige kluge Menschen gibt, bekommt man Nordirland. Wenn man Glück hat.
Wenn die Zukunft nicht feststeht, sondern formbar ist, und wenn wir die Auswirkungen unseres gegenwärtigen Verhaltens vorhersagen können, wie schlecht auch immer, dann können Vorhersagen der Zukunft ihre Verwirklichung selbst verhindern. Und das kann sogar der Zweck solcher Vorhersagen sein.
Viele von den biblischen Propheten scheinen – wie heute viele Science-Fiction-Autoren – davor zu warnen, was passieren kann, wenn wir so weitermachen wie bisher. Sie haben also Erfolg, wenn sich ihre Prophezeiung als falsch erweist, weil die Menschen sie beherzigen und ihr Tun ändern. Wir können das verstehen; obwohl die Prophezeiung nicht eingetroffen ist, sehen wir alle, dass sie hätte eintreffen können: Sie hat uns ein besseres Bild von dem Phasenraum gegeben, in dem sich die Zukunft unserer Kultur befindet.
Wie ist es mit der Zigeunerin, die Ihnen prophezeit, dass ein großer dunkelhaariger Mann in Ihr Leben treten wird, und die Sie so empfänglich für all jene künftigen großen dunkelhaarigen Männer macht? (Falls Sie sich überhaupt für große dunkelhaarige Männer interessieren; das liegt ganz bei Ihnen.) Das könnte eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein, das Gegenteil der von den biblischen Propheten erzählten Geschichten. Es ist eine Geschichte, auf die der Adressat eingeht, weil er möchte, dass sie geschieht.
Es heißt, es gebe nur sieben grundlegende Fabeln für Geschichten; also ist
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