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Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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gelangweilt. Wahrscheinlich war der Vorwurf mit den bösen Navajo-Geistern schon etwas abgegriffen.
    „Ich wünschte, ich wüsste, wer es war“, murmelte ich.
    „Du wirst es bestimmt noch herausfinden.“
    So sehr glaubte er an mich? Gegen meinen Willen fühlte ich mich durch sein Lob geschmeichelt.
    „Wer die Macht hat, einen Chindi zu schicken, der kann noch eine ganze Menge mehr schicken. Ich erwarte eigentlich, dass jederzeit irgendetwas Neues hier auftaucht, um dich zu töten.“
    Die Wärme, die ich gerade noch für ihn empfunden hatte, war abgekühlt. Denn die ständige Rederei über mein baldiges Sterben ging mir auf die Nerven.
    „Jimmy hat gesagt, ein Chindi sei ein Rachedämon.“
    „Das ist eine mögliche Interpretation.“
    „Stimmt das denn nicht?“
    „Ein Chindi ist ein boshafter Geist, der dem letzten Atemzug eines Dinés entweicht.“
    „Ein Geist?“
    „Vielleicht.“
    Toll, wie präzise er immer war.
    „Chindis durchstreifen die Nacht. Pfeife nie in der Dunkelheit, sonst rufst du einen herbei.“
    Ich runzelte die Stirn. Wurde der Chindi etwa durch Pfeifen in der Nacht herbeigelockt?
    „Ich bezweifle, dass es in Wisconsin umherirrende Navajo-Geister gibt“, murmelte Sawyer.
    Mein Blick bohrte sich in seinen Rücken. Das hatte ich doch gar nicht laut gesagt.
    „Nur eine Hexe kann einen Chindi zu einer Rachemission aussenden.“
    „So wie du.“
    „Dass ich der Hauptverdächtige bin, haben wir jetzt wohl zur Genüge erwähnt. Trotzdem stimmt es nicht.“
    So kamen wir nicht weiter. Ich hatte ja keine Beweise für seine Tat. Und selbst wenn, was hätten sie schon gebracht? Ich musste hierbleiben, musste von ihm lernen. Selbst wenn er versucht hatte, Jimmy mit einem besessenen Berglöwen aus dem Weg zu räumen, es würde rein gar nichts ändern.
    Beim Aufstieg wurde es immer schwieriger, sich zu unterhalten. Ich hatte keine Ahnung, wohin wir wollten, aber Sawyer wusste es anscheinend. Denn er nahm immer die direkten Wege und legte einen Affenzahn vor.
    Zum Glück hatte ich morgens die Eier gegessen, denn selbst wenn wir etwas zu essen dabeigehabt hätten – wir legten ja nie eine Rast ein. Das Wasser tranken wir im Laufen, beinahe ohne uns auch nur die Zeit zu nehmen, den Kopf zurückzulegen und zu schlucken.
    Schließlich hing die Nacht über dem Horizont und verdrängte mit ihrer Schwärze die letzten orangefarbenen Spuren des Tages. Vom mitternachtsschwarzen Himmel glitzerten die Sterne. Und der Mond befreite sich aus seinen Fesseln, stieg empor und ließ sein silbriges Licht über dem Gestrüpp und den krüppeligen Bäumen erstrahlen.
    „Das reicht.“ Ich setzte mich auf den nächstbesten Felsen. Davon gab es hier oben eine Menge. „Ich kann nicht mehr.“
    Sawyer lief einfach weiter und war im Nu in der Dunkelheit verschwunden. Um mich herum war nur die Nacht mit ihrer eiskalten Luft. Ich schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und versuchte mich zu öffnen, meinen Verstand, mein Herz. Nichts.
    In der Ferne hörte ich ein Heulen. Wolf? Kojote? Hund? Ich wusste es nicht. Spielte es denn eine Rolle? Im Unterholz raschelten kleine Tiere. Um meinen Kopf surrten Insekten, und ich hätte schwören können, dass sich eine Schlange um meinen Felsen ringelte. Solange sie nicht rasselte, würde ich sie tapfer ignorieren.
    Sawyer hatte auf diesem Ausflug jegliche Art von Waffen verboten. Seiner Meinung nach musste die Suche nach der visionären Kraft unbewaffnet vollbracht werden. Ich hatte ihm vertraut und war damit einverstanden gewesen, aber jetzt wünschte ich mir sehnlichst eine Pistole herbei.
    Der Geruch von brennendem Holz zog mir in die Nase, und ich versuchte, etwas zu erkennen. Entweder war hier gerade ein Waldbrand entstanden, dann war ich so gut wie tot, oder Sawyer hatte ein Lagerfeuer entzündet.
    Ich ließ meine Angen wandern und suchte die Baumwipfel ab. Weder entdeckte ich Flammen, die mir wie aus Fantasia entkommen fröhlich entgegentanzten, noch hörte ich ein heimtückisches Zischen, das meinen nahen und qualvollen Tod ankündigte.
    Essenszeit also.
    Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, keinen Schritt mehr zu tun, der Geruch von Essen, wie schlecht es auch sein mochte, stimmte mich um. Ich schlüpfte zwischen den Pinien und Kiefern hindurch dorthin, wo Sawyer kurz zuvor verschwunden war.
    Es ging bergab, und die Vegetation wurde immer dichter. Neben dem Rauch meinte ich Wasser zu riechen. Klares, kaltes Wasser.
    Ich wurde immer schneller. Der Pfad war so

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