Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)
aus, tief und traurig. „Vielleicht.“
„Du hast auf die bösen Stimmen in deinem Kopf gehört.“
Er sah mich scharf an. „Welche Stimmen?“
Hupps. Das war ja ich.
„Ich meine nur – wo zur Hölle hast du diesen Mist nur her?“
Er sah zur Tür und wieder zurück.
„Von ihr?“, fragte ich. „Sie ist geisteskrank. Ist dir das noch nicht aufgefallen?“
„Das kann schon mal passieren, wenn man in einem Grab aufwacht und sich selbst ausbuddeln muss.“
Ich war mir zwar ziemlich sicher, dass der Phönix schon lange verrückt gewesen sein musste, bevor er aus dem Grab gestiegen ist, aber das war jetzt gerade nicht so wichtig. Im Augenblick gab es einen viel wichtigeren Punkt zu klären.
„Hast du Maria auferweckt?“
„Ich habe dir gesagt, dass ich keine Toten erwecken kann.“
„Und dann hast du Xander zurückgeholt.“
„Bei Geistern ist das was anderes.“
Ich wusste nicht recht, ob ich ihm glauben sollte, daher griff ich nach seinem Arm. Er knurrte mich an.
„Okay, okay.“ Ich ließ den Arm sinken. „Machen wir mit einer anderen Frage weiter. Wenn du sie nicht erweckt hast, wer war es dann?“
„Der, der sie begraben hat?“
„Hm.“ Daran hatte ich nicht gedacht. Wie immer führte eine Frage zur nächsten. „Wie bin ich hierhergekommen?“
„Du bist einfach in der Stadt aufgetaucht … sagt man jedenfalls.“
„Nicht hier her.“ Ich widerstand der Versuchung, mit dem Fuß aufzustampfen. „Ich meine: auf die Erde. Ich bin zur Welt gekommen, als sie starb, das …“
„Das sagt sie jedenfalls.“
„Stimmt das denn nicht?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du warst doch da, als sie starb. Du hast nicht zufällig ein Baby schreien gehört?“
„Nein.“ Er presste die Lippen zusammen. „Aber ich bin davongelaufen. Und dann …“
„Was dann?“
„Dann war sie verschwunden.“
„Das erklärt noch nicht, wie ich geboren wurde und wie du so verdammt sicher sein kannst, dass du nicht mein Vater bist.“
„Ich bin es aber nicht.“
„Weil Inzest eines deiner wenigen Tabus ist – vielleicht sogar dein einziges?“
Eine knappe, achtlose Bewegung aus dem Handgelenk, der man nichts von der Wut ansah, die dahinterstand – und ich wurde gegen die Wand geschleudert. Gerade fest genug, um mir den Atem zu nehmen, aber nicht fest genug, um mir wirklich wehzutun.
„Ich weiß, dass ich nicht dein Vater bin, weil ich es nicht beschlossen habe.“
„Offenbar hat mein Hirn diesmal was abgekriegt. Ich dachte schon, ich hätte dich gerade sagen hören, dass du nicht beschlossen hättest, mein Vater zu sein, und es deshalb auch nicht bist.“
„Das stimmt.“
„Du weißt aber schon, wie das mit der Fortpflanzung funktioniert, oder?“
„Ich bin nicht so wie andere Männer.“
„Du bist überhaupt kein Mann.“
Seine Hand zuckte. Ich spannte meine Muskeln an und bereitete mich darauf vor, gleich aus dem Fenster geworfen zu werden. Warum hatte ich plötzlich dieses unwiderstehliche Verlangen, auf Sawyer herumzuhacken? Ich wusste es wirklich nicht.
„Ich bin ein Fellläufer.“ Er hielt die Hände nach und nach lockerer, bis sie schlaff herabhingen. „Sowohl Hexer als auch Gestaltwandler, der Definition nach ein Mann mit magischen Kräften. Und weil ich das bin, habe ich bestimmte Fähigkeiten.“
„Die ich jetzt auch besitze.“
Er warf mir einen scharfen Blick zu. „Nicht alle. Noch nicht.“
„Stimmt.“ Schließlich hatte ich niemanden umgebracht, den ich liebte. Noch nicht .
„Eine meiner Fähigkeiten ist es zu entscheiden, wann ich ein Kind zeuge.“
„Und du hast es nicht beschlossen.“
„Ich habe nicht beschlossen, dich zu zeugen.“
„Genau genommen hast du dich aber doch dafür entschieden, mich zu zeugen.“ Für den Fall, dass er widersprechen würde, hob ich die Hand. „Du hast dich entschieden, den Phönix zu töten, und dadurch wurde ich geboren.“
„Aber du bist nicht mein Kind.“
„Gott sei Dank.“
Er runzelte die Stirn. „Ich wäre sicherlich ein guter Vater.“
„Jetzt werde ich gleich verrückt.“ Ich sammelte meine Klamotten zusammen und zog mich an. „Habe ich überhaupt einen Vater?“
„Jeder hat einen Vater.“
„Jeder Mensch“, murmelte ich. „Vielleicht hat mich der Phönix einfach als Ei gelegt. Schließlich ist er ein Vogel.“
„Da hast du nicht ganz unrecht.“
„Na fabelhaft. Ich wurde ausgebrütet.“
Er grinste. „Das bezweifle ich allerdings doch.“
„Aber du weißt es nicht
Weitere Kostenlose Bücher