Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)
von der Straße abgekommen wären. „Er war ein Mensch?“
„Ja.“
„Du hast einen Menschen für die Föderation angeworben?“
„Er ist gar nicht in der Föderation gewesen. Er hat nur geforscht.“
„Bist du irre?“, schrie Jimmy. Ich fuhr zusammen. Er schrie so gut wie nie jemanden an, aber wenn, dann immer mich.
„Du kannst doch keine normalen Leute auf das hier ansetzen.“
„Ich habe ihn auf gar nichts angesetzt. Er wusste längst Bescheid.“
Fast jedenfalls.
Xander hatte die Mythen schon seit Jahren studiert. Er wusste mehr über die Offenbarungsprophezeiungen als irgendjemand sonst. Er hatte zwei und zwei zusammengezählt. Ich musste nur noch vorbeikommen, um ihm zu bestätigen, dass es vier ergab.
„Sieh dir nur an, wohin ihn sein Wissen gebracht hat“, stieß Jimmy zwischen den Zähnen hervor.
„Ruthie hat auf ihn aufgepasst“, platzte ich heraus. „Sie hat gesagt, er mache einen guten Job.“
„Aber sie hat ihn nicht gefragt, ob er auch seinen Hals dafür hinhalten wollte.“
Ich zuckte zusammen, als ich an das riesige Loch dachte, das jemand meinetwegen in Xanders Kehle geschnitten hatte. „Sie wusste es besser. Nur Wesen mit übernatürlichen Kräften haben eine Chance, ein Treffen mit einem Nephilim zu überleben, und selbst die schaffen es nicht immer. Wem außerhalb der Föderation hast du noch davon erzählt?“
„Nieman…“ Ich erstarrte. Meine Lippen formten das Wort zwar zu Ende, aber alle Luft war aus meinen Lungen entwichen.
„Wem?“, fragte Jimmy.
Unsere entsetzten Blicke trafen sich. Ich schloss den Mund und schluckte, dann brachte ich flüsternd hervor: „Megan.“
7
M eine beste Freundin ging nicht ans Telefon. Weder zu Hause noch in der Bar.
Da in der Bar gerade Happy Hour sein musste, war es gut möglich, dass sie einfach zu viel mit den Kunden zu tun hatte. Sie würde nicht ans Telefon gehen, bis sich die Lage wieder beruhigt hatte. Aber selbst wenn ich sie erreichte, hätte ich ihren Versicherungen, dass alles in bester Ordnung sei, nicht glauben können. Sicher gab es Nephilim, die Stimme und Aussehen einer Person perfekt imitieren können. Die einzige mir bekannte Art herauszufinden, ob es Megan gut ging, war, nach Milwaukee zu fahren und sie zu berühren.
Jimmy steuerte Thanes Navigator in Richtung Wisconsin, ohne dass ich ihn erst darum bitten musste. „Weiß noch jemand von unserem Geheimnis?“
„Nein.“
„Bist du sicher?“
„Ja.“
„Du weißt, was ein Geheimnis ist, oder?“
Ich sah ihn wütend an.
„Was hast du dir dabei gedacht?“, wollte er wissen.
„Megan hatte einen Nephilim gesehen. Was hätte ich tun sollen?“
„Lügen.“
„Das ist eher deine Stärke, nicht meine.“ Besonders wenn es um Megan ging. Sie war dreifache Mutter. Sie roch eine Lüge, noch bevor sie in meinem Kopf Gestalt annehmen konnte, ganz zu schweigen davon, dass sie mir über die Lippen käme.
„Du kannst nicht einfach Menschen auf diese Weise in Gefahr bringen. Selbst wenn sie über die Nephilim Bescheid wissen, haben sie keine Möglichkeit, sich gegen sie zur Wehr zu setzen.“
„Ich habe ihr jemanden geschickt, der sie beschützen sollte.“
Er legte die Stirn in Falten. „Wen?“
„Ich bin … ähm … mir nicht sicher.“
„Kennst du die Bedeutung des Wortes geschickt ?“
Ich kniff die Augen zusammen und konnte mich gerade noch zusammenreißen. „Ich habe Summer gebeten, Megan einen Dämonenjäger zu schicken, und sie hat es getan.“ Zumindest hatte sie das behauptet. Ich war etwas zu beschäftigt gewesen, um das weiterzuverfolgen.
Jimmy sah kurz zu mir herüber, dann starrte er wieder auf die Straße.
„Sie hätte nicht gesagt, dass sie es tun würde und es dann nicht getan, nur um mir eins auszuwischen.“ Ich griff nach Jimmys Arm. „Wir sprechen hier immerhin von Megans Leben.“
Jimmy rutschte ein Stück zur Seite und entzog sich so meiner Berührung. „Daran hättest du denken sollen, bevor du ihr die Wahrheit gesagt hast.“
Am Rand des Freeways tauchte die Turmuhr von Allen-Bradley auf, dahinter die Skyline von Milwaukee und wiederum dahinter die marineblaue Weite des Michigansees. Zehn Minuten später standen wir vor dem Murphy’s .
Wir versuchten, Summer zu erreichen. Es überraschte mich nicht sonderlich, dass sie bei meiner Nummer im Display nicht abnahm, aber sie ignorierte auch Jimmys Anrufe. Klar, wenn man gerade ohne Flügel flog, war es wahrscheinlich schwierig, ans Handy zu gehen, ohne mit
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