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Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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der bisher einen geistig wachen Eindruck gemacht hatte, sah auf einmal verwirrt aus. Er verzog das Gesicht und blinzelte, als versuchte er, sich an etwas zu erinnern, das lange zurücklag.
    „Xander?“, fragte ich alarmiert. „Sind Sie okay?“
    „Lass ihm Zeit“, raunte Sawyer. „Es ist nicht leicht, zwischen den Welten zu wandeln.“
    Xander hörte auf zu blinzeln. „Ich war in meinem Büro“, sagte er. „Und ich hörte Schritte. Ich dachte, das wären Sie …“
    „Aber ich war es nicht. Konnten Sie denn erkennen, wer es …?“
    Xander schüttelte den Kopf. Das überraschte mich gar nicht. Geister wussten nicht, wer sie umgebracht hatte. Oft war das auch der Grund dafür, dass sie überhaupt Geister waren.
    Whitelaws Blick fiel auf seine Füße. Er kickte etwas Erde auf die Kreislinie, und als sie zurück auf seinen Schuh fiel, als wäre sie auf eine unsichtbare Wand getroffen, hob er den Blick und sah mich an.
    „Ich bin tot.“
    Und dann – puff – war er verschwunden.
    „Hey!“ Ich rannte zum Kreis, doch darin lag nur noch der Hut. „Hol ihn zurück!“
    „Das kann ich nicht.“
    „Schwachsinn!“, sagte ich. „Du kannst alles!“
    „Nein“, sagte er sanft. „Kann ich nicht.“
    „Wo ist er hin?“
    Sawyer wies mit der Hand zuerst in Richtung Himmel, dann auf den Boden und zuckte schließlich die Schultern.
    „Ich war mit meinen Fragen noch nicht fertig.“
    „Wenn Geister erkennen, dass sie tot sind, oder wenn sie ihre unerledigte Aufgabe erfüllt haben, dann sind sie keine Geister mehr.“
    Aus dem Nichts zückte Sawyer eine Zigarette. Er schnippte mit den Fingern und hatte ein Streichholz in der Hand. Nachdem er die Zigarette angezündet hatte, sog er den Rauch tief in die Lungen und ließ ihn durch die Nase entweichen. Dann betrachtete er das Feuer.
    „Bist du jemals einem echten Phönix begegnet?“, fragte ich.
    „Ich habe schon so vieles gesehen.“ Sawyer nahm noch einen tiefen Zug und blies den Rauch in einem gleichmäßig grauen Strom nach oben.
    Ich fand es völlig unnötig, ihn darauf hinzuweisen, dass Rauchen ungesund sei. Für die Mitglieder der Föderation war schließlich schon das Atmen ungesund geworden, und da es fast unmöglich war, Sawyer zu töten, glaubte ich nicht, dass Mundhöhlen-, Kehlkopf- oder Lungenkrebs für ihn ein Problem darstellten.
    Wenn man zu übertriebenem Optimismus neigte – was ich nicht tat –, hätte man meinen können, dass die ständige Konfrontation mit dem Tod und der endgültigen Vernichtung auch ihr Gutes hatte. Wir konnten alle Laster, die wir irgendwann einmal aufgegeben hatten, ohne Sorgen wieder aufnehmen. Rauchen, Saufen, Drogen, Geschlechtskrankheiten – irre! All das würde uns so schnell nicht umbringen.
    Dafür waren natürlich andere Sorgen hinzugekommen. Wir mussten uns vielleicht keine Gedanken mehr um Krebs oder Aids machen, aber dafür gab es Dämonen, glühende Höllenschlünde und das Ende der Welt.
    Sawyer warf seine Zigarette ins Feuer und starrte gedankenverloren in die Ferne. Ich ging zu ihm, denn ich dachte, er würde mir vielleicht sagen, was er über den Phönix wusste. Oder mir zumindest mitteilen, wo ich ihn auftreiben konnte.
    Stattdessen schlug er sich mit der Handfläche auf den Oberarm. Der Lichtblitz war so hell, dass ich meine Augen schließen musste, und als ich sie wieder öffnete, war Sawyer verschwunden.
    „Und was ist jetzt mit mir?“, rief ich in die Nacht hinaus.
    Ich wartete, bis die Lichtstreifen des Sonnenaufgangs den Himmel erhellten, bevor ich den Berg hinunterstieg. Beim Aufstieg war ich ein Wolf gewesen, mit besseren Augen, besserer Nase und besserer Bodenhaftung. Da ich meinen Umhang unten zurückgelassen hatte und Sawyer verschwunden war, musste ich den Rückweg als Mensch bewältigen. Sicher, ich war geschickt und auch schnell und stark. Aber der Berg war doch noch stärker. Hätte ich es im Dunkeln versucht, ich wäre am Ende noch in eine Schlucht gestürzt und hätte mir das Genick gebrochen.
    Natürlich hätte ich einen Genickbruch heilen können. Aber ich hatte wirklich keine Lust dazu. Dass meine Knochen nach einem Bruch wieder zusammenwuchsen, bedeutete nicht, dass die Verletzung selbst nicht höllisch wehtat.
    Und wozu überhaupt die Eile? Okay, Sawyer hatte es auch verdammt eilig gehabt, aber ich hatte keine Ahnung, warum. Wenn er mich dafür gebraucht hätte, wäre er wohl kaum ohne mich verschwunden.
    Als ich den Fuß des Berges erreichte, war ich verschwitzt, müde und

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