Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)
unwiderstehliche Kombination. Als Teenager hatten wir geheim halten müssen, was wir fühlten, und besonders, was wir taten. Ruthie hätte uns sonst umgebracht. Also hatten wir Sex in Wandschränken, auf Anrichten, an der Wand im Flur der ersten Etage gehabt, während Ruthie und die kleineren Kinder unten im Erdgeschoss Lebensmittel in die Vorratskammer räumten.
Hey, ich habe nie behauptet, wir wären clever gewesen. Wir waren hormongesteuerte Teenies.
Ich saugte an seinem Hals, nahm eine Hautfalte zwischen die Zähne. Er schmeckte nach Sommer und Salz, die einzige Wärme in einer Welt, die so verdammt kalt geworden war.
Blut , flüsterte der Dämon, du weißt doch, dass du es willst.
Und das tat ich. So sehr, dass ich fast schmecken konnte, wie es pulsierte.
Es wird ihm nicht wehtun. Du kannst ihn ja nicht töten.
Das war aber nicht die Wahrheit, und ich wusste es. Und der Dämon wusste es ebenfalls. Hinterhältiger, verlogener Bastard.
Ich atmete tief ein und nahm meinen Mund von Jimmys Haut. Es war um einiges schwerer, als es eigentlich hätte sein sollen.
Ich stellte mir vor, wie ich den Dämon – der vor meinem geistigen Auge ein missgebildetes, paarhufiges Monster war – hinter eine eiserne Tür sperrte. Und dann schlug ich sie zu. Das Geräusch ließ meine Ohren klingeln. Der Dämon warf sich gegen die Tür, schrie und hämmerte dagegen, bekam einen Wutanfall wie ein Kind. Ich kehrte der Tür den Rücken zu und warf den Schlüssel weg.
Oh ja, das war schon besser.
Der Nebel hatte sich weiter verdichtet, ich konnte nichts mehr sehen, bis auf den Schatten von Jimmys Kopf, der ganz nah bei meinem war. Einen derart dichten Nebel konnte es doch gar nicht geben.
Jedenfalls nicht auf der Erde.
„Erinnerst du dich an die Nacht, als wir uns davongeschlichen haben?“ Jimmys Stimme wirkte körperlos, obwohl sein Atem über meine Wange strich.
Ich lachte kurz auf. „Welche meinst du?“
„Schließ deine Augen“, flüsterte er, und seine Lippen berührten meine Schläfe, beide Augenlider und meinen Wangenknochen. „Vielleicht ruft das hier ja eine Erinnerung wach.“
Er biss mich sanft ins Kinn, und eine Erinnerung flackerte auf. Kühler Wind – Oktober – der Geruch frisch gefallener Blätter aus einem Laubhaufen direkt neben dem Ahornbaum im Garten. Das Rascheln meiner bloßen Füße in den wenigen Blättern, die der Herbstwind herausgerissen hatte. Ich zuckte bei dem Geräusch zusammen, das mir in der geheimnisvollen marineblauen Nacht so laut wie ein Donnerschlag vorkam.
„Du hast mir eine Nachricht zugesteckt“, sagte ich. Seine Finger wanderten unter mein Tanktop, seine Hand lag groß und heiß auf meinem Bauch. Ich schmiegte mich an ihn und versuchte, ein Schnurren zu unterdrücken.
„Treffen um Mitternacht.“ Sein Gesicht an meinem Hals, leckte er über meine pochende Vene, presste die Zunge gegen den Puls und fuhr mit den Zähnen im Rhythmus meines Herzens auf und ab.
Ich wollte, dass er mich biss, dass er von mir trank, bis ich starb.
„Scheiße“, murmelte ich. Wir waren beide so kaputt. Andererseits waren wir das auch schon immer gewesen.
Wir konnten uns selbst vormachen, dass die Dämonen in uns neu waren. Aber Jimmy und ich hatten schon immer unsere Dämonen gehabt. Neu war nur, dass wir sie jetzt auch herausließen.
„Ich dachte, Ruthie hätte uns gesehen“, sagte ich mit einer immer atemloser werdenden Stimme. „Ich habe die Nachricht im Klo runtergespült, für alle Fälle.“
Er lachte, und bei dieser Bewegung traf seine Brust auf meine. Ich sehnte mich danach, seine Haut auf meiner zu spüren. Halb wahnsinnig vor Verlangen beugte ich mich zurück und riss mir das Tanktop über den Kopf. Noch bevor es auf dem Boden aufkam, hatte er mit einer geschickten Bewegung meinen BH geöffnet, nahm meine Brüste in seine Hände, umfasste und liebkoste sie. Er senkte den Kopf und ließ seinen Atem über meine Gänsehaut streichen, die sowohl vom Nebel als auch von den Erinnerungen herrührte.
„Meine Hände haben immer gezittert, wenn ich dich berührte.“ Innig küsste er mein Schlüsselbein und strich mit den Fingern darüber. Ich spürte das Zittern. „Das tun sie heute noch.“
Meine Kehle fühlte sich seltsam an – wie zugeschnürt – und meine Augen brannten. Irgendetwas musste sich in diesem Nebel befinden – außer Wasser.
Was war hier unten vorgefallen? Der Dagda sollte Jimmys Dämon befreien. Stattdessen schien er jenen Jimmy zurückgebracht zu haben, den
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