Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
ich einen Jetta! Aber schon immer hatte ich eine Schwäche für alte Wagen, für diese Spritschleudern. Die hatten Schneid, Mumm, Chuzpe und hielten was aus. Für mich war es vollkommen plausibel, dass Christine, Stephen Kings Auto, das niemals kaputtgegangen ist, ein 1958er Plymouth Fury war.
Summer dirigierte den Impala in Richtung Süden. „Was ist denn das da in deiner Tasche?“, fragte sie.
Ich hörte auf, das Amulett zu reiben. Zunächst zögerte ich, doch zwei Köpfe waren immer besser als einer, selbst wenn er Summer gehörte. Schließlich hatte sie schon genauso viele Jahre auf dem Buckel wie die Frau aus Rauch. Für irgendetwas musste das doch nütze sein.
Ich zog die Kette hervor. „Das habe ich der Naye’i abgenommen.“
Stirnrunzelnd betrachtete Summer den kreisrunden Anhänger aus Kupfer. „Das ist ein Drudenfuß.“
„Noch nie gehört.“
Was keineswegs verwunderlich war. Eine Waffe zu reinigen, einen Martini zu mixen, darin war ich verdammt genial, aber sobald es um satanische Kulte ging, versagte ich hoffnungslos.
„Drudenfüße sind Amulette, die bei magischen Zeremonien verwendet werden“, sagte Summer. „Der Stern stellt ein Pentagramm mit fünf Ecken dar. Wenn einer der fünf Zacken nach oben zeigt, dann haben wir es mit weißer Magie zu tun.“
„Und wenn zwei Zacken nach oben und einer nach unten zeigt?“
„Schwarze Magie.“
Das überraschte mich nicht. „Bis ich ihr das Amulett vom Hals gerissen habe, wusste ich nicht, um was es sich bei ihr handelte. Ich glaube, es hat meine seherischen Fähigkeiten blockiert.“
„Fantastisch“, murmelte Summer. „Stell dir bloß vor, es gibt noch mehr von den Dingern.“
Daran hatte ich bislang gar nicht gedacht. Mir hatte nur dieses eine hier Sorgen gemacht.
„Woher weißt du denn das alles?“, fragte ich.
Da man mich in der Funktion als Anführerin der Föderation und meiner Bestimmung als Seherin praktisch ohne jegliche Vorbereitung ins kalte Wasser gestoßen hatte, wusste ich bei weitem nicht alles, was ich über die Nephilim wissen sollte. Eigentlich wusste ich sogar überhaupt nichts.
Die Dämonenjäger wurden in den Praktiken des Tötens unterwiesen. Die Seher sollten einfach nur ihrer Gabe folgen, aber ich war eben beides. Doch hatte ich nicht die Zeit gehabt, mich in die alten Texte und Legenden der verschiedenen Völker zu vertiefen. Und so wie die Dinge lagen, würde ich wahrscheinlich auch niemals dazu kommen. Bis jetzt hatte ich mir damit beholfen, jeden verfügbaren Dämonenjäger auszuquetschen, und mich natürlich auch auf den Freund eines jeden Wahrheitssuchenden, das Internet, verlassen.
„Ich mache das ja schon seit einer ganzen Weile“, antwortete Summer. „Es gibt auch eine Website, auf der Dämonenjäger und Seher Daten zu bestimmten Nephilim und ihren Kreuzungen zusammentragen. Spart Zeit beim Recherchieren.“
„Warum weiß ich davon nichts?“
„Ist erst vor ein paar Wochen aktiv geworden.“ Dann rasselte sie die Adresse runter und auch, wie man sich einloggt. „Es ist unvollständig, denn die Dämonenjäger sind im Töten geschickter als im Tippen, und viel Wissen ist außerdem auch verloren gegangen, als drei Viertel der Föderation ausradiert wurden.“
Ich fluchte.
„Damit musst du jetzt leben“, sagte Summer. „Und es hinter dir lassen.“
Mir blieb ja keine Wahl.
„Hast du so etwas Ähnliches schon einmal gesehen?“ Ich hielt das Amulett hoch.
Als Summer mir das Amulett abnahm, wurde ich nervös. Ein wenig befürchtete ich, sie könnte bei der Berührung in Flammen aufgehen. Wer wusste das schon so genau? Aber sie tat es nicht.
„Wahrscheinlich hat es die Frau aus Rauch gemacht“, sagte Summer. „Hat es verzaubert. Eine Ziege geopfert.“
Ich erstarrte. „Wie kommst du darauf?“
„Immer gibt es ein Ziegenopfer.“ Sie blickte zur Seite, dann heftete sie den Blick wieder auf die dunkle Straße vor uns. „Du weißt aber, dass eine Ziege nicht immer eine Ziege ist?“
„Was?“
„Die Ziege ohne Hörner. Das bedeutet Menschenopfer.“ Irgendwie muss ich wohl zusammengezuckt sein, denn erstaunt zog sie die Brauen hoch. „Jetzt sag bloß nicht, dass dich das überrascht? Wir sprechen hier über das Böse schlechthin. Für Dämonen sind Menschen nichts als Beute. Vieh. Fleisch. Ziegen, wenn du so willst.“
Das hatte ich schon gewusst – und mit eigenen Augen gesehen, wie sich der Anführer der Dunkelheit einen Harem als Imbiss hielt. Mann, war ich froh, dass der
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