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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Typ tot war.
    Summer legte das Amulett auf die Sitzfläche zwischen uns. „Abgesehen davon macht dir noch etwas anderes Sorgen.“
    Ihre Intuition war beinahe so nervig wie ihre Maniküre.
    „Ich habe die Naye’i schon einmal gesehen“, räumte ich ein.
    „Und du hast sie nicht getötet?“
    „Ich war damals noch ein Kind.“ Damals hatte ich keine Ahnung von dem, was ich da gesehen hatte. Ein Blick in die Augen der Dämonin – und ich hatte mich für den Rest der Nacht unter der Decke verkrochen.
    „Was ist passiert?“
    „Saywer. Er …“ Verzweifelt suchte ich nach den geeigneten Worten, um meine Beobachtung von damals zu beschreiben. „Er … hat sie heraufbeschworen. Indem er eine Ziege getötet hat.“
    Der Wagen geriet ins Schlingern, als Summers Hände unruhig am Lenkrad zuckten. „Eine Ziege, Ziege oder …“
    „Eine Ziege.“ Trotzdem war es ein ziemlicher Schock gewesen.
    „Und dann?“, fragte Summer.
    Vor meinen geschlossenen Augen sah ich noch einmal, was damals vor vielen Jahren geschehen war.
    In dem Sommer, in dem ich fünfzehn Jahre alt wurde, schickte mich Ruthie zu Saywer, da ich alles über meine angeborenen psychometrischen Fähigkeiten lernen sollte. Ich musste lernen, damit umzugehen, und Saywer hatte mir dabei geholfen.
    Natürlich war es seltsam, ein fünfzehnjähriges Mädchen in einen abgelegenen Winkel New Mexicos zu einem scheinbar dreißigjährigen Mann zu schicken.
    Aber Saywer war nicht dreißig. Er war nicht einmal ein Mann. Und ich war keine gewöhnliche Fünfzehnjährige.
    Bestimmt war Ruthie nicht gerade erpicht darauf gewesen, mich dorthin zu schicken, aber sie konnte wohl nicht anders. Ich war auf eine Weise besonders, die ihr noch nie untergekommen war, genauso wie Saywer, den niemand wirklich verstand. Sosehr er mir auch Angst gemacht hatte – daran hatte sich bis heute nichts geändert –, hatte er mich auch begeistert, mich herausgefordert und mir viel beigebracht.
    In jener Nacht war ich im Dunkeln aufgewacht, hatte eine Stimme gehört, und als ich aus dem Fenster spähte, erlebte ich den Tod einer Ziege mit – und noch eine ganze Menge mehr.
    Das Blut hatte sich über Saywers Hände ergossen. Wo es auf den Boden traf, stieg Rauch empor, während er in einer fremden Sprache sang – zweifellos Navajo – und seine blutbefleckten Hände flehentlich der Nacht darbot. Der Rauch war mit dem Lagerfeuer im Hof verschmolzen und wirbelte umher, als wollte er sich befreien. Saywer stieß einen barschen Befehl hervor, und die tanzenden Flammen hielten sofort inne, reckten sich in die Höhe und verwandelten sich in die Frau aus Rauch.
    Als sie mich mit ihren unergründlichen schwarzen Augen anstarrte, wollte ich mich schon verstecken, doch es war zu spät. Sie hatte mich gesehen, und tief in meiner zitternden Seele wusste ich, dass sie eines Tages wegen mir kommen würde. Wie recht ich damit hatte!
    „Was hat ihn dazu veranlasst?“, fragte Summer, als ich mit meiner Geschichte zu Ende war.
    „Ich habe ihn nie danach gefragt.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich damals wahnsinnigen Schiss vor ihm hatte.“
    Summer nickte verständnisvoll. Saywer machte ihr auch Angst. Also war sie klüger, als sie aussah. Das war auch besser so.
    „Wahrscheinlich hätte er dir ohnehin nicht die Wahrheit gesagt“, sagte sie.
    „Sagt er überhaupt mal die Wahrheit?“
    Kräfte hatte Saywer reichlich, nur um sein Gewissen war es schlecht bestellt. Bei unserer letzten Begegnung hat er mir Drogen eingeflößt und mich anschließend gevögelt – und das meine ich so, wie ich es sage, ohne jede Beschönigung.
    Gegen Geld arbeitete Saywer als Ausbilder für die Föderation – er trainierte Dämonenjäger und Seher. Ungeachtet seiner mangelnden Moral und seiner nervtötenden Eigenart, zu tun und zu lassen, was ihm beliebte, hatte er doch ein großes Wissen. Wenn man wie er Jahrhundert um Jahrhundert lebte, konnte man gar nicht anders, man wurde weise.
    „Welche Kräfte hat eine Naye’i ?“, fragte ich.
    „Sie können mit dem Wind wandern. Sich in Rauch verwandeln.“
    „Meine Freundin Megan hat sie mit einem einzigen Blick ins Land der Träume befördert.“
    Bedächtig nickte Summer. „Ja, setz das noch mit auf die Liste. Aber das könnte auch eine Fähigkeit sein, die sie die Hexenkunst gelehrt hat. Schwer zu sagen.“
    „Warum hat sie das nicht mit mir gemacht?“
    „Vielleicht macht sie sich gerne die Hände blutig? Wer weiß? Vielleicht funktioniert diese Gabe nur bei

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