Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
wenn jemand anders Wache schob?
„Was meinst du mit viele haben daran geglaubt ?“
„Jede Generation denkt, sie lebt in der Endzeit. Die Ereignisse in der Offenbarung – der Jüngste Tag, Chaos, Leiden, das Tier, 666 – hätten sich zu jeder Zeit in der Geschichte abspielen können. Aber bislang haben wir sie immer aufgehalten.“
„Wir. Die Föderation.“
„Ja. Die Latte an Persönlichkeiten der Weltgeschichte, die sich ohne uns als Antichrist hätten entpuppen können, ist verdammt lang. Nero, Caligula, Stalin, Hitler, Mussolini, um nur ein paar Namen zu nennen.“
„Die Typen waren alle Nephilim?“
„Hast du ernsthaft geglaubt, das wären Menschen gewesen?“
Eigentlich nicht.
„Willst du mir sagen, dass jeder dämonische Vollidiot der Antichrist werden kann?“, fragte ich.
„Wenn es ihm gelingt, die notwendigen Bedingungen zu erfüllen, bevor einer von uns ihn abschlachtet.“
„Bedingungen. So wie mich zu töten?“
„Als ersten Schritt, dann muss er alle Dämonenjäger und Seher ausschalten.“
In dieser Hinsicht hatte der letzte Vollidiot schon ganze Arbeit geleistet.
„Und dann?“
„Charismatischer Weltherrscher errichtet den Tempel neu, schafft die Papierwährung ab, steht von den Toten auf.“
„Moment mal. Was war das Letzte?“
„Eines Tages wird einer von ihnen einen Kopfschuss heilen und dann … wie sagt man noch gleich?“ Mit ihrem rosa Nagel tippte sie sich gegen die rosa Lippen. „Dann ist aber die Hölle los. Im wahrsten Sinne des Wortes.“
„Eine Schussverletzung am Kopf zu heilen ist für die meisten Nephilim keine große Sache.“
„Weiß ich.“
„Dann machen wir weiter, als hätte man uns eine Gnadenfrist gewährt.“
„Wir machen weiter wie immer“, sagte Summer. „Töten, töten, töten.“
„Bei diesem Tempo“, sagte ich und rieb mir die Stirn, „endet dieser Kreislauf nie. Man tötet die Anführerin des Lichts – Jüngster Tag; man tötet den Anführer der Dunkelheit – Jüngster Tag aufgehoben. Jüngster Tag, Aufschub, Jüngster Tag, Aufschub.“ Mir wurde ganz schwindlig.
Ich ließ meine Hand sinken, und in dem Moment kam mir etwas in den Sinn. „Ruthie hat gesagt, die letzte Schlacht beginne jetzt.“
„Vielleicht.“ Summer blickte mich mit ihren trügerisch unschuldig dreinblickenden blauen Augen an. „So jemanden wie dich hat es noch nie gegeben.“
„Also den Gerüchten zufolge“ – die schon in der nächsten Woche Legendenstatus erreichen dürften – „habe ich den Jüngsten Tag vereitelt, indem ich den Anführer der Dunkelheit getötet habe. Um wieder von vorne anzufangen, müssten sie demnach mich ausschalten. Aber ich werde ihnen die Sache nicht so leicht machen wie Ruthie.“
„Dann haben wir also keinen Grund zur Sorge.“
„Außer dieser bösartigen Psychogeisterschlampe …“
„Hexe“, korrigierte mich Summer.
„Nein, so war es schon ganz richtig.“ Wir lächelten uns einvernehmlich an, aber als uns bewusst wurde, was wir da taten, hörten wir abrupt auf. „Sie ist … ähm … hinter mir her“, schloss ich. „Und ich weiß nicht, wie man sie tötet.“
„Alles der Reihe nach“, sagte Summer. „Erst einmal holen wir Jimmy, dann suchen wir Saywer.“
„Müssen wir das denn zusammen machen?“, fragte ich.
Summer und ich auf einer Spritztour. Auf der Jagd nach Jimmy Sanducci, um ihm dann gemeinsam gegenüberzutreten.
Wenn das kein Albtraum ist.
4
V or meinem Haus stand ein 57er Chevrolet Impala, er war hellblau und so schön, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Summer marschierte zur Fahrerseite und stieg ein.
„Der gehört dir?“
Sie warf mir einen mitleidigen Blick zu.
Summer die Fee konnte nicht fliegen – jedenfalls nicht in einem Flugzeug. Sie brachte das Steuersystem durcheinander, und bei mehreren in der Luft befindlichen Tonnen Stahl und Benzin wäre das eine sehr schlechte Idee gewesen. Aber auch ohne Flügel konnte sie sich in die Lüfte schwingen, ein Kunststück, das ich bislang noch nicht gesehen hatte, doch Wolkentänzer fielen in der Regel auf. Solange also kein dringender Notfall ihre sofortige Anwesenheit erforderte – und davon gab es eine ganze Menge –, hielt sich Summer an Autos.
„Ich meine, was ist denn mit deinem Transporter?“
„Der ist für New Mexico. Dieser hier“ – mit der Hand strich sie über das Armaturenbrett – „ist für die Straße.“
Und wie er das war.
Zwar war ich nicht der typische Autofanatiker. Schließlich fuhr
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