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Die Physiker

Die Physiker

Titel: Die Physiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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Pfleger die Bewachung. Eine
Krankenschwester darf diese Villa nicht mehr betreten.
    MÖBIUS   Newtons und Einsteins
wegen?
    SCHWESTER MONIKA   Auf Verlangen
des Staatsanwalts. Die Chefärztin befürchtete Schwierigkeiten und gab nach.
    Schweigen.
    MÖBIUS niedergeschlagen   Schwester Monika, ich bin unbeholfen. Ich verlernte es,
Gefühle auszudrücken, die Fachsimpeleien mit den beiden Kranken, neben denen
ich lebe, sind ja kaum Gespräche zu nennen. Ich bin verstummt, ich fürchte,
auch innerlich. Doch Sie sollen wissen, daß für mich alles anders geworden ist,
seit ich Sie kenne. Erträglicher. Nun, auch diese Zeit ist vorüber. Zwei Jahre,
in denen ich etwas glücklicher war als sonst. Weil ich durch Sie, Schwester
Monika, den Mut gefunden habe, meine Abgeschlossenheit und mein Schicksal als –
Verrückter – auf mich zu nehmen. Leben Sie wohl. Er steht
auf und will ihr die Hand reichen.
    SCHWESTER MONIKA   Herr Möbius,
ich halte Sie nicht für – verrückt.
    MÖBIUS lacht,
setzt sich wieder   Ich mich auch nicht. Aber das ändert nichts an meiner
Lage. Ich habe das Pech, daß mir der König Salomo erscheint. Es gibt nun einmal
nichts Anstößigeres als ein Wunder im Reiche der Wissenschaft.
    [46]  SCHWESTER MONIKA   Herr Möbius,
ich glaube an dieses Wunder.
    MÖBIUS starrt
sie fassungslos an   Sie glauben?
    SCHWESTER MONIKA   An den König
Salomo.
    MÖBIUS   Daß er mir erscheint?
    SCHWESTER MONIKA   Daß er Ihnen
erscheint.
    MÖBIUS   Jeden Tag, jede Nacht?
    SCHWESTER MONIKA   Jeden Tag, jede
Nacht.
    MÖBIUS   Daß er mir die
Geheimnisse der Natur diktiert? Den Zusammenhang aller Dinge? Das System aller
möglichen Erfindungen?
    SCHWESTER MONIKA   Ich glaube
daran. Und wenn Sie erzählten, auch noch der König David erscheine Ihnen mit
seinem Hofstaat, würde ich es glauben. Ich weiß einfach, daß Sie nicht krank
sind. Ich fühle es.
    Stille. Dann springt Möbius auf.
    MÖBIUS   Schwester Monika! Gehen
Sie!
    SCHWESTER MONIKA bleibt sitzen   Ich bleibe.
    MÖBIUS   Ich will Sie nie mehr
sehen.
    SCHWESTER MONIKA   Sie haben mich
nötig. Sie haben sonst niemand mehr auf der Welt. Keinen Menschen.
    MÖBIUS   Es ist tödlich, an den
König Salomo zu glauben.
    SCHWESTER MONIKA   Ich liebe Sie.
    Möbius starrt Schwester Monika ratlos an, setzt
sich wieder, Stille.
    MÖBIUS leise,
niedergeschlagen   Sie rennen in Ihr Verderben.
    SCHWESTER MONIKA   Ich fürchte
nicht für mich, ich [47]  fürchte für Sie. Newton und Einstein sind gefährlich.
    MÖBIUS Ich komme mit ihnen aus.
    SCHWESTER MONIKA   Auch Schwester
Dorothea und Schwester Irene kamen mit ihnen aus. Und dann kamen sie um.
    MÖBIUS   Schwester Monika. Sie
haben mir Ihren Glauben und Ihre Liebe gestanden. Sie zwingen mich, Ihnen nun
auch die Wahrheit zu sagen. Ich liebe Sie ebenfalls, Monika.
    Sie starrt ihn an.
    MÖBIUS   Mehr als mein Leben. Und
darum sind Sie in Gefahr. Weil wir uns lieben.
    Aus Zimmer Nummer 2 kommt Einstein, raucht eine
Pfeife.
    EINSTEIN   Ich bin wieder
aufgewacht.
    SCHWESTER MONIKA   Aber Herr
Professor.
    EINSTEIN   Ich erinnerte mich
plötzlich.
    SCHWESTER MONIKA   Aber Herr
Professor.
    EINSTEIN   Ich erdrosselte
Schwester Irene.
    SCHWESTER MONIKA   Denken Sie
nicht mehr daran, Herr Professor.
    EINSTEIN betrachtet seine Hände   Ob ich noch jemals fähig bin, Geige zu spielen?
    Möbius erhebt sich, wie um Monika zu schützen.
    MÖBIUS   Sie geigten ja schon
wieder.
    EINSTEIN   Passabel?
    MÖBIUS   Die › Kreutzersonate‹.
Während die Polizei da war.
    [48]  EINSTEIN   Die
›Kreutzersonate‹. Gott sei Dank. Seine Miene hat sich
aufgeklärt, verdüstert sich aber wieder. Dabei geige ich gar nicht gern,
und die Pfeife liebe ich auch nicht. Sie schmeckt scheußlich.
    MÖBIUS   Dann lassen Sie es sein.
    EINSTEIN   Kann ich doch nicht.
Als Albert Einstein. Er schaut die beiden scharf an. Ihr liebt einander?
    SCHWESTER MONIKA   Wir lieben uns.
    Einstein geht nachdenklich hinaus in den
Hintergrund, wo die ermordete Schwester lag, betrachtet die Kreidezeichnung am
Boden.
    EINSTEIN   Auch Schwester Irene
und ich liebten uns. Sie wollte alles für mich tun, die Schwester Irene. Ich
warnte sie. Ich schrie sie an. Ich behandelte sie wie einen Hund. Ich flehte
sie an zu fliehen. Vergeblich. Sie blieb. Sie wollte mit mir aufs Land ziehen.
Nach Kohlwang. Sie wollte mich heiraten. Sogar die Bewilligung hatte sie schon.
Von Fräulein Doktor von Zahnd. Da erdrosselte ich sie. Die arme Schwester
Irene. Es

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