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Die Physiker

Die Physiker

Titel: Die Physiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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gibt nichts Unsinnigeres auf der Welt als die Raserei, mit der sich
die Weiber aufopfern.
    SCHWESTER MONIKA geht zu ihm   Legen Sie sich wieder hin, Professor.
    EINSTEIN   Sie dürfen mich Albert
nennen.
    SCHWESTER MONIKA   Seien Sie
vernünftig, Albert.
    EINSTEIN   Seien Sie vernünftig,
Schwester Monika. Gehorchen Sie Ihrem Geliebten und fliehen Sie! Sonst sind Sie
verloren. Er wendet sich wieder dem Zimmer Nummer 2 zu. Ich gehe wieder schlafen. Er verschwindet in Nummer 2.
    [49]  SCHWESTER MONIKA   Der arme
irre Mensch.
    MÖBIUS   Er sollte Sie endlich von
der Unmöglichkeit überzeugt haben, mich zu lieben.
    SCHWESTER MONIKA   Sie sind nicht
verrückt.
    MÖBIUS   Es wäre vernünftiger, Sie
hielten mich dafür. Fliehen Sie! Machen Sie sich aus dem Staub! Hauen Sie ab!
Sonst muß ich Sie auch noch wie einen Hund behandeln.
    SCHWESTER MONIKA   Behandeln Sie
mich lieber wie eine Geliebte.
    MÖBIUS   Kommen Sie, Monika. Er führt sie zu einem Sessel, setzt sich ihr gegenüber, ergreift
ihre Hände. Hören Sie zu. Ich habe einen schweren Fehler begangen. Ich
habe mein Geheimnis verraten, ich habe Salomos Erscheinung nicht verschwiegen.
Dafür läßt er mich büßen. Lebenslänglich. In Ordnung. Aber Sie sollen nicht
auch noch dafür bestraft werden. In den Augen der Welt lieben Sie einen
Geisteskranken. Sie laden nur Unglück auf sich. Verlassen Sie die Anstalt,
vergessen Sie mich. So ist es am besten für uns beide.
    SCHWESTER MONIKA   Begehren Sie
mich?
    MÖBIUS   Warum reden Sie so mit
mir?
    SCHWESTER MONIKA   Ich will mit
Ihnen schlafen, ich will Kinder von Ihnen haben. Ich weiß, ich rede schamlos.
Aber warum schauen Sie mich nicht an? Gefalle ich Ihnen denn nicht? Ich gebe
zu, meine Schwesterntracht ist gräßlich. Sie reißt sich die
Haube vom Haar. Ich hasse meinen Beruf! Fünf Jahre habe ich nun die
Kranken gepflegt, im Namen der Nächstenliebe. Ich habe mein Gesicht nie
abgewendet, ich war für alle da, ich habe mich aufgeopfert. Aber nun will ich
mich für jemanden allein aufopfern, für jemanden allein dasein, [50]  nicht immer
für andere. Ich will für meinen Geliebten dasein. Für Sie. Ich will alles tun,
was Sie von mir verlangen, für Sie arbeiten Tag und Nacht, nur fortschicken
dürfen Sie mich nicht! Ich habe doch auch niemanden mehr auf der Welt als Sie!
Ich bin doch auch allein!
    MÖBIUS   Monika. Ich muß Sie
fortschicken.
    SCHWESTER MONIKA verzweifelt   Liebst du mich denn gar nicht?
    MÖBIUS   Ich liebe dich, Monika.
Mein Gott, ich liebe dich, das ist ja das Wahnsinnige.
    SCHWESTER MONIKA   Warum verrätst
du mich denn? Und nicht nur mich. Du behauptest, der König Salomo erscheine
dir. Warum verrätst du auch ihn?
    MÖBIUS ungeheuer erregt, packt sie   Monika! Du darfst alles von mir glauben,
mich für einen Schwächling halten. Dein Recht. Ich bin unwürdig deiner Liebe.
Aber Salomo bin ich treu geblieben. Er ist in mein Dasein eingebrochen, auf
einmal, ungerufen, er hat mich mißbraucht, mein Leben zerstört, aber ich habe
ihn nicht verraten.
    SCHWESTER MONIKA   Bist du sicher?
    MÖBIUS   Du zweifelst?
    SCHWESTER MONIKA   Du glaubst,
dafür büßen zu müssen, weil du sein Erscheinen nicht verschwiegen hast. Aber
vielleicht büßt du dafür, weil du dich für seine Offenbarung nicht einsetzt.
    MÖBIUS läßt
sie fahren   Ich – verstehe dich nicht.
    SCHWESTER MONIKA   Er diktiert dir
das System aller möglichen Erfindungen. Kämpfst du für seine Anerkennung?
    MÖBIUS   Man hält mich doch für
verrückt.
    SCHWESTER MONIKA   Warum bist du
so mutlos?
    [51]  MÖBIUS   Mut ist in meinem
Falle ein Verbrechen.
    SCHWESTER MONIKA   Johann Wilhelm.
Ich sprach mit Fräulein Doktor von Zahnd.
    MÖBIUS starrt
sie an   Du sprachst?
    SCHWESTER MONIKA   Du
bist frei.
    MÖBIUS   Frei?
    SCHWESTER MONIKA   Wir dürfen
heiraten.
    MÖBIUS   Mein Gott.
    SCHWESTER MONIKA   Fräulein Doktor
von Zahnd hat schon alles geregelt. Sie hält dich zwar für krank, aber für
ungefährlich. Und für erblich nicht belastet. Sie selbst sei verrückter als du,
erklärte sie und lachte.
    MÖBIUS   Das ist lieb von ihr.
    SCHWESTER MONIKA   Ist sie nicht
ein prächtiger Mensch?
    MÖBIUS   Sicher.
    SCHWESTER MONIKA   Johann Wilhelm!
Ich habe den Posten einer Gemeindeschwester in Blumenstein angenommen. Ich habe
gespart. Wir brauchen uns nicht zu sorgen. Wir brauchen uns nur liebzuhaben.
    Möbius hat sich erhoben. Im Zimmer wird es
allmählich dunkel.
    SCHWESTER MONIKA   Ist es

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