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Die Physiker

Die Physiker

Titel: Die Physiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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nicht einsetzt.«
    MÖBIUS (läßt sie fahren) : »Ich - verstehe dich nicht.«
    SCHWESTER MONIKA: »Er diktiert dir das System aller möglichen Erfindungen. Kämpfst du für seine Anerkennung?«
    MÖBIUS: »Man hält mich doch für verrückt.«
    SCHWESTER MONIKA: »Warum bist du so mutlos ?«
    MÖBIUS: »Mut ist in meinem Falle ein Verbrechen.«
    -3 8 -

    SCHWESTER MONIKA: »Johann Wilhelm. Ich sprach mit Fräulein Doktor von Zahnd.«
    MÖBIUS (starrt sie an) : »Du sprachst ?«
    SCHWESTER MONIKA: »Du bist frei.«
    MÖBIUS: »Frei?«
    SCHWESTER MONIKA: »Wir dürfen heiraten.«
    MÖBIUS: »Mein Gott.«
    SCHWESTER MONIKA: »Fräulein Doktor von Zahnd hat schon alles geregelt. Sie hält dich zwar für krank, aber für ungefährlich. Und für erblich nicht belastet. Sie selbst sei verrückter als du, erklärte sie und lachte.«
    MÖBIUS: »Das ist lieb von ihr.«
    SCHWESTER MONIKA: »Ist sie nicht ein prächtiger Mensch ?«
    MÖBIUS: »Sicher.«
    SCHWESTER MONIKA: »Johann Wilhelm! Ich habe den Posten einer Gemeindeschwester in Blumenstein
    angenommen. Ich habe gespart. Wir brauchen uns nicht zu sorgen. Wir brauchen uns nur liebzuhaben.«
    Möbius hat sich erhoben. Im Zimmer wird es allmählich dunkel.
    SCHWESTER MONIKA: »Ist es nicht wunderbar?«
    MÖBIUS: »Gewiß.«
    SCHWESTER MONIKA: »Du freust dich nicht.«
    MÖBIUS: »Es kommt so unerwartet.«
    SCHWESTER MONIKA: »Ich habe noch mehr getan.«
    MÖBIUS: »Das wäre?«
    SCHWESTER MONIKA: »Mit dem berühmten Physiker
    Professor Scherbert gesprochen.«
    MÖBIUS: »Er war mein Lehrer.«
    SCHWESTER MONIKA: »Er erinnerte sich genau. Du seist sein bester Schüler gewesen.«
    MÖBIUS: »Und was besprachst du mit ihm?«
    -3 9 -

    SCHWESTER MONIKA: »Er versprach mir, deine Manuskripte unvoreingenommen zu prüfen.«
    MÖBIUS: »Erklärtest du ihm auch, daß sie von Salomo stammen ?«
    SCHWESTER MONIKA: »Natürlich.«
    MÖBIUS: »Und?«
    SCHWESTER MONIKA: »Er lachte. Du seist immer ein toller Spaßvogel gewesen. Johann Wilhelm! Wir haben nicht nur an uns zu denken. Du bist auserwählt. Salomo ist dir erschienen, offenbarte sich dir in seinem Glanz, die Weisheit des Himmels wurde dir zuteil. Nun hast du den Weg zu gehen, den das Wunder befiehlt, unbeirrbar, auch wenn der Weg durch Spott und Gelächter führt, durch Unglauben und Zweifel. Aber er führt aus dieser Anstalt. Johann Wilhelm, er führt in die Öffentlichkeit, nicht in die Einsamkeit, er führt in den Kampf. Ich bin da, dir zu helfen, mit dir zu kämpfen, der Himmel, der dir Salomo schickte, schickte auch mich.«
    Möbius starrt zum Fenster hinaus.
    SCHWESTER MONIKA: »Liebster.«
    MÖBIUS: »Geliebte?«
    SCHWESTER MONIKA: »Bist du nicht froh?«
    MÖBIUS: »Sehr.«
    SCHWESTER MONIKA: »Wir müssen nun deine Koffer packen. Acht Uhr zwanzig geht der Zug. Nach Blumenstein.«
    Sie geht ins Zimmer Nummer 1.
    MÖBIUS (allein) : »Viel ist ja nicht.«
    Aus dem Zimmer Nummer 1 kommt Monika mit einem Stapel Manuskripte.
    SCHWESTER MONIKA: »Deine Manuskripte.« Legt sie auf den Tisch. »Es ist dunkel geworden.«
    MÖBIUS: »Die Nacht kommt jetzt früh.«
    SCHWESTER MONIKA: »Ich mache Licht. Dann packe ich deinen Koffer.«
    MÖBIUS: »Warte noch. Komm zu mir.«
    -4 0 -

    Sie geht zu ihm. Nur noch die beiden Silhouetten sind sichtbar.
    SCHWESTER MONIKA: »Du hast Tränen in den Augen.
    MÖBIUS Du auch.«
    SCHWESTER MONIKA: »Vor Glück.«
    Er reißt den Vorhang herunter und über sie. Kurzer Kampf. Die Silhouetten sind nicht mehr sichtbar. Dann Stille. Die Türe von Zimmer Nummer 3 öffnet sich. Ein Lichtstrahl dringt in den Raum. Newton steht in der Türe im Kostüm seines Jahrhunderts. Möbius geht zum Tisch, nimmt die Manuskripte zu sich.
    NEWTON: »Was ist geschehen?«
    MÖBIUS (geht in sein Zimmer) : »Ich habe Schwester Monika Stettier erdrosselt.«
    Aus Zimmer Nummer 2 hört man Einstein geigen.
    NEWTON: »Da geigt Einstein wieder. Kreisler. Schön Rosmarin.«
    Er geht zum Kamin, holt den Kognak.

    -4 1 -

    Zweiter Akt
    Eine Stunde später, der gleiche Raum. Draußen Nacht. Wieder Polizei. Wieder messen, aufzeichnen, photographieren. Nur ist jetzt die für das Publikum unsichtbare Leiche der Monika Stettier hinten rechts unter dem Fenster anzunehmen. Der Salon ist erleuchtet. Der Lüster brennt, die Stehlampe. Auf dem Sofa sitzt Frl. Doktor Mathilde von Zahnd, düster, in sich versunken. Auf dem kleinen Tisch vor ihr eine Zigarrenkiste, auf dem Sessel rechts außen Guhl mit Stenoblock. Inspektor Voß wendet

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