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Die Physiker

Die Physiker

Titel: Die Physiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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erhebt sich, wie um Monika zu schützen.
    MÖBIUS: »Sie geigten ja schon wieder.«
    EINSTEIN: »Passabel?«
    MÖBIUS: »Die Kreutzersonate. Während die Polizei da war.«
    EINSTEIN: »Die Kreutzersonate. Gott sei Dank.« Seine Miene hat sich aufgeklärt, verdüstert sich aber wieder. »Dabei geige ich gar nicht gern, und die Pfeife liebe ich auch nicht. Sie schmeckt scheußlich.«
    MÖBIUS: »Dann lassen Sie es sein.«
    EINSTEIN: »Kann ich doch nicht. Als Albert Einstein.« Er schaut die beiden scharf an. »Ihr liebt einander?«
    SCHWESTER MONIKA: »Wir lieben uns.«
    Einstein geht nachdenklich hinaus in den Hintergrund, wo die ermordete Schwester lag, betrachtet die Kreidezeichnung am Boden.
    EINSTEIN: »Auch Schwester Irene und ich liebten uns. Sie wollte alles für mich tun, die Schwester Irene. Ich warnte sie.
    Ich schrie sie an. Ich behandelte sie wie einen Hund. Ich flehte sie an zu fliehen. Vergeblich. Sie blieb. Sie wollte mit mir aufs Land ziehen. Nach Kohlwang. Sie wollte mich heiraten. Sogar die Bewilligung hatte sie schon. Von Fräulein Doktor von Zahnd. Da erdrosselte ich sie. Die arme Schwester Irene. Es gibt nichts Unsinnigeres auf der Welt als die Raserei, mit der sich die Weiber aufopfern.«
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    SCHWESTER MONIKA (geht zu ihm) : »Legen Sie sich wieder hin, Professor.«
    EINSTEIN: »Sie dürfen mich Albert nennen.«
    SCHWESTER MONIKA: »Seien Sie vernünftig, Albert.«
    EINSTEIN: »Seien Sie vernünftig, Schwester Monika.
    Gehorchen Sie Ihrem Geliebten und fliehen Sie! Sonst sind Sie verloren.« Er wendet sich wieder dem Zimmer Nummer 2 zu.
    »Ich gehe wieder schlafen.«
    Er verschwindet in Nummer 2.
    SCHWESTER MONIKA: »Der arme irre Mensch.«
    MÖBIUS: »Er sollte Sie endlich von der Unmöglichkeit überzeugt haben, mich zu lieben.«
    SCHWESTER MONIKA: »Sie sind nicht verrückt.«
    MÖBIUS: »Es wäre vernünftiger, Sie hielten mich dafür. Fliehen Sie! Machen Sie sich aus dem Staub! Hauen Sie ab! Sonst muß ich Sie auch noch wie einen Hund behandeln.«
    SCHWESTER MONIKA: »Behandeln Sie mich lieber wie eine Geliebte.«
    MÖBIUS: »Kommen Sie, Monika.« Er führt sie zu einem Sessel, setzt sich ihr gegenüber, ergreift ihre Hände. »Hören Sie zu. Ich habe einen schweren Fehler begangen. Ich habe mein Geheimnis verraten, ich habe Salomos Erscheinung nicht verschwiegen. Dafür läßt er mich büßen. Lebenslänglich. In Ordnung. Aber Sie sollen nicht auch noch dafür bestraft werden. In den Augen der Welt lieben Sie einen Geisteskranken. Sie laden nur Unglück auf sich. Verlassen Sie die Anstalt, vergessen Sie mich. So ist es am besten für uns beide.«
    SCHWESTER MONIKA: »Begehren Sie mich ?«
    MÖBIUS: »Warum reden Sie so mit mir?«
    SCHWESTER MONIKA: »Ich will mit Ihnen schlafen, ich will Kinder von Ihnen haben. Ich weiß, ich rede schamlos. Aber warum schauen Sie mich nicht an? Gefalle ich Ihnen denn nicht? Ich gebe zu, meine Schwesterntracht ist gräßlich.« Sie reißt sich die Haube vom Haar. »Ich hasse meinen Beruf! Fünf
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    Jahre habe ich nun die Kranken gepflegt, im Namen der Nächstenliebe. Ich habe mein Gesicht nie abgewendet, ich war für alle da, ich habe mich aufgeopfert. Aber nun will ich mich für jemanden allein aufopfern, für jemanden allein dasein, nicht immer für andere. Ich will für meinen Geliebten dasein. Für Sie.
    Ich will alles tun, was Sie von mir verlangen, für Sie arbeiten Tag und Nacht, nur fortschicken dürfen Sie mich nicht! Ich habe doch auch niemanden mehr auf der Welt als Sie! Ich bin doch auch allein!«
    MÖBIUS: »Monika. Ich muß Sie fortschicken.«
    SCHWESTER MONIKA (verzweifelt) : »Liebst du mich denn gar nicht ?«
    MÖBIUS: »Ich liebe dich, Monika. Mein Gott, ich liebe dich, das ist ja das Wahnsinnige.«
    SCHWESTER MONIKA: »Warum verrätst du mich denn ? Und nicht nur mich. Du behauptest, der König Salomo erscheine dir.
    Warum verrätst du auch ihn?«
    MÖBIUS (ungeheuer erregt, packt sie) : »Monika! Du darfst alles von mir glauben, mich für einen Schwächling halten. Dein Recht. Ich bin unwürdig deiner Liebe. Aber Salomo bin ich treu geblieben. Er ist in mein Dasein eingebrochen, auf einmal, ungerufen, er hat mich mißbraucht, mein Leben zerstört, aber ich habe ihn nicht verraten.«
    SCHWESTER MONIKA: »Bist du sicher?«
    MÖBIUS: »Du zweifelst?«
    SCHWESTER MONIKA: »Du glaubst, dafür büßen zu müssen, weil du sein Erscheinen nicht verschwiegen hast. Aber vielleicht büßt du dafür, weil du dich für seine Offenbarung

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